Till Eulenspiegel. Hermann Bote

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Till Eulenspiegel - Hermann  Bote

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Domhof hinauflief. Eulenspiegel lief

       dem Hund nach. Unterdessen kam eine Sau mit zehn jungen Ferkeln und stieß den Tisch um;

       ein jegliches Tier nahm ein Brot ins Maul und lief damit hinweg.

       Da fing Eulenspiegel an zu lachen und sagte: »Nun sehe ich klar, daß die Worte falsch sind,

       wenn man spricht: wer Brot hat, dem gibt man Brot. Ich hatte Brot, und das wurde mir

       genommen.« Und er sprach weiter: »O Halberstadt, Halberstadt, du führst deinen Namen mit

       Recht. Dein Bier und deine Kost schmecken wohl, aber deine Geldbeutel sind von Sauleder

       gemacht.« Und er zog wieder gen Braunschweig.

       Die 19. Historie sagt, wie Eulenspiegel immer ein falbes Pferd ritt und nicht gerne war, wo

       Kinder waren.

       Eulenspiegel war allezeit gern in Gesellschaft. Aber zeit seines Lebens gab es drei Dinge, die

       er floh.

       Erstens ritt er kein graues, sondern immer ein falbes Pferd, trotz des Spottes. Zweitens wollte

       er nirgends bleiben, wo Kinder waren, denn man beachtete die Kinder wegen ihrer Munterkeit

       mehr als ihn. Und drittens war er nicht gern bei einem allzu freigebigen Wirt zur Herberge.

       Denn ein solcher Wirt achtet nicht auf sein Gut und ist gewöhnlich ein Tor. Dort war auch

       nicht die Gesellschaft, von der Gewinn zu erwarten war usw.

       Auch bekreuzigte sich Eulenspiegel alle Morgen vor gesunder Speise, vor großem Glück und

       vor starkem Getränk. Denn gesunde Speise, das sei doch nur Kraut, so gesund es auch sein

       rnöge. Ferner bekreuzigte er sich vor der Speise aus der Apotheke, denn obwohl auch sie

       gesund sei, sei sie doch ein Zeichen von Krankheit. Und das sei das große Glück: wenn

       irgendwo ein Stein von dem Dach fiele oder ein Balken von dem Haus, pflege man zu sagen:

       »Hätte ich dort gestanden, so hätte mich der Stein oder der Balken erschlagen. Das war mein

       großes Glück.« Solches Glück wollte er gern entbehren. Das starke Getränk sei das Wasser.

       Denn das Wasser treibe mit seiner Stärke große Mühlräder, auch trinke sich mancher gute

       Geselle den Tod daran.

       Die 20. Historie sagt, wie ein Bauer Eulenspiegel auf einen Karren setzte, darin er Pflaumen

       zum Markt nach Einbeck fahren wollte, die Eulenspiegel beschiß.

       Die durchlauchtigen und hochgeborenen Fürsten von Braunschweig hielten einmal in der

       Stadt Einbeck ein Turnierfest mit Rennen und Stechen ab. Dazu kamen viele fremde Fürsten

       und Herren, Ritter und Knechte mit ihren Hintersassen. Das war im Sommer, als die Pflaumen

       und anderes Obst reif waren. In Oldendorf bei Einbeck lebte ein braver, einfältiger

       Bauersmann, der hatte einen Garten mit Pflaumenbäumen. Er ließ einen Karren voll Pflaumen

       pflücken und wollte damit nach Einbeck fahren, weil dort viel Volks war und er deshalb

       meinte, die Pflaumen besser zu verkaufen als zu anderen Zeiten.

       Als er vor die Stadt kam, lag da Eulenspiegel unter einem grünen Baum im Schatten. Er hatte

       sich am Hof der Herren so überfressen und betrunken, daß er weder essen noch trinken konnte

       und eher einem toten Menschen als einem lebendigen glich. Als nun der brave Mann an ihm

       vorbeifuhr, da redete Eulenspiegel den Mann so kläglich an, wie er es zuwege brachte, und

       sprach: »Ach, guter Freund, sieh her, ich liege hier so krank drei Tage und Nächte ohne aller

       Menschen Hilfe. Wenn ich noch einen Tag so liegen soll, muß ich vor Hunger und Durst

       sterben. Darum fahre mich um Gottes willen nach der Stadt.« Der gute Mann sprach: »Ach,

       lieber Freund, ich wollte das recht gern tun. Aber ich habe Pflaumen auf dem Karren. Wenn

       ich dich darauf setze, so machst du sie mir alle zuschanden.« Eulenspiegel sagte: »Nimm mich

       mit, ich will mich vorn auf dem Karren behelfen.«

       Der Mann war alt und mußte sich sehr anstrengen, ehe er den Schalk, der sich möglichst

       schwer machte, auf den Karren brachte. Um des Kranken willen fuhr der Bauer desto

       langsamer.

       Als nun Eulenspiegel eine Weile gefahren war, zog er das Stroh von den Pflaumen, erhob sich

       heimlich etwas hinter dem Rücken des Bauern und beschiß dem armen Mann die Pflaumen

       ganz schändlich. Dann zog er das Stroh wieder darüber.

       Als der Bauer an die Stadt kam, rief Eulenspiegel: »Halt, halt! Hilf mir von dem Karren, ich

       will hier draußen vor dem Tor bleiben!« Der gute Mann half dem argen Schalk von dem

       Karren und fuhr seine Straße weiter, den nächsten Weg zum Markt. Als er dort angekommen

       war, spannte er sein Pferd aus und ritt es in die Herberge.

       Indessen kamen viele Bürger auf den Markt. Unter ihnen war einer, der immer der erste war,

       wenn etwas auf den Markt gebracht wurde, und doch selten etwas kaufte. Der kam gleich

       hinzu, zog das Stroh halb herab und beschmutzte sich die Hände und den Rock.

       Währenddessen kam der Bauersmann wieder aus seiner Herberge. Eulenspiegel hatte sich

       inzwischen verkleidet, kam auch auf einem anderen Weg gegangen und fragte den Bauern:

       »Was hast du auf den Markt gebracht?« »Pflaumen«, sagte der Bauer. Eulenspiegel sprach:

       »Du hast sie als ein arger Schalk gebracht, die Pflaumen sind beschissen, man sollte dir mit

       den Pflaumen das Land verbieten.« Der Bauer sah nach, erkannte, daß es so war, und sagte:

       »Vor der Stadt lag ein kranker Mensch, der sah ebenso aus wie der, der hier steht. Nur hatte er

       andere Kleider an. Den fuhr ich um Gottes willen bis vor das Tor. Der Schuft hat mir den

       Schaden angetan.« Eulenspiegel sprach: »Der Schuft verdiente Prügel.«

       Der brave Mann aber mußte die Pflaumen wegfahren auf die Abfallgrube und durfte sie

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