Auf zum Nullarbor. Hermine Stampa-Rabe
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Aber um 24.00 Uhr fange ich zu frösteln an und werde müde. So steige ich hoch auf das obere Bett und lege mich schlafen.
SÜDAUSTRALIEN
14.01.2013: Nullarbor – Ceduna (Road Train): 0 km
Morgens wache ich von einem Pfiff auf und klettere hinunter. Ich blicke um mich. Wir stehen auf einem Halteplatz im platten und baumfreien Nullarbor (in der Taiga). Mir wird gesagt, dass ich mir eine Toilette suchen soll. Das bedeutet, mich hinter niedrige Büsche zu verkriechen. Wir befinden uns schon in Südostaustralien. Die Grenze passierten wir in der Nacht.
Die beiden Road Train Fahrer befinden sich im mittleren Alter. Der erste ist verheiratet, der zweite nicht. Der zweite fährt in seiner Freizeit mit seinem großen Motorrad samt Trailer durch die Gegend, stellt dann dort sein Zelt auf und geniesst seine Freizeit. Er besitzt auch noch viele Schafe und Kühe. Die versorgen sich auf dem Feld allein. Um sie hin und wieder zu kontrollieren, fährt er nicht mit einem Quad, sondern reitet dabei auf seinem Pferd.
Wir unterhalten uns über Kornanbau in Australien. Ich erzähle, dass bei uns die Bauern – hier Farmer – den Dung und die Gylle der Kühe im Frühjahr aufs Feld bringen, damit das Korn dann besser und schneller wächst. Da meint er, dass seine Kühe nicht im Stall stehen, sondern alle draußen frei herum laufen. Wenn sie noch klein sind, werden ihre Hörner abgeschnitten. Die Kühe werden nie gemolken. Die Kälber bleiben ein halbes Jahr bei der Mutterkuh und säugen die Milch aus dem Euter. Dann werden sie von ihr getrennt und mit ihresgleichen auf eine andere Weide getrieben. Die Kühe werden hier ganz allein für Steaks gezüchtet.
Dieser Road Train-Fahrer will mal nach Schleswig-Holstein kommen und sich von mir die Stätten zeigen lassen, wo ich gelebt habe, zum Beispiel die Insel Amrum.
Die Sonne scheint vom blauen Himmel. Es wird bestimmt wieder heiß werden. Wir fahren weiter. In Ceduna steige ich aus; denn erst dort ist das Nullarbor zu Ende. Und der Road Train muss betankt, gewaschen und mit Öl versorgt werden. Bei diesen zwei ganz edlen Männern bedanke ich mich.
Der Caravan Park befindet sich in der Nähe. Noch ein weiteres Foto, ein Winken – dann verlasse ich dieses für mich gemütliche Übergangsheim. Es kommt mir so vor wie der Abschied eines ganzen Lebensabschnittes: vom Himmel wieder zurück auf den Boden der Tatsachen.
Mein Zelt, das ich vorhin mit total müdem Kopf bei starkem Wüstensturm aufstellte, legt sich trotz der darin befindlichen schweren Packtaschen auf die Seite. Ich selbst sitze darin und bin damit beschäftigt, meine kleine Dose „Baked Beanes“ (gebackene Bohnen) auszulöffeln. Ich nichts wie flott aus dem Zelt, alle Zeltpflöcke rausgezogen und wundere mich, weshalb mein Zelt trotz der schweren Gegenstände darin sich nicht nur auf die Seite legt, sondern sich auch in eine andere Richtung dreht. Also muss ich es mit dem spitzen Hinterteil gegen den Sturm aufstellen. Also leere ich das Zelt. Aber gleichzeitig trete ich mit dem einen Fuß auf die Unterlage, damit diese nicht ganz wegfliegt; denn sie liegt ganz lose darunter.
Während ich nun mit der linken Hand meine Packtaschen zur Seite schiebe, halte ich das Zelt mit der rechten Hand oben fest. Aber wie soll ich es außerdem noch mit einem Zeltpflock befestigen? Eine dritte Hand besitze ich nicht. Da kommt mir ein mich strahlend anlächelnder Mann entgegen, der mir seine Hilfe anbietet. Er gehört zu dem Caravan, der vor kurzem in einiger Entfernung von mir aufgestellt und campingtüchtig hergerichtet wurde. Er und seine Frau hatten mich gleich winkend und lächelnd begrüßt, als sie ankamen. Der freundliche Mann holt gleich seinen Hammer, um die Zeltpflöcke in die harte Erde klopfen zu können. Nun endlich steht es, wird aber noch immer etwas vom Sturm zur Seite gedrückt. Das muss halten. So verteile ich die Packtaschen wieder in einer Reihe nebeneinander an der inneren linken Seite, hole mir meine gebackenen Bohnen in der schon geöffneten Dose samt Löffel hervor und futtere den Inhalt nun ganz auf. Endlich funktioniert auch wieder mein Gehirn.
Aber das Zelt biegt sich im starken und sehr warmen Wind noch immer. Mit meinen Packtaschen und später mir selbst wird es schon nicht wegfliegen.
15.01.2013: Ceduna – Quorn (Rad und Pickup): 66 km
In der Nacht wecken mich Autos, die vom Platz fahren. An Einschlafen ist nicht mehr zu denken. Gegen 5.00 Uhr packe ich meine Waschsachen und gehe in die sanitären Anlagen. Die Familie mit den acht kleinen Kindern sitzt schon beim Frühstück. Alle lächeln mich an und grüßen zurück. Nun geht es ans Packen. Mit meinem müden Kopf läuft es nicht so schnell. Aber um 7.30 Uhr rolle ich bei 23°C vom Platz. Natürlich habe ich noch meine Zinksalbe auf Nase und Wangen verteilt.
Es radelt sich gut. Leider entwickelt sich in ganz kurzer Zeit die Wärme in Hitze. Heiße Luft schlägt mir entgegen. Trotz meiner guten und dünnen Garderobe wird es immer unangenehmer. Ich trinke wie ein Loch. Die Straße ist wellig, aber in einem sehr guten Zustand. Es fahren nur sehr wenige Autos. Die meisten Verkehrsteilnehmer bestehen aus riesigen Road Trains. Diese machen aber alle einen großen Bogen um mich. Und dann ist mir, als schlüge mir Gluthitze entgegen. Mein Tacho gibt seinen Geist in dieser Hitze auf. Brauche demnächst einen neuen.
So stelle ich mein Rad in immer kürzeren Abständen bei fälligen Erholungspausen neben dem Highway ab und mich selbst unter einen löcherigen Baum in dessen ebenso löcherigen Schatten.
Und als ich so ungefähr 20 km vor Wirrula bin, stelle ich mal wieder mein Rad ab und mich in den Schatten eines Baumes. Der heiße Wüstensturm reisst mein Rad mitsamt den schweren Packtaschen um. Ich habe Mühe, sie vom Rad zu lösen und daneben zu legen. Flehentlich gucke ich die vorbeifahrenden Autofahrer an. Aber alle winken nur und fahren weiter. Und als aus meiner Richtung ein Wagen weit hinten in der Kurve auftaucht, halte ich ungläubig meinen Daumen hoch. Und tatsächlich hält der Wagen und kommt zu mir rückwärts auf meiner Fahrbahn Richtung Wirrula zurück. Der Mann erkundigt sich bei mir, ob ich gestürzt sei. Aus lauter Verzweiflung, er könne weiterfahren, wenn ich ihm die Wahrheit sage, bestätige ich es. Gemeinsam laden wir die Packtaschen und das Rad hinten auf den Wagen. Ich darf vorn neben ihm Platz nehmen und erhalte eine eiskalte Cola. Welch herrliches Getränk für eine fast Verdurstete! Endlich kühle ich auch innerlich im und um den Magen herum ab.
In seinem Auto befindet sich ein Satelliten-Telefon, das er mir sehr ans Herz legt, mir hier auch eins anzuschaffen, wer weiß, wer weiß? Auch befindet sich links hinter mir oben neben der Tür eine Alarmanlage, falls er mit seinem Auto im Outback in Schwierigkeiten kommen sollte. Er hat für alles vorgesorgt.
Da er selbst als Geschäftsmann nach Port Augusta unterwegs ist, um morgen seine Arbeit mit Geschäftsleuten und Arbeitern im Outback zu beginnen, fragt er mich ganz sachlich, ob er mich bis dorthin mitnehmen kann; denn die Strecke von hier bis dorthin kann ich aufgrund der großen Hitze nicht per Fahrrad zurücklegen. Ich sage zu.
Vor Port Augusta hält er bei einem Roadhouse und lädt mich zu einem kalten Getränk und einem Sandwich nach meinem Geschmack ein. Danach funktioniert mein Gehirn auch wieder besser. Und als er sich nach meiner Reiseroute ab Port Augusta informiert und ich ihm erzähle, dass ich über Wilmington nach Renmark an den Murray-River fahren möchte, entschliesst er sich sofort, mich bis kurz vor Wilmington auf einen Caravan-Park zu bringen.
So fahren wir aus Port Augusta und sehen auf einer Eisenbahntrasse einen 3 km langen Güterzug. Am Anfang und Ende befinden sich je vier Lokomotiven, um ihn vorwärts zu ziehen. Hiermit wird abgebaute Kohle zum Brennen nach Port Augusta gebracht. So habe ich es jedenfalls verstanden.
Während