Shylock Holmes. Martin Cordemann
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Читать онлайн книгу Shylock Holmes - Martin Cordemann страница 8
Sind alle deine Siege, Herrlichkeiten,
Triumphe, Beuten eingesunken nun
In diesen kleinen Raum? - Gehab dich wohl! -“
THELLO: Wer ist das?
SHYLOCK: ‘Julius Cäsar’, dritter Akt, erste Szene.
THELLO: Und der Schauspieler?
SHYLOCK: Julius Rasäc.
THELLO: Häh?
SHYLOCK: Ja, es klingt merkwürdig, das geb ich zu.
RASÄC: Sie sind von der Polizei?
SHYLOCK: Ja.
RASÄC: Dann nehme ich an, möchten Sie mit mir sprechen!
SHYLOCK: (deutet auf THELLO) Er nicht.
THELLO: (geht ab)
RASÄC: Ich habe diesen Mann nicht getötet, Inspektor...
SHYLOCK: Holmes, Shylock Holmes!
RASÄC: Ich habe es nicht getan, aber ich würde alles dafür tun, den Mörder zu bestrafen. Rael hat mir, als mich niemand wollte, eine Chance gegeben und dafür bin ich ihm dankbar. Was hier geschehen ist, ist Unrecht, Herr Inspektor!
„Der Feige stirbt schon viermal, eh er stirbt,
Die Tapfern kosten e i n m a l nur den Tod.
Von allen Wundern, die ich je gehört,
Scheint mir das größte, dass sich Menschen fürchten,
Da sie doch sehn: der Tod, das Schicksal aller,
Kommt, wann er kommen soll.“
‘Julius Cäsar’, zweiter Akt, zweite Szene.
SHYLOCK: Was haben Sie gestern Abend zwischen elf und ein Uhr nachts gemacht?
RASÄC: Ich war im Senat!
SHYLOCK: Mein Cäsar, das klingt selbst für meine Ohren ein wenig unglaubwürdig.
RASÄC: Ich war mit meiner Frau bei Freunden, die eine kleine Party gegeben haben. In einer Kneipe namens „Senat“.
SHYLOCK: Ich bin sicher, die können das bestätigen?!
RASÄC: Natürlich. Meine Frau ist mit ihnen gefahren. Ich bin... nachgekommen.
SHYLOCK: Wir werden das überprüfen.
RASÄC: Wir?
SHYLOCK: Ähm... ein Kollege. Warum sind Sie nicht mit Ihrer Frau und Ihren Freunden gefahren?
RASÄC: Ich war mit dem Fahrrad unterwegs. Sie wissen, wie das hier mit den Verkehrsbetrieben ist. Da ist man mit dem Rad schneller.
SHYLOCK: Das stimmt.
RASÄC: Die anderen haben ein Taxi genommen und ich bin mit dem Rad gefahren. Auch in meinem Alter eine gute Übung.
SHYLOCK: Auch in Ihrem Alter kein gutes Alibi.
RASÄC: Meinen Sie, ich kann einen Mord begehen und dann mit dem Rad durch die Stadt rasen, ohne außer Puste anzukommen? So fit bin ich leider nicht mehr.
SHYLOCK: Das deutet an, dass Sie einmal so fit waren.
RASÄC: Als ich jung war.
SHYLOCK: Da waren Sie also fit genug, einen Mord zu begehen und anschließend mit dem Rad durch die Stadt zu fahren. Klingt fast so, als hätten Sie da Erfahrungen.
RASÄC: Ich kann Ihnen versichern, die habe ich nicht.
SHYLOCK: Wir werden sehen.
RASÄC: Inspektor, ich hoffe, Sie finden den Mörder und er wird nicht von der Justiz verschont wie die meisten Verbrecher!
SHYLOCK: (deutet raus) „Tragt diese Leiche weg.“
(zu RASÄC) „Vernehmt mein Wort!
Wenn Gnade Mörder schont, verübt sie Mord!“
RASÄC: ‘Romeo und Julia’.
SHYLOCK: Dritter Akt, erste Szene.
RASÄC: Machen Sie weiter so. (ab)
NAGER: (tritt auf) Herr... Polizist, ich habe leider Ihren Namen vergessen! Sie sind doch von der Polizei?!
SHYLOCK: Ja, Holmes mein Name, Shylock Holmes.
NAGER: Wirklich?
SHYLOCK: Wirklich!
NAGER: Tut mir leid, ich war wohl eben... ein bisschen weggetreten.
SHYLOCK: Das ist schon verständlich.
NAGER: Der Tod... der Mord hat mich sehr mitgenommen... Ich... Sie wissen sicher, er war ein Geliebter.
SHYLOCK: Mord wirft die Menschen immer aus der Bahn. Und es wäre traurig, wenn es nicht so wäre. Sie waren also mit ihm zusammen?
NAGER: Ja, das stimmt.
SHYLOCK: Auch gestern Abend zwischen elf und ein Uhr?
NAGER: Sie meinen nach der Vorstellung? Nein, da habe ich ihn verlassen.
SHYLOCK: Aha.
NAGER: Ich, er... Er wollte noch hier bleiben und ein paar organisatorische Dinge klären.
SHYLOCK: Und Sie haben ihn verlassen.
NAGER: Ich bin weggefahren.
SHYLOCK: Wohin?
NAGER: Zu... nach Hause.
SHYLOCK: Aha. Wer wusste davon, ich meine, dass er hier bleiben wollte?
NAGER: Alle, wieso?
SHYLOCK: Ich nehme an, Sie waren allein?! Als Sie... zu Hause waren.
NAGER: Ja. Ich habe es... erst heute Morgen erfahren.
SHYLOCK: Mit anderen Worten: kein Alibi. Hat Rael mit Ihnen über diese theaterinternen Angelegenheiten gesprochen?
NAGER: Sie meinen die Streichung der Zuschüsse? Ja. Es ist eine schlechte Zeit für die Kultur. Und für das Theater. Eine schlechte Zeit.
SHYLOCK: Hat er gesagt, wen er streichen wollte?
NAGER: Er wusste es noch nicht genau. Er wusste es nicht...
SHYLOCK: Wer von Ihren Kollegen könnte ein Motiv gehabt haben, ihn zu töten?
NAGER: