Die Einführung des Fernsehens im Senegal. Johannes Hahn
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Als zunächst immer noch einziger Außenhandelspartner behielt Frankreich die ehemaligen Kolonien als günstige Rohstofflieferanten und sicherte sie auf zeitgemäße Weise als Absatzmarkt für Produkte der eigenen Industrie, beispielsweise durch Schutzzölle und die von Frankreich gestützte Währung “Francs de la Communauté Financière de l´Afrique de l´Ouest” (die zuvor “Francs des Colonies Françaises de l´Afrique de l´Ouest” hieß, also sogar ihr altes Kürzel F.C.F.A behalten konnte). Im Gegenzug sicherte das ehemalige Mutterland Frankreich den jungen Staaten, die nicht wie Guinea-Conakry “unehrenhaft” in die Unabhängigkeit entlassen worden waren, Hilfe zu. Zum Teil in Form von technischer Unterstützung, aber auch in Form von Experten, die den Regierungen der unabhängig gewordenen Staaten als Ratgeber zur Verfügung standen - und nicht zuletzt auf diese Weise für Kontinuität des französischen Einflusses auf Regierungsebene sorgten.
3.2 Französisches Fernsehen in Dakar – ein erstes Angebot
Das französische Ratgebertum der nachkolonialen Ära hatte nicht nur die Wirtschaftspolitik der jungen Nationalregierungen als Ziel ihrer Bemühungen auserkoren. Die senegalesische Regierung war “regelrecht eingekreist von französischen Ratgebern”39 und dies beeinflusste auch die Arbeit des senegalesischen Informationsministeriums. Der größte Teil der Ratgeber im Informationsministerium bestand aus Angestellten des französischen Überseeradios SORAFOM, das bis zur Unabhängigkeit die Radiosender im frankophonen Afrika betrieben hatte.
Nach den Informationen des Zeitzeugen und späteren Direktors der senegalesischen “Télévision expérimentale”, Ousmane Madamel Cissé, waren es diese SORAFOM-Berater im Informationsministerium, die sich als erste für eine Fernseheinführung im Senegal einsetzten40. So wie bereits das Radio von der SORAFOM im frankophonen Afrika eingeführt worden war, sollte nun auch nach der Unabhängigkeit ein weiteres neues Medium unter der Federführung Frankreichs etabliert werden - und zwar möglichst mit französischer Technik und nach französischem Industriestandard.
Am 28. Oktober 1960 hat die SORAFOM eine “Étude des conditions d´installation et de fonctionnement d´un centre de télévision à Dakar” vorgelegt, in deren Vorwort Verständnis für das Interesse der senegalesischen Regierung für diese neue Technologie geäußert wird:
“La civilisation par l´image s´impose dans le monde entier d´une facon de plus en plus pressante. On comprend donc volontiers l´intérêt que provoque le projet poussé d´une installation de la télévision en Afrique Noire et qui se trouve déjà matérialisé par l´existance en Nigeria d´une station à Ibadan et d´une station relais à Lagos. Le Gouvernement du Sénégal pour sa part, s´est préoccupé des conditions d´implantation d´un centre émetteur à Dakar.”41
Selbst wenn die senegalesische Regierung offizieller Auftraggeber dieser Studie gewesen ist, so wurde das vermeintlich starke Interesse für eine Fernseheinführung wohl erst durch die Angestellten der SORAFOM geweckt. Auch die Tatsache, dass der etwas forsche Vorschlag der SORAFOM-Studie, die Kosten für die Fernseheinführung bereits im Staatshaushalt für das Jahr 1961 einzuplanen42, nicht beachtet wurde, läßt an dem angeblich so brennenden Interesse der senegalesischen Regierung an diesem Projekt zweifeln.
Die Studie beleuchtet zunächst juristische und finanzielle Probleme. Die Finanzierung der Fernseheinführung wird selbst in einem “relativ reichen Land wie dem Senegal” als das größte Problem eingestuft. Deswegen wird empfohlen, dem Fernsehsender eine Rechtsform zu geben, die nicht nur Finanzierung durch Werbung, sondern auch durch spezielle Steuern erlaubt - denn der Teil der Bevölkerung, der sich einen Fernseher leisten könne, sei wohl auch in der Lage, Steuern zu zahlen. Finanzierung durch Steuern sei auch deswegen nötig, weil im ersten Jahr mit lediglich 3500 Fernsehgeräten im Großraum Dakar zu rechnen sei, womit sich die Werbeeinnahmen auf etwa 20 Millionen Francs CFA beschränken würden43.
Der zweite Abschnitt der Studie widmet sich dem “Programmproblem”. Ein Fernsehsender, der nur ausländische Produktionen als “Konserve” abspielen würde, sei nicht wünschenswert - aber die Eigenproduktion sei teuer und besonders in der Anfangsphase nur schwer zu verwirklichen. In dieser Phase sei es realistisch, etwa ein Drittel der geringen Sendezeit (täglich etwa zweieinhalb Stunden) mit Eigenproduktionen zu füllen (vor allem lokale Nachrichten und Übertragungen von lokalen Kulturereignissen etc.), ein Drittel mit umsonst angebotenen Filmen und Serien zu überbrücken und für das verbleibende Drittel könne auf französische RTF-Produktionen zurückgegriffen werden. Nicht ganz selbstlos zählt das französische Fernsehen auf, welche Sendungen es anzubieten habe: Die Kulturmagazine “Lecture pour tous” und “Terre des Arts”, verschiedene Fernsehdramen, ein “Magazine Féminin”, “Les Aventures de Tintin” usw. Diese “Fernsehentwicklungshilfe” werde vom französischen Außenministerium gefördert, wodurch wöchentlich etwa 5 Stunden französisches Programm umsonst ausgestrahlt werden dürfe - der Rest müsse allerdings bezahlt werden. Weiterhin rät die Studie zu englischen und amerikanischen Serien, die sich im Libanesischen Fernsehen bewährt hätten: “Policier: `Sherlock Holmes´, Western: `Lone Riders´ und `Restless Gun´ und Série policière: `Mike Hammer´”44. Auch der wöchentliche Programmablauf des libanesischen Fernsehens wird als beispielhaft betrachtet und, mit geringfügigen Veränderungen, dem zukünftigen senegalesischen Fernsehen zur Übernahme unterbreitet45.
Der dritte Abschnitt der Studie widmet sich der technischen Einrichtung. Unter Berücksichtigung der finanziellen Probleme wird vorgeschlagen, die Technik in vier Etappen einzurichten. Ein solches Vorgehen erlaube es auch, das erforderliche Personal in ebensolchen Etappen auszubilden.
In der ersten Phase könnte eine provisorische, aber ausbaufähige Technik installiert werden, beispielsweise eine Studiokamera, ein Tonpult, ein “Télécinema” (16mm) zum Abspielen eingekaufter Sendungen und ein Sender mit Antenne, der zumindest den Großraum Dakar abdecken würde.
In der zweiten Phase könnten dann Filmkameras, ein Entwicklungslabor und ein Reportagewagen (“Übertragungswagen”) beschafft werden, damit lokale Nachrichten selbst hergestellt werden könnten. Der Reportagewagen könne auch als Regie für ein großes provisorisches Studio (beispielsweise in einem Hangar) genutzt werden. In dieser Phase sollte auch die Verwaltung des Fernsehsenders ausgebaut werden.
In der dritten Phase müsse dann ein großes Studio und dazugehörige Regie- und Tonräume, Werkstätten, Magazine, Büros usw. gebaut werden - exakte Pläne für diesen Neubau einer Fernsehanstalt wurden gleich mitgeliefert.
In der vierten Phase sollte dann die tatsächliche technische Ausstattung vervollständigt werden: ein 35mm “Télécinema”, ein stärkerer Sender und die endgültige Ausstattung des großen Studios mit Kameras, Ton und Beleuchtung, Regie usw.46
Im Anschluss an dieses Phasenmodell wird die technische Einrichtung auf weiteren 20 Seiten noch eingehender beschrieben. Es werden bestimmte Geräte angepriesen, die Baupläne erläutert, der Energieverbrauch kalkuliert und sogar Schaltpläne und Überlegungen zur Antennenhöhe und der Sendefrequenz präsentiert.
Der vierte Abschnitt der SORAFOM-Studie beschäftigt sich mit dem Personal, das der geplante Fernsehsender benötigen würde. Der stufenweise Aufbau des Senders erlaube eine ebenso “progressive” Rekrutierung der Mitarbeiter. Da es kein qualifiziertes senegalesisches Personal gebe, müsse wohl zunächst auf Mitarbeiter des französischen Senders RTF zurückgegriffen werden (auch diese Art der Unterstützung werde vom französischen Außenministerium gefördert), die später