Till Eulenspiegel. Hermann Bote
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ebenso wie der Bischof, dabei helfen. Dem Doktor solle sein Weisheitsdünkel vergolten
werden, wie er gehört habe. Eulenspiegel sprach: »Ja, ihr Edlen und Ritter, wenn ihr mir dabei
helfen wollt, soll es dem Doktor heimgezahlt werden.« So wurden sie sich einig.
Da zog Eulenspiegel vier Wochen lang über Land und überlegte, wie er mit dem Doktor
umgehen wollte. Bald hatte er etwas gefunden und kam wieder zum Giebichenstein. Er
verkleidete sich und gab sich als Arzt aus, denn der Doktor bei dem Bischof war oft krank und
nahm viele Arzneien. Die Ritter sagten dem Doktor des Bischofs, ein Doktor der Medizin sei
gekommen; der sei vieler Arzneikünste kundig. Der Doktor erkannte Eulenspiegel nicht und
ging zu ihm in seine Herberge. Schon nach kurzer Unterhaltung nahm er ihn mit sich auf die
Burg. Sie kamen miteinander ins Gespräch, und der Doktor sagte zum Arzt: »Könnt Ihr mir
helfen von meiner Krankheit, so will ich es Euch wohl lohnen.« Eulenspiegel antwortete ihm
mit Worten, wie sie die Ärzte in solchen Fällen zu sagen pflegen. Er gab vor, er müsse eine
Nacht bei ihm liegen, damit er desto besser feststellen könne, wie er von Natur geartet sei.
»Denn ich möchte Euch gern etwas geben, bevor Ihr schlafen geht, damit Ihr davon schwitzt.
Am Schweiß werde ich merken, was Eure Krankheit ist.« Der Doktor ging mit Eulenspiegel
zu Bett und meinte, alles, was ihm Eulenspiegel gesagt hatte, sei wahr.
Eulenspiegel gab dem Doktor ein scharfes Abführmitte1 ein. Der glaubte, er solle davon
schwitzen, und wußte nicht, daß es zum Abführen war. Eulenspiegel nahm ein Steingefäß und
tat einen Haufen seines Kotes hinein. Und er stellte den Topf mit dem Dreck zwischen die
Wand und den Doktor auf die Bettkante. Der Doktor lag an der Wand, und Eulenspiegel lag
vorn im Bett. Der Doktor hatte sich gegen die Wand gekehrt. Da stank ihm der Dreck im Topf
in die Nase, so daß er sich umwenden mußte zu Eulenspiegel. Sobald sich der Doktor aber zu
Eulenspiegel gekehrt hatte, ließ dieser einen lautlosen Furz, der sehr übel stank. Da drehte sich
der Doktor wieder um, und der Dreck aus dem Topf stank ihn wieder an. So trieb es
Eulenspiegel mit dem Doktor fast die halbe Nacht.
Dann wirkte das Abführmittel und trieb so scharf, schnell und stark, daß sich der Doktor ganz
verunreinigte und ekelhaft stank. Da sprach Eulenspiegel zum Doktor: »Wie nun, würdiger
Doktor? Euer Schweiß hat schon lange abscheulich gestunken. Wie kommt es, daß Ihr solchen
Schweiß schwitzt? Er stinkt sehr übel!« Der Doktor lag und dachte: das rieche ich auch! Und
er war des Gestankes so voll geworden, daß er kaum reden konnte. Eulenspiegel sprach:
»Liegt nur still! Ich will gehen und ein Licht holen, damit ich sehen kann, wie es um Euch
steht.« Als sich Eulenspiegel aufrichtete, ließ er noch einen starken Furz schleichen und sagte:
»O weh, mir wird auch schon ganz schwach; das habe ich von Eurer Krankheit und von Eurem
Gestank bekommen.« Der Doktor lag und war so krank, daß er sein Haupt kaum aufrichten
konnte, und dankte dem allmächtigen Gott, daß der Arzt von ihm ging. jetzt bekam er ein
wenig Luft. Denn wenn der Doktor in der Nacht aufstehen wollte, hatte ihn Eulenspiegel
festgehalten, so daß er sich nicht aufrichten konnte, und gesagt, vorher müsse er erst genügend
schwitzen.
Als Eulenspiegel aufgestanden und aus der Kammer gegangen war, lief er hinweg von der
Burg.
Indessen wurde es Tag. Da sah der Doktor den Topf an der Wand stehen mit dem Dreck. Und
er war so krank, daß sein Gesicht vom Gestank ganz angegriffen aussah. Die Ritter und
Hofleute sahen den Doktor und boten ihm einen guten Morgen. Der Doktor redete ganz
schwächlich, konnte ihnen kaum antworten und legte sich in den Saal auf eine Bank und ein
Kissen. Da holten die Hofleute den Bischof hinzu und fragten den Doktor, wie es ihm mit dem
Arzt ergangen sei. Der Doktor antwortete: »Ich bin von einem Schalk überrumpelt worden. Ich
wähnte, es sei ein Doktor der Medizin, doch es ist ein Doktor der Betrügerei.« Und er erzählte
ihnen alles, wie es ihm ergangen war.
Da begannen der Bischof und alle Hofleute sehr zu lachen und sprachen: »Es ist ganz nach
Euern Worten geschehen. Ihr sagtet, man solle sich nicht um Narren kümmern, denn der
Weise würde töricht bei Toren. Aber Ihr seht, daß einer wohl durch Narren klug gemacht wird.
Denn der Arzt ist Eulenspiegel gewesen. Den habt Ihr nicht erkannt und habt ihm geglaubt;
von dem seid Ihr betrogen worden. Aber wir, die wir uns mit seiner Narrheit abgaben, kannten
ihn wohl. Wir mochten Euch aber nicht warnen, zumal Ihr gar so klug sein wolltet. Niemand
ist so weise, daß er nicht auch Toren kennen sollte. Und wenn nirgendwo ein Narr wäre,
woran sollte man dann die Weisen erkennen?« Da schwieg der Doktor still und wagte nicht
mehr zu klagen.
Die 18. Historie sagt, wie Eulenspiegel Brot kaufte nach dem Sprichwort: »Wer Brot hat, dem
gibt man Brot«.
Treue gibt Brot. Als Eulenspiegel den Doktor betrogen hatte, kam er danach gen Halberstadt.
Er ging auf dem Markt umher und sah, daß es ein harter und kalter Winter war. Da dachte er:
der Winter ist hart, und der Wind weht dazu scharf; du hast doch oft gehört: Wer Brot hat,
dem gibt man Brot. Und er kaufte für zwei Schillinge Brot, nahm einen Tisch und stellte sich
vor dem Dom von Sankt Stephan auf. Er hielt sein Brot feil und trieb solange Gauklerei, bis