519 Park Avenue. Peter Stockfisch

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519 Park Avenue - Peter Stockfisch

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      “Hey, Darling, bist Du eingeschlafen “?

      “Hmm…”, kam es von der Couch. Beim Zappen zwischen Letterman und Connan O’Brian musste er tatsächlich eingenickt sein und hatte sie nicht kommen gehört. Christina lächelte und beugte sich über ihn, um ihm einen Kuss zu geben. Jetzt war er hellwach. Sie sah trotz später Stunde und langem Arbeitstag wie immer umwerfend aus: Ihre langen schwarzen Haare waren hinten in einem Pferdeschwanz zusammengebunden, der ihr über die linke Schulter fiel. Sie trug ein enges graues Kostüm mit einer fliederfarbenen Bluse. Der Rock endete kurz über dem Knie und presste sich an ihre Oberschenkel. Ihre Strümpfe - eine New Yorker Rechtsanwältin geht nie ohne Strümpfe ins Büro, selbst nicht im Sommer bei 90 Grad Fahrenheit - unterstrichen noch das leichte Braun ihrer Beine. Thomas Kirsten war auch nach 6 Jahren immer noch fasziniert von ihr und konnte bei ihrem Anblick seine Erregung kaum verbergen. Es war nicht nur ihre Jugend - der Altersunterschied betrug immerhin 23 Jahre - sondern eher ihre erotische, warme Ausstrahlung, die von vielen Frauen südamerikanischer Herkunft ausgeht.

      Christina war für Thomas eine ernsthafte Beziehung. Er konnte sich vorstellen, mit ihr zusammen zu bleiben. Dies war eine bemerkenswerte Erkenntnis, nach seinen ziemlich wilden Jahren seit seiner Scheidung vor 20 Jahren.

      Er hatte sich damals über beide Ohren in eine Französin verliebt, die er in einem Restaurant kennengelernt hatte. Es hatte so gefunkt, dass er alle Vernunft über Bord warf. Es entwickelte sich eine leidenschaftliche, stürmische Beziehung. Seine engsten Freunde konnten ihn nicht zur Raison bringen. Er war – wie sie sagten – hundertprozentig ‘schwanzgesteuert’. Da er Heimlichkeiten hasste, hatte er Bärbel sehr bald von seiner Affaire erzählt. Bärbel war natürlich wie am Boden zerstört, und sie führten nächtelang selbstzerstörische Diskussionen, die jedoch zu nichts führten. Nach einigen Wochen fingen sie dann an, über Scheidung zu sprechen.

      Mit Jaqueline, so hieß die Französin, dauerte es über 6 Jahre. Viel Sex, exotische Reisen und, insbesonderen in den letzten Jahren, immer häufiger auch heftige Auseinandersetzungen. Die beiden waren sich zu ähnlich. Jeder wollte die Kontrolle in der Hand haben und sagen, wo es lang geht. Thomas war es in seinem Beruf gewohnt, die Richtung vorzugeben, und Jaqueline auch. Sie betrieb in Manhattan ein französisches Restaurant, das sehr erfolgreich war. Sie war der Boss. Und diese Rolle reflektierte auch in ihr Privatleben. Das funktionierte auf die Dauer nicht, und ihre Beziehung ging schließlich in die Brüche.

      Danach hatte er wechselnde Partnerinnen. Er musste sich eingestehen, dass seine erotischen Erfahrungen, die er in diesen Jahren machte, für ihn ein neues, elektrisierendes Kapitel in seinem Leben darstellte, das er – immerhin im Alter von Anfang/Mitte Vierzig – nicht für möglich gehalten hatte. Frauen inspirierten ihn. In ihrer Gegenwart fühlte er sich wohl. Der Reiz und die Faszination des Neuen, des Geheimnisvollen spielte dabei eine wichtige Rolle. Dabei war er keineswegs das, was die Amerikaner einen Womanizer nennen. Dazu war er – was Frauen betraf – viel zu schüchtern. Es kam ihm nie in den Sinn, heute eine Frau ‘aufreißen’ zu wollen. Aber er reagierte auf Annäherungen vom anderen Geschlecht meistens positiv.

      Vielleicht war es aber auch ein Gegenpol zu seiner beruflichen Männerwelt, die sehr sach- und wettbewerbsorientiert war. In seinem Job ergriff er ständig die Initiative. Privat überließ er dies eher den Frauen.

      Mit Christina war alles anders. O.k., er war älter geworden und Christina war mit fast 39 auch kein Küken mehr. Gut, sie war auf dem Zenith ihres Gefühls- und Sexuallebens, aber natürlich hatte auch sie eine Beziehungsvergangenheit, mit der eine gewisse Gelassenheit und Abgeklärtheit kommt. Der Himmel stürzte nicht gleich ein, wenn man sich neu verliebte.

      Acht Jahre war sie mit einem Amerikaner liiert. Einem Zahnarzt in Brooklyn. Sie hätte damals gerne geheiratet, aber er wollte nicht. Und sie musste auch nach einiger Zeit erkennen, dass sie nicht allzuviel gemein hatten. Ihre Liebe zur Musik und Kunst ließ sich nicht so gut mit den vielen aktiven Hobbys ihres Freundes vereinbaren: Surfen, Klettern und Snowboarding. Zahnärzte sind in ihrem Beruf wahrscheinlich so frustriert, dass sie ein besonders ausgeprägtes Bedürfnis nach ausgleichenden Freizeitaktivitäten haben. Leider meist nicht auf intellektuellem Gebiet. Insofern war sie ganz froh, als es vorbei war.

      Danach hatte sie nur Kurzbeziehungen und kam zu dem Schluss, dass sie eigentlich gar keinen festen Mann oder Ehemann wollte. Sie verdiente in ihrem Beruf, der ihr Spaß machte, genug Geld, um ein angenehmes Leben zu führen. Sie sah blendend aus und war charmant, so dass es keines großen Aufwandes bedurfte, um einen Sexpartner zu finden – wenn es denn sein musste. Im Übrigen glaubte sie inzwischen, dass sie zur Befriedigung ihrer Libido und ihres Ego nicht unbedingt einen Live-Partner brauchte.

      Bis zu dem Moment, als sie Thomas kennenlernte. Bei ihm kam alles zusammen: Selbstsicherheit, Charisma, Bildung, Sinn für Kunst und Musik, Sinn für Humor, Einfühlungsvermögen und erotische Ausstrahlung.

      “Ich zieh’ mich schnell um; gib mir bitte ‘was zu trinken”.

      Er war gerade dabei, eine eiskalte Flasche Veuve Clicquot zu öffnen, als er sie aus dem Schlafzimmer hörte:

      “Darling, Hilfe !”

      Er liebte ihr Englisch mit dem spanischen Akzent. Es klang nicht nach einem akuten Notfall. So nahm er zwei Champagnergläser in die Hand, die Flasche unter den Arm und ging ins Schlafzimmer. Sie lag auf dem Bett, unbekleidet, nur mit einem weißen Handtuch um ihre Hüften. Sie lag auf dem Bauch und zeigte mit dem rechten Zeigefinger auf ihre Schultern:

      “Hier ! Ich bin völlig verspannt.”

      Er stellte den Champagner und die Gläser auf die Spiegelkommode. Die kleine Flasche mit dem Massageöl stand bereits auf dem Nachttisch. Sie hatten gelernt, sich gegenseitig dieses unglaubliche Vergnügen von Zeit zur Zeit zukommen zu lassen.

      Thomas Kirsten begann langsam und zart, ihren Rücken zu massieren. Seine Hände glitten von unten entlang der Wirbelsäule, vorbei an den Schulterblättern bis zum Hals. An den Schultern verstärkte er den Druck und versuchte, die kleinen, für Büroarbeiter typischen Verspannungsknoten wegzudrücken.

      “Ja, da, da, stärker !”, raunte sie.

      Dies spornte ihn an, und seine Bewegungen wurden kräftiger und schneller. Sie stöhnte vor Schmerzen und Vergnügen. Und er weitete das Terrain aus.

      Es kam wie immer: Er berührte ihre Arme, ließ seine Hände von den Achselhöhlen heruntergleiten, wobei seine Fingerspitzen ihre seitlichen Brustansätze berührten, bis zu ihrem Po und ihren Oberschenkeln.

      “Oh, Darling, Du bist der Beste, ich musste schon im Büro die ganze Zeit daran denken. Bitte, auch meine Füße”, bettelte sie.

      Thomas Kirsten wusste, wie es Christina erregte, wenn er ihre Füße und insbesondere ihre Zehen bearbeitete, und er gab sich dabei besondere Mühe. Nach einigen ”Ahs” und “Ohs” drehte sie sich um und zog ihn zu sich herunter. Sie küßte ihn. Zunächst ganz leicht, dann etwas mehr und schließlich heiß und leidenschaftlich.

      Er war immer wieder fasziniert von ihrer Hingabe und Ausdauer. Sie wollte immer, auch nach einem langen, anstrengenden Arbeitstag. Wenn es ihr Arbeitsprogramm erlaubte, trafen sie sich manchmal auch um die Mittagszeit zum Sex. Sie war einfach sportlich – wie er selbst. Sie hatten früher beide viel Tennis gespielt; sie als junges Mädchen in Florida, ihrer ersten Station in den Staaten, als sie mit ihren Eltern aus Ecuador gekommen war, er im Tennisclub in Deutschland. In Manhattan war das nicht ganz so einfach. Aber sie hatte ihr Gym und er drehte hin und wieder seine Runden im Central Park. Sex machte einfach mehr Spaß, wenn man einigermaßen fit war.

      Sie schlürften jetzt

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