Auf zum Nullarbor. Hermine Stampa-Rabe

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Auf zum Nullarbor - Hermine Stampa-Rabe

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hier und schreibe mein Tagebuch. Anschließend versuche ich, das Unmögliche mit meinem Gepäck möglich zu machen, lege mich aber mit keinem guten Gefühl schlafen.

      Meine Zimmermitbewohnerin aus der Schweiz erscheint strahlend. Sie hat sich mit ihrer Freundin außerhalb von Perth getroffen und erzählt das Neueste: Am Strand vor Perth in Rottnest Island hat man einen abgeschnittenen Männerkopf gefunden. Nach dem Körper wird noch gefahndet. Oje, das ist ja für mich mit meinem Fahrradprojekt keine gute Nachricht. Deshalb kommen meine Gedanken nicht mehr zur Ruhe. Ich erhebe mich leise, denn die beiden anderen Mädchen schlafen schon. Um mich abzulenken, wandere ich hinunter in die Küche. Im gemütlichen und großen Essensraum sitzt ein fröhlicher und interessanter Student, mit dem ich mich bis Mitternacht unterhalte. Als ich ihm von dem Ermordeten erzähle, meint er, dass ich mit dem Zug nach Adelaide und ab dort meine Tour beginnen soll. Nun sei das Nullarbor doch zu gefährlich für mich.

      Kaum geschlafen, hole ich mein Fahrrad in den langen Gang der Herberge und hänge die von mir sorgfältig geschlossenen Packtaschen daran. Oben quer darüber lege ich die Coolbox mit den gefüllten Wasserflaschen und den vollen 2-l-Wassersack. Schon allein der Anblick lässt mich innerlich erschauern. Und bei dem Versuch einer Probefahrt, geht gar nichts. Das Gepäck ist entschieden zu schwer. Das Rad lässt sich gar nicht lenken und lenkt sich selber. Ich stürze beinahe. Sofort steige ich ab und schiebe es ganz enttäuscht wieder zurück auf den Hof. Wie soll ich damit nur radeln können? Was kann ich daran ändern? In diesem Moment bin ich total verzweifelt und habe außerdem noch den abgetrennten Männerkopf und den irgendwo frei herumlaufenden Mörder in meinem Kopf. Kann ich bei dieser Lage überhaupt allein mit dem Rad auf Tour gehen? Große Zweifel steigen in mir auf.

      So mache ich mich auf und betrete die Tourist-Information. Der Zug von Perth nach Sydney fährt nur immer am Sonnabend. Und dieser kommende Sonnabend ist schon bis auf den letzte Platz ausgebucht. Der nächste fährt erst eine Woche später. Und die hiesigen Züge fahren nur an der Küste gen Norden oder Süden. Und der Greyhoundbus fährt nur gen Norden und nicht Osten. Also sitze ich wie die Maus in der Falle. Was soll ich nur machen? Mit dem Flieger von hier nach Adelaide fliegen, um von da weiterzuradeln? Aber dazu müsste ich mein Rad wieder einboxen. Und dazu habe ich absolut keine Meinung! Was soll ich tun?

      Gudrun und Klaus-Otto schlafen noch. So setze ich mich entnervt in einen kostenlosen City-Bus „Yellow Free CAT“ und lasse mich lange, lange herumfahren. Von Zeit zu Zeit nicke ich ein. Mir fehlt der Schlaf. Als ich absolut zu müde werde, steige ich im Stadtzentrum aus und wandere in die Herberge, in der mein Rad noch voll bepackt im Gang auf mich wartet.

      Ich greife wieder zum Handy und versuche, Gudrun in der Firma zu erreichen. Und sie meldet sich! Welche Erleichterung. Als ich ihr meinen Kummer und das Auffinden des Männerkopfes hier an Perths Küste erzähle, fängt sie leicht an zu lachen. Aber sie schafft es, mich dazu zu bringen, meine Packtaschen noch einmal ganz stark zu entrümpeln und morgen loszufahren. Das Entrümpeln nehme ich ganz streng vor. Vorher wogen sie 51 kg und danach mit dem Wasser von gestern 32 kg. Na, das ist doch ein voller Erfolg! Gudrun ist mit mir ganz zufrieden.

      Ich nehme mir vor, morgen mit ganz wenig Wasch- und Medizin-Utensilien und mit weniger Wasser zu starten. Noch befinde ich mich ja nicht im Nullarbor.

      Alles, was ich aussortiere, stecke ich in meinen hiergebliebenen Seesack. Der nimmt nun das Gewicht von 9 kg an und bleibt bis zu meinem Abflug im August im Abstellraum. Und einen vollständigen Fahrraddress schicke ich von der Post nach Townsville vor.

      Wieder in der Herberge angelangt, koche ich mir das letzte Mal meine 2-Minuten-Nudeln. Mir fallen beim Schreiben dauernd die Augen zu. Gehe gleich schlafen.

      Endlich geht es los!

      10.01.2013: Perth – Mandurah: 75 km

      Um 5.00 Uhr krabble ich aus dem Bett, trage meine Packtaschen ganz leise aus dem Zimmer und hinunter auf den Innenhof der Jugendherberge. Nach meinem Müslifrühstück checke ich an der Rezeption aus und belade mein Rad.

      Aber wer kann mich beim Start fotografieren, wenn keiner da ist? Ganz bedrüppelt schiebe ich das Rad vom Hof. Ach, welche glückliche Fügung! Ein Motorradfahrer fährt auf den Hof und nimmt mich per Video auf.

      Und dann geht es durch das fast schlafende Perth bei strahlend blauem Morgenhimmel! Perth ist eine Perle von einer Stadt. Hier herrscht über Tag nicht die Hektik der vielen anderen Städte. Hier gefällt es mir. Auch wegen der langen und großen Uferpromenade des breiten Swan-Rivers, wo jeder wunderschön spazieren gehen oder Fahrrad fahren kann.

      Mit dem Linksverkehr habe ich keine Schwierigkeiten. Die Autofahrer hupen nicht. Ich hoffe auf ihr Mitleid. Bei Sonnenschein und 23°C radle ich oberhalb des Swan-Rivers auf dem Freemantle-Highway aus der Stadt. Um zu fotografieren, müsste ich auf der Straße anhalten. Das wage ich aber nicht, um die Autofahrer nicht in Konflikt zu bringen.

      So radle ich auf dem Highway entlang gen Süden. Um 11.00 Uhr reizt mich die erste große Tankstelle, in der ich mir eine kleine Dose Sprite kaufe. Sprite gehört zu meinen großen Fahrradtouren. Diese kalte und herrlich süße Flüssigkeit macht mich glücklich. Ein Hähnchen-Salat bildet mein festes Essen.

      Draußen stehen ICE-Container. Diese Eiswürfel (Wassereis zum Kühlen) möchte ich gern in meiner Kühlbox mitnehmen. Sie würden sich langsam auflösen. Auf diese Weise hätte ich immer kühles Trinkwasser. Die Beutel sind aber mit ihren 4 kg zu schwer. Der Tankstellenwart gibt mir den Tipp, zu dem Camping- und Angelgeschäft im nächsten Ort zu fahren und mir dort einen Wassersack zu kaufen, durch dessen große Öffnung ich die Würfel stecken kann.

      Ich also nichts wie los und finde es auch. Aber die Wassersäcke haben auch eine viel zu enge Öffnung. So entscheide ich mich für eine kleine 3-l-Kühlbox mit festem Schraubverschluss und Trinkventil und lasse meine 10-l-Kühlbox für die nette Verkäuferin dort. Deshalb erhalte ich die Kühlbox $10 billiger.

      Es folgt das nächste Problem: Wie befestige ich dieses runde, längliche Gerät gemeinsam mit meinem Zelt auf meinem Gepäckträger? Habe zuvor alles gekühlte Wasser aus meinen kleinen Trinkflaschen und dem 2-l-Wassersack dort hineingegossen. Schön fest zugeschraubt, soll er dichthalten. Zuerst stelle ich ihn aufrecht hinter meinen Sattel und dahinter quer gegen das Hinunterrutschen das Zelt. Geht, drückt aber hinten an meinem Popöchen, sagen wir, an meiner verlängerten Wirbelsäule. Ich muss weit vorn auf dem Sattel sitzen. Nein, so geht das nicht. Mein Gedankengang dazu: Wenn dieser Container fest zugeschraubt ist, dürfte ja eigentlich kein Wasser austreten und demzufolge kann er quergelegt werden. Falls doch etwas Wasser austritt, tropft es nur auf die wasserdichten Ortlieb-Packtaschen. Nun sitze ich wieder richtig auf dem Sattel, um frei und fröhlich die Pedalen zu bewegen.

      Hier radle ich seit kurzer Zeit auf einem Fahrradweg oder dem Seitenstreifen des Highways. Wenn ein großer Truck an mir vorbeifährt, fühle ich den Sog. Aber alles geht gut.

      Um 15.00 Uhr erreiche ich schon Mandurah, betrete die Tankstelle und kaufe mir mein legendäres Eis mit Mandelgeschmack. Das ist zwar nicht gesund, tut aber meiner Zunge sehr, sehr gut!

      Auf dem Caravan-Park erhalte ich einen schattigen Grasplatz und stelle das Zelt erstmalig auf. So lange hat das Aufstellen früher nie gedauert! Das ist also verbesserungsfähig. Aber warum soll ich mich eigentlich beeilen, wenn mir soooo viel Freizeit zur Verfügung steht? Ich bin doch nicht auf der Flucht! Abendliche Temperatur: 27°C.

      Ich durstiges Kamel

      11.01.2013: Mandurah – Bunbury: 105 km

      In der Nacht stürmt es gewaltig. Zum Glück steht mein

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