Das Steckenpferd des alten Derrick. Edgar Wallace
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Читать онлайн книгу Das Steckenpferd des alten Derrick - Edgar Wallace страница 6
Dick verfluchte den witzigen Freund im stillen in allen Tonarten. Auf die Frage Miss Danes erwiderte er, daß nur das Interesse, das er für sie vom ersten Augenblick an gefühlt hatte, ihn zu seiner Frage veranlaßt habe. Endlich wies das Mädchen auf eine kleine Villa, die inmitten eines Gartens vor ihnen aufgetaucht war.
»Dort wohne ich; ich danke Ihnen für Ihre Liebenswürdigkeit, Mr. Staines.«
Sie stieg aus und war nach einem kurzen Händedruck und einem freundlichen Nicken im Dunkel des Hauseingangs verschwunden. Dick kehrte ins Hotel zurück, wo er nach langem Suchen Tommy in der Bar fand. Neben ihm stand ein dicker Pierrot, dessen geflüsterte Bemerkungen den Lord außerordentlich zu amüsieren schienen. Mit weit offenem Mund stand er da, als er Dick eintreten sah.
»Heiliger Gottseibeiuns«, stotterte er. »Dick? Ich dachte, du seiest in London?«
Ohne auf den lustigen Ton einzugehen, führte Staines Tommy und den Pierrot, in dem er Derrick erkannt hatte, in einen stillen Winkel, wo er ihnen seine Erlebnisse in Tommys Wohnung und Derricks Haus wiedergab. Nur die verblüffende Ähnlichkeit der Einbrecherin mit Mary Dane erwähnte er nicht. Der Lord war außer sich vor Erregung.
»Immer hast du das Glück, etwas zu erleben«, beklagte er sich. »Mir passiert so etwas nicht.«
Auch der sonst so kaltblütige Derrick war ernst geworden.
»Das ist nun schon das zweite Mal, daß so etwas in meinem Haus passiert. Ein ähnlicher Versuch wurde mir bereits vor einigen Wochen gemeldet. Der liebe Gott mag wissen, was die Leutchen in meinem Haus suchen. Wertgegenstände oder Bargeld bewahre ich dort nicht auf, und das Silbergeschirr, das noch vorhanden ist, lohnt die Mühe doch wirklich nicht. Ist Larkin verletzt?«
»Nein«, beruhigte ihn der Inspektor. »Er wird vielleicht ein wenig Kopfschmerzen haben, aber etwas Ernstliches ist ihm nicht passiert.«
»Sagten Sie nicht eben noch, daß Sie das Gesicht der Einbrechern! gesehen hätten?« fragte Derrick plötzlich. »Sie würden sie möglicherweise auch wiedererkennen, wie?«
»Das glaube ich, nicht; Frauen zu beschreiben ist meine schwache Seite. Ich sah sie ja auch nur einen Augenblick, und die Beleuchtung war nicht gerade hervorragend. Ich weiß nicht einmal mehr, was für ein Kleid sie anhatte.«
»Sahen Sie kein Auto vor meiner Tür stehen?« forschte Derrick weiter.
Nun erst erinnerte sich Dick des Wagens, dessen rotes Schlusslicht er vom Balkon aus gesehen hatte.
»Ja, dort stand ein Wagen«, gab er zu, »aber er schien leer zu sein. Haben Sie Feinde, Mr. Derrick?«
Der andere schüttelte abwehrend den Kopf.
»Nicht, daß ich wüßte. Bei meinem Vater wäre mir das alles verständlicher erschienen, aber ich habe eigentlich nie etwas mit irgendeinem Menschen gehabt. Nein, ich wüßte nicht!« setzte er nachdenklich hinzu.
»Ich sah Ihnen an, daß Sie eben noch etwas bemerken wollten«, machte ihn Dick aufmerksam.
Derrick überging die Anspielung.
»Ich muß auf alle Fälle nach London«, gab er statt dessen zur Antwort.
»Ich bringe Sie hin«, erbot sich Tommy.
»Auch ich schließe mich an«, fiel Staines ein; »deinen Wagen will ich gern benutzen, Tommy, aber nicht unter deiner Führung. Ich habe heute schon zu viel Pech gehabt, um noch mein Leben mit dir aufs Spiel zu setzen, mein Junge. Mich in einer Nacht wie dieser deinen Händen anzuvertrauen, ist gleichbedeutend mit einer Anwartschaft auf baldige Beerdigung.«
Nach langem Suchen fanden sie Tommys Chauffeur. Bei Tagesanbruch hielten sie, schmutzbedeckt und übernächtigt, vor Lord Wealds Haustür. Vor der des Nebenhauses stand ein Schutzmann auf Wache, der sein steifes Benehmen erst ablegte, als er Dick erkannt hatte. Scotland Yard, so berichtete der Beamte, habe den Fall übernommen, die untersuchenden Beamten das Haus jedoch seit langer Zeit verlassen. Derrick betrat sein Haus, und die beiden Männer folgten ihm. Der Wächter war noch auf. Gemeinsam durchsuchten sie das Haus, nachdem Dick den Weg beschrieben hatte, über den er vom Balkon des dritten Stockwerks in Derricks Haus gelangt war.
»Wahrscheinlich haben die Yardleute das Fenster, durch das du eingestiegen bist, auch als Eingang der Einbrecher betrachtet«, meinte der Lord ironisch lächelnd. »Du siehst also, daß auch die allwissende Hermandad sich irren kann.«
»Die Polizei hat auf meinem Bierglas einen Fingerabdruck entdeckt«, ließ sich der Wächter vernehmen. »Sie hat das Glas mitgenommen, um den Abdruck zu fotografieren.«
Dick fand diese Mitteilung höchst interessant, und als ihn Tommy nun aufforderte, ihm beim Frühstück Gesellschaft zu leisten, lehnte er die Einladung ab.
»Ich muß zum Yard«, begründete er seinen Entschluss. »Der Fall muß mir zugeteilt werden. Der Urlaub kann warten.«
Gegen zehn Uhr befand er sich beim Chef und erhielt von ihm die Zusicherung, die Untersuchung anvertraut zu bekommen.
»Nehmen Sie die Sache aber nicht zu leicht, Staines«, warnte er ihn. »Sie ist wichtiger, als wir alle dachten.«
Staines wunderte sich, denn er hatte nur an einen gewöhnlichen Einbruch gedacht. Die Aufklärung erhielt er schneller, als er vermutete.
»Erinnern Sie sich des Mordes von Slough?« fragte ihn der Chef.
»Ja!« nickte Dick. »Ich las von dem Fall in der Zeitung. Ich trat damals gerade bei der Polizei ein.«
»Wie Sie wissen werden, ist es uns bisher noch nicht gelungen, den Täter dingfest zu machen. Die einzige wirklich verwendbare Spur, die er zurückließ, war ein Daumenabdruck auf dem Lauf der Waffe. Sie werden sich auch dieses Punktes erinnern können, Staines, wie?«
»Ganz genau, Mr. Bourke. Ich habe diesen Abdruck unzählige Male in Händen gehabt.«
»Nun gut. Der Täter ist mit der Beute, sechshundert Pfund, unerkannt entkommen. Alles, was wir von ihm haben, ist ein unscheinbarer Daumenabdruck, und ...«
Er unterbrach sich und starrte Dick an, der gespannt des Kommenden harrte. Ehe Bourke fortfuhr, öffnete er ein Schubfach seines Pultes und entnahm ihm ein kleines Bild. Er reichte es seinem Inspektor, der es interessiert in die Hand nahm.
»Sehen Sie sich die Aufnahme genau an, Staines«, bat er. »Sie werden sie noch sehr gut gebrauchen können. Es ist die Wiedergabe des auf dem Lauf der Mordwaffe gefundenen Daumenabdrucks. Wissen Sie, warum ich Ihnen das alles wiederkäue? Nun, diesen gleichen Abdruck haben wir heute morgen, als meine Leute den Einbruch bei Derrick untersuchten, auf dem Wasserglas gefunden, das Larkin zum Biertrinken benutzt hatte.«
4
Dick glaubte seinen Ohren nicht trauen zu dürfen. Gespannt prüfte der das Lichtbild, das