Auf zum Nullarbor. Hermine Stampa-Rabe
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Prolog
Drei Monate nach meiner Rückkehr aus Australien in Kiel klingelt bei uns der Postbote. Meine drei großen Pakete kommen an! Ich bin total aufgeregt und packe alles bis auf den Trailer aus. Dabei fallen mir das kleine, alte, abgeschrubberte Nokia Handy von Sony aus Darwin und das lange Sisal-Seil von Barry aus Cullen Bay gegen Schlangen in die Hände. Ich hole vor Rührung tief Luft. Tränen der Dankbarkeit kleckern mir über die Wangen. Mein ganzes, großes Abenteuer Australien ersteht vor meinem inneren Auge. Das möchte ich nun zu Papier bringen und Sie, meine Leser, daran teilhaben lassen. Ich lade Sie ein, mich lesend zu begleiten. Erleben Sie die Ruhe, die Hitze, die Kälte, die Landschaft, die Tiere und vor allem die einmalig liebenswürdigen und hilfsbereiten Menschen Australiens. Ein großes Abenteuer wartet auf sie.
Perth
Abflug von Hamburg nach London-Heathrow mit British Airways. Laufe, laufe, laufe und laufe im Flughafen, um noch pünktlich zu meinem Flieger zu kommen. Keiner weiss, wo es lang geht. Aber dann finde ich den Warteraum. Eigentlich hätte der Flieger schon weg sein sollen. Aber die Leute haben hier zu meinem Glück andere Zeiten und Gewohnheiten. Mit 1 ½ Stunden Verspätung hebt mein Flieger zum Weiterflug nach Sydney mit Quantas Airways in London ab in die Nacht. Während des Fluges sehe ich mir interessante Filme auf dem kleinen Bildschirm an, der in der Rückenlehne meines Vordermannes installiert ist. Darunter befinden sich welche für den IQ mit Dokumentationen über Australien. Hochinteressant ist für mich unter anderem auch, dass in diesem fernen Land die Feuerwehr beaufsichtigte Brände legt.
Während des Fluges über Australien sehe ich unter mir den Murray River, an dem ich bis Albury radeln möchte.
WEST AUSTRALIEN
In Sydney ereilt mich der erste Schock: Mein Fahrrad ist nicht mitgekommen. Ich vermute, dass das an dem für Quantas zu großen Fahrradkarton liegt. Hier soll ich eigentlich das Fahrrad für den Weiterflug nach Perth einchecken. Wegen dieses Problems erreiche ich nicht mein gebuchtes Flugzeug nach Perth. Darüber machen sich die Angestellten hier keine Gedanken. Dann soll ich eben mit der nächsten Maschine fliegen.
Mit meinem Seesack voller Fahrradpacktaschen trete ich in die Hitze der gleißenden Sonne vor dem Flughafen in Perth. Ein hilfsbereiter junger Mann zeigt mir, wo und mit welchem Bus ich in die Innenstadt fahren kann. Er fährt aber nicht direkt zur Jugendherberge. Für das letzte Stück soll ich mir ein Taxi nehmen. Er sitzt auch mit im Bus und steigt mir zuliebe mit aus, hilft mir, meinen Seesack herauszubekommen und winkt ein Taxi heran. Dankbar verabschiede ich mich von ihm.
Von Deutschland aus habe ich mir in der Herberge, die direkt im Stadtzentrum an der Wellington Street liegt, ein Bett gebucht. An der Rezeption erzähle ich, dass morgen mein eingepacktes Fahrrad nachgeliefert wird. Ja, sie werden mich dann benachrichtigen. In einem Mädchenzimmer ist für mich ein unteres Bett reserviert. Sehr zuvorkommend! Danke.
Am nächsten Tag kaufe ich bei Woolworth Nahrungsmittel für die Tour ein: 2-Minuten-Nudeln, 5 Brötchen, ein dickes Stück Käse, Haferflocken, eine kleine Flasche Öl und eine Nussmischung. Das Käsestück ist sehr schwer, brauche ich aber für mittags auf der Strecke.
Mir fällt gerade das ein, was mir ein hilfsbereiter Student vor dem Flughafen ans Herz legte: Wenn ich eine SIM-Karte hier in Perth kaufe, dann gilt sie nur für Perth und Umgebung, nicht für die anderen Gebiete. Ich darf, so sagte er mir eindringlich, erst in Albany eine kaufen. Na, mit diesem Wissen betrete ich ein Telefon-Geschäft. Der junge Mann ist sehr erstaunt, dass ich mich mit der SIM-Karte für mein Handy hier auskenne. Er spricht etwas Deutsch, weil seine Mutter und Großmutter aus Deutschland stammen. Er hat mit mir Mitleid und schickt mich zu einem Konkurrenz-Unternehmen: Telstra. Dort werde ich eine SIM Karte für ganz Australien erhalten.
Na, mit einem gemischten Gefühl frage ich mich zu dem Geschäft durch. Dort wird mir versichert, dass die SIM-Karte, die nur mit Geld aufgeladen werden soll, für ganz Australien gilt. So lasse ich sie mir in mein Handy stecken. Mit meinem kleinen Notebook soll ich am nächsten Tag kommen. Es sei wichtig, dass er es sieht, um mir zum richtigen WIFI zu raten.
Ganz vergnügt, dass ich das alles so gut hinbekam, gehe ich zurück zur Herberge. Hinterher fische ich mir auf dem Zimmer aus dem Seesack meine vollen Packtaschen heraus. Mit den elektrischen Geräten Laptop, Fotoapparaten, Kabelzubehör und der kleinen Festplatte sind sie sehr schwer und mit meinen gekauften Nahrungsmitteln noch mehr. Dazu kommt dann noch das viele Wasser. Ich würde am liebsten so Einiges nach Hause schicken, um mein Rad zu erleichtern, falls es noch kommt. Aber was? Garderobe habe ich nur wenig hier. Vielleicht etwas von den Waschutensilien? Wenn ich ganz jung wäre, brauchte ich nur eine Zahnbürste, Zahnpasta, Seife und eine Nagelschere. Ich bin leider nicht mehr jung. Deshalb befinden sich Sachen gegen eventuell auftretende Missempfindungen dabei. Wovon soll oder kann ich mich trennen?
Nach dem Abendessen möchte ich in meinem Zimmer mit meinem Mann Klaus-Otto und meiner Tochter Gudrun telefonieren. Also hole ich mein Handy ganz selbstbewusst hervor und wähle zuerst Klaus-Ottos Telefonnummer. Aber Pustekuchen! Es funktioniert nicht! So versuche ich es noch einmal, aber das Übel liegt nicht daran, dass ich mich verwählt habe. Aber woran denn?
So wähle ich Gudruns Nummer. Aber dasselbe Problem taucht auf. Nun habe ich den Mann im Telstra-Geschäft im Verdacht, mir doch eine verkehrte SIM-Karte verkauft zu haben. Ganz enttäuscht packe ich alles weg und lege mich schlafen. Die drei Mädchen aus diesem Zimmer gehen aufgestylt und in Erwartung guter Dinge weg.
In der Nacht wache ich auf und kann nicht gleich wieder einschlafen. Die Zeitumstellung! Erst um 11.20 Uhr wache ich wieder auf. Mir fällt mein Handy-Problem ein. Nach dem Frühstück suche ich das Telstra-Geschäft und möchte mich bei dem Verkäufer von gestern beschweren. Er hat aber Kundschaft und bittet mich, mich seinem Kollegen anzuvertrauen. Ihm erzähle ich meine tragischen Telefonversuche. Aber er beruhigt mich und bittet mich, die Telefonnummern aufzuschreiben, die ich erfolglos wählte. Ja, tue ich. Da löst sich das Problem: Von Australien aus wählt man zuerst 0011, dann die Länderkennzahl ohne die beiden Nullen davor, danach die Ortskennzahl ohne die erste Null und anschließend den Telefonanschluss. Gleich probiere ich es dort aus. Und siehe da: es funktioniert!
Ganz erleichtert und wieder Vertrauen zu diesem Geschäft gefasst, hole ich mein kleines Notebook hervor, um mir ein WIFI für Australien zu kaufen. Da ich mich hier – hoffentlich – acht Monate aufhalten werde, brauche ich eins, das ein ganzes Jahr funktioniert und kaufe es.
Mit diesen gelösten Problemen gehe ich zu Woolworth. Hier bezahlt jeder an einem Automaten. Das lasse ich mir von einem Angestellten erklären. Alle Geschäfte sind bis einschließlich sonnabends bis 17.00 Uhr und sonntags von 11.00 – 17.00 Uhr geöffnet, weil in Perth so sehr viele Menschen leben. Diese Öffnungszeiten gibt es erst seit kurzer Zeit. Zu einer Stadtbesichtigung habe ich bei dieser Hitze keine Lust, sehe aber, dass Perth von einem Bergkranz umgeben ist. Zur Küste hin ist es platt. Hinter dieser sehr guten Herberge führt die Eisenbahn vertieft im Erdreich in seiner Spur entlang.
Mein Rad sollte mit dem nächsten Flieger nachgebracht werden. Es ist schon 17.05 Uhr australischer Zeit. Normalerweise hätte es schon hier sein müssen. Ist es aber nicht. Was soll ich bloß ohne mein Rad machen? Das ist eine ganz große Katastrophe!!!!
Mir