Das Steckenpferd des alten Derrick. Edgar Wallace
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LUNATA
Das Steckenpferd des alten Derrick
Kriminalroman
© 1928 by Edgar Wallace
Originaltitel The Double
Aus dem Englischen von Arthur A. Schönhausen
© Lunata Berlin 2020
Inhalt
1
Mit dem Titel eines »Dr. phil.« und den armseligen Resten der väterlichen Erbschaft von eintausend Pfund, deren größten Teil er »verstudiert« hatte, verließ Dick Staines die Universität von Cambridge. Keiner war sich klarer als er über die dringende Notwendigkeit, sich schnellstens eine Existenz zu schaffen. Nach einigen Wochen Offertenschreibens auf unzählige Inserate hatten sich ihm vier Möglichkeiten geboten, die ersten Sprossen auf der Leiter zum Erfolg zu erklimmen: als Volontär in einer Autofabrik mit dreißig Schilling Wochenlohn; als Volksschullehrer – akademischer Vorbildung – mit der Aussicht, nach zehn Jahren so viel zu verdienen, daß er einen Hausstand würde gründen können; als Offizier des königlichen Heeres oder der Marine mit der Hoffnung, aus seinen Bezügen mit Mühe und Not die monatlichen Kasinoschulden zu decken, oder – als Polizeibeamter. Nach gründlichem Erwägen aller dieser Aussichten füllte er endlich einen engbedruckten Fragebogen aus und sandte ihn an den Dezernenten für Polizeiangelegenheiten der Stadt London. Der gewünschte Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Nach einigen Wochen finden wir Staines bereits in der kleidsamen blauen Uniform auf den Straßen der Metropole patrouillieren. Er war Schutzmann geworden, blieb es aber nicht lange. Seine Sprachkenntnisse – er beherrschte vier Sprachen von Grund auf, hatte genügend Vorkenntnisse in zwei weiteren und konnte sich in zwei andern gebrochen verständigen – machten seine Vorgesetzten auf ihn aufmerksam. Als er dann noch das Glück hatte, ein Attentat auf den Kriegsminister zu verhindern, war seine Laufbahn gesichert. Nach neun Jahren war er Inspektor bei der Kriminalabteilung geworden.
Wir lernen ihn kennen, als er mit Lord Thomas Weald in dessen eleganten Rolls Royce Brighton zurast. Der schuldtragende Teil an dieser eklatanten Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit war jedoch, wie wohl selbstverständlich ist, der Lord.
»Zum Schießen ist es«, kicherte er vor sich hin und schenkte dabei der Landstraße nur geringe Aufmerksamkeit. »Vor ein paar Jahren – es scheint mir, als wäre es erst gestern gewesen – hat man uns beide wegen nächtlicher Ruhestörung auf die Polizeiwache von Cambridge geschleppt, und heute« – er lachte auf –, »bist du selbst bei der ›Polente‹, Dicky!«
Sie waren während ihrer gemeinsamen Studienzeit gute Freunde geworden. Obwohl sie gleichaltrig waren, sah Tommy bedeutend jünger aus. Die ewig lächelnde Miene, das sorgenfreie Leben, das blühende Gesicht und seine unverwüstliche Laune ließen ihn noch heute als Jüngling erscheinen. Er war groß und breit, reichte Dick jedoch kaum bis an die Schultern. Wenn es so etwas gibt, was man einen »hübschen Mann« nennt, so verdiente Dick Staines unstreitig diese Bezeichnung. Seine Großherzigkeit und sein geradezu kindliches Gemüt, das er sich trotz seines Berufes verstanden hatte zu erhalten, machten ihn allgemein beliebt. Er war, obwohl es an Angriffen auf sein Herz nicht gemangelt hatte, bis heute ein unbekehrbarer Junggeselle geblieben.
Seit Jahren hatten die Freunde einander aus den Augen verloren. Tommy Weald war sofort nach Abschluss seiner Studien auf Großwildjagd gegangen und erst vor wenigen Tagen zurückgekehrt. Dick hatte ihn zufällig auf dem »Strand« getroffen.
»Ich glaube, ich beginne an Gehirnerweichung zu leiden, Tommy«, meinte er. »Ich fahre hier mit dir in der Weltgeschichte herum, während ich meine schönen Urlaubstage auf dem Landsitz meines Chefs verleben könnte. Da kommst du Unglückswurm und schleppst mich auf eine deiner wilden Eskapaden. Meine Wohnung in London habe ich während meiner Urlaubswochen aus Sparsamkeitsgründen vermietet. Wo soll ich denn eigentlich, wenn ich nach Brighton zurückkomme, in London wohnen, wie?«
»Warum dir Sorgen machen, Jünger der heiligen Hermandad«, erwiderte Tommy und musterte den Freund strengen Blickes. »Du konntest doch gar nicht auf den hirnverbrannten Gedanken kommen, mich allein fahren zu lassen, oder doch? Nun, wo wir uns nach langen Jahren einmal wiedersahen? Deine Einladung vom Chef gilt doch übrigens, wie du mir selbst erzählt hast, erst von nächster Woche ab, nicht wahr? Warum also dir schon jetzt darüber den Kopf zerbrechen? Ich habe dir so viel zu erzählen, daß dir die Zeit wie im Fluge vergehen wird. Du weißt doch, daß ich auf Löwenjagd war?«
»Warst