Das Steckenpferd des alten Derrick. Edgar Wallace
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Читать онлайн книгу Das Steckenpferd des alten Derrick - Edgar Wallace страница 5
Larkin schüttelte jedoch zweifelnd den Kopf.
»Das kann ich Ihnen wirklich nicht genau sagen, Sir. Ich glaube, ich habe das Bier erst nach meiner Rückkehr eingeschenkt.« Er griff nach dem Gefäß, um einen Schluck zu nehmen. Aber Staines fiel ihm in den Arm.
»Lassen Sie das Glas stehen, Larkin,« warnte er ihn. »Man hat Ihnen offenbar ein Schlafmittel ins Bier geschüttet. Kannten Sie das Mädchen? Hat man Ihnen etwas gestohlen?«
Der andere griff suchend in die Tasche, der er eine lederne Brieftasche und einen Schlüsselbund entnahm. Aufmerksam prüfte er den Inhalt der Tasche nach. Dann sagte er: »Nein, mir fehlt nichts; es ist alles noch, wie es war. Und die Dame – nein, ich kenne sie nicht; sie fesselte mich ja auch nicht, sondern ihr Begleiter.«
»Ein Begleiter?!« rief Dick verwundert aus. »War denn auch der Mann mit hier?«
»Gewiß. Als man mich fesselte, bin ich einen Augenblick aus meiner Betäubung erwacht und sah die beiden zusammen, während sie sich über etwas unterhielten.« Er beschrieb den Einbrecher als von hagerer Gestalt und hellblonder Haarfarbe. Dick mußte unwillkürlich lächeln, als er die verwunderten Blicke bemerkte, die der nun wieder mißtrauisch gewordene Wächter auf seinen triefenden Schlafanzug warf.
»Ich wohne nebenan bei Lord Weald«, klärte er ihn endlich auf. Dann berichtete er, wie er in diesem Aufzug in ein fremdes Haus gelangt war. Als er die Neugierde Larkins befriedigt hatte, setzte er die unterbrochene Untersuchung des Raumes fort, ohne jedoch bemerkenswerte Feststellungen machen zu können.
»Sie haben doch Telefon im Haus, nicht wahr?« wandte er sich an den Wächter. »Gut, benachrichtigen Sie also die Polizei und rühren Sie hier nichts an.«
Er selbst trat durch die noch immer offenstehende Haustür auf die von Nässe spiegelnde Straße hinaus und befand sich wenige Augenblicke später wieder in Lord Wealds Haus. Nach einem heißen Bad kleidete er sich völlig an und ging wieder ins Freie. Vor dem Tor des Nebenhauses sah er jetzt ein Motorrad stehen. Die Polizei war eingetroffen.
Was sollte er nun beginnen? Hatte er nicht die Pflicht, wenn nicht als Bürger, so doch als Polizeibeamter, der Behörde das mitzuteilen, was er von der Person des einen der Eindringlinge wußte? Was aber konnte er sagen? Daß er ein Mädchen, das er ein- oder zweimal flüchtig gesehen, in der Person der Einbrecherin wiederzuerkennen geglaubt hatte? Hatte er einen ausschlaggebenden Beweis, daß es sich wirklich um Mary Dane handelte? Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse. Unglaublich? Ja! Aber war nicht vieles im Leben eines Kriminalbeamten unglaublich? Er glaubte sich nicht getäuscht zu haben, als er Mary Dane wiedererkannte, aber ... Nein, sie konnte es nicht gewesen sein! Ein Mädchen, wie Mary Dane es war, würde sich niemals einer gesetzwidrigen Handlung schuldig machen!
Endlich gab er den inneren Kampf auf. Er schloß Wealds Garage auf und fuhr den Wagen, der ständig fahrbereit darinstand, auf die Straße hinaus. Nun erst wurde er sich eines leisen Hungergefühls bewußt. Ein kurzer Weg in die Küche, deren Lage er nach der Beschreibung des abwesenden Minns kannte, versorgte ihn mit allem Notwendigen, um den Hunger zu stillen. Dann stand er lange vor dem Auto, das geduldig seiner harrte.
»Du bist wirklich ein sentimentaler Idiot«, tadelte er sich selbst. »Nicht nur, daß du deine Pflicht, das Mädchen anzuzeigen, vergißt, verhinderst du auch die Polizei, eine Verbrecherin dingfest zu machen. Das nennt man Pflichtvergessenheit, Dick!«
Eine innere Stimme suchte ihn zu beruhigen: »Wenn ich jetzt nach Brighton fahre«, sagte er sich, »dann tue ich das, weil ich mich vergewissern will, ob Mary Dane tatsächlich die Einbrecherin gewesen sein kann. Nur so kann ich herausbekommen, ob mein Verdacht richtig ist.«
Der Sturm, der bei seiner Abfahrt in London tobte, brach auf seiner Fahrt nach Brighton wieder mit voller Gewalt los. In Dorking holte er das Gewitter ein; wie mit Kübeln schüttete der Regen herunter und trommelte auf die Scheiben und Verschläge des dahinrasenden Wagens. Punkt ein Uhr fünfzehn war er vor dem Metropol in Brighton angelangt, in dessen Räumen gerade ein Maskenball seinen Höhepunkt erreicht hatte. Bereitwillig gab der Pförtner dem Ankömmling Auskunft, daß Tommy sich in den Festräumen befände. Dick legte seine triefende Lederjacke ab und betrat nach wenigen Minuten die festliche Veranstaltung. Eine der ersten Personen, die ihm entgegentraten, war eine Dame im Kostüm einer Krankenpflegerin. Mit einer raschen Bewegung zog sie die verhüllende Maske vom Gesicht und blieb vor Dick stehen.
»Ich habe Sie überall gesucht, Mr. Staines«, begrüßte sie ihn. »Woher ich Sie kenne? Lord Weald hat mir Ihren Namen genannt.«
Dick traute seinen Augen kaum; es war wirklich Miss Dane, die da vor ihm stand.
»Waren Sie schon den ganzen Abend hier, Miss Dane?« fragte er stotternd.
Erstaunt runzelte sie die Stirn.
»Ja. Aber warum fragen Sie mich?«
»Sagen Sie mir erst, warum Sie mich eigentlich suchten?« umging er die Beantwortung ihrer Frage.
Sie öffnete die kleine Tasche, die sie in der Hand trug, und zog einen goldenen Füllstift heraus, dessen Kappe aus rotem Kautschuk bestand.
»Dieser Stift muß Ihnen heute, oder vielmehr gestern morgen, verlorengegangen sein, als Sie mir beim Weiterschieben des Krankenstuhls behilflich waren. Ich fand den Stift in den Decken Mr. Cornforts. Bringen Sie mir nun als Belohnung eine Portion Eis; ich habe einen entsetzlichen Durst.«
Er beeilte sich, den verlorenen Gegenstand in Empfang zu nehmen, und holte ihr dann die gewünschte Erfrischung. Sie nahm das Tellerchen dankbar lächelnd entgegen.
»Sie werden eine schöne Meinung von mir als Krankenschwester bekommen haben, als Sie mich auf einem Maskenball wiederfanden, wie? Ich kam aber nur deshalb her, weil ich Ihnen Ihr Eigentum wiedergeben wollte. Mr. Cornfort wird von der Nachtschwester betreut, und so konnte ich mich frei machen. Jemand erzählte mir, daß hier ein Maskenball stattfinde, ich borgte mir eine Maske und benutzte meine Berufskleidung als Kostüm. Wie spät ist es denn eigentlich?«
Dick nannte ihr die Stunde. Sie verzog ihr Gesicht voll Erstaunen: »Gott, schon so spät?«
»Haben Sie Tommy gesprochen?« fragte er.
»Tommy? Ach so, Sie meinen Lord Weald? Ja, ich traf ihn. Er ist wirklich ein netter Mensch. Er wollte zu gern einen Blick hinter meine Maske werfen und durchaus wissen, wer ich sei. Er ist Ihr Freund, nicht wahr?« Erst jetzt schien sie zu bemerken, daß er in wenig salonfähiger Kleidung erschienen war: »Lord Weald sagte mir aber doch, Sie seien nach London zurückgefahren?«
»Stimmt, aber ich kehrte gleich wieder um. Ich habe Tommy etwas Dringendes mitzuteilen.«
Er vergaß dabei ganz, daß die Ereignisse, die sich in London abgespielt hatten, eher den Besitzer des Hauses, Mr. Walter Derrick, interessieren mußten als den Lord. Nun erst erinnerte er sich auch seines unfreiwilligen Gastgebers und erkundigte sich bei Miss Dane nach ihm.
»Mr. Derrick?« fragte sie verwundert. »Ach so! Sie meinen den Mann, der mich heute beinahe überfahren hätte? Nein, den habe ich hier nicht gesehen. Wahrscheinlich wird er auch irgendwo in einer unkenntlichen Maske herumturnen. Vielleicht ist es jener Kannibale dort.«
Sie belachten die kleine Anspielung auf die heute mittag durch die Fahrkünste Derricks entstandene Gefahr. Einige Minuten standen sie noch plaudernd beieinander, dann machte Mary Dane Anstalten zum Gehen. Als sie ihm ihren Garderobenschein anvertraute, brachte er den Mund auf, ihr seine Begleitung anzubieten, und freute