Und du kannst es schaffen!. Harald Lange
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Über eine Bekannte, Petra vom Ghospelchor, für den ich trommle habe ich erfahren, dass der Weg zum Vergnügungspark Lochmühle ganz nett sein soll, er hätte auch wohl die Distanz die ich für mein Marathontraining benötige. Sie erklärte mir ungefähr wie ich da hinkommen konnte. Oftmals habe ich das Gefühl, dass Sehende Wege nicht so exakt erklären können wie Sehbehinderte. Das liegt wohl auch daran, dass es Ihnen als Sehender völlig egal ist, ob da ein gelbes Haus steht oder eine blaue Bank, Sie brauchen diese Orientierungspunkte nicht, Sie können Schilder lesen und Straßennamen, oder markante Gebäude wie beispielsweise eine Schule von Weitem erkennen. Ich kann das alles leider nicht und schon gar nicht im Lauftempo. Blinde und Sehbehinderte orientieren sich anders, sie brauchen Orientierungspunkte. Ich orientiere mich nicht immer nur nach sichtbaren Orientierungspunkten, das können auch andere Sachen sein. Wenn Sie an frisch geschlagenem gestapeltem Holz vorbeilaufen und beim Zurücklaufen sich verlaufen und diesen Geruch wieder wahrnehmen, kann Ihnen das helfen wieder auf den richtigen Weg zu finden. Mir gelingt es nach wie vor leider nicht immer, stets den Weg von der Saalburg runter zu laufen, den ich mir vornehme zurückzulaufen. Dadurch laufe ich manchmal unfreiwillig auf mir noch unbekannten Wegen und komme oftmals zu einem „Aha-Erlebnis“, wie eben beschrieben, man kommt auf eine bekannte Route und stellt fest, was man nicht noch alles an Variationen laufen könnte. Nun laufe ich ja wie gesagt bei jedem Wetter, leider trifft man dann bei schlechtem Wetter so gut wie niemanden. Ich wollte natürlich von dem Moment an als ich von dieser Lochmühlenstrecke wusste, sofort versuchen dort hin zu laufen. Nun, beim ersten Mal konnte ich mit Petras Beschreibung gar nichts anfangen, lief nach Seulberg, musste dort in den Ort um jemanden zu fragen wie ich nun zur Lochmühle weiterkommen kann. Der mir beschriebene Weg brachte mich nicht zur Lochmühle, aber in den Wald zurück an eine Abzweigung, wo das Schild „Zur Saalburg“ auftauchte. Da ich bereits 1,5 Stunden unterwegs war zog ich es vor, nicht weiter nach der Lochmühle zu suchen, sondern auf die Saalburg zu laufen, von der aus ich mich wieder orientieren konnte. Da man die Lochmühle auch über die Saalburg erreichen kann und das eine Kurzdistanz von ca. 2 Kilometern steil bergab ist, könnte ich ja auf der Saalburg nochmal nach dem Weg fragen, die 2 Kilometerchen noch mitnehmen und dann mit der Bahn von der Lochmühle aus heimfahren. Das Dumme war jetzt nur, auf der Saalburg war kein Schwein, es schneite wie verrückt und ich stapfte alleine durch den Tiefschnee, der mir bis fast an die Knie ging. Zum Glück gab es immer wieder mal Spuren auf den Hauptwegen von Fahrzeugen, in die konnte man reinlaufen und sich so angenehmer fortbewegen. Ich bin allerdings sehr froh wenn ich im Wald kein Auto sehe, die verpesten die Umwelt schon genug, die müssen nicht noch im Wald rumfahren. Da ich auf der Saalburg nun keine Menschenseele fand, lief ich von dort aus wieder heim. Ich fragte nochmal Petra nach dem Weg, das brachte mich aber nicht wirklich weiter. Sie sagte mir lediglich, dass wir Beide das mal mit dem Fahrrad abfahren könnten, aber bitte nicht im Schnee. Dieses mühsame herausfinden von neuen Laufstrecken hilft mir wie gesagt, einen eigenen Plan in meinem Kopf zu entwickeln und mir neue Navigationspunkte in meinem GPS-System abspeichern zu können. Meinen ersten 3 Stunden und 20 Minutenlauf, sagen wir mal „Abenteuerlauf“ absolvierte ich am 18. Dezember 2010. Ich sage Ihnen, die Dinge kommen anders als man denkt und ich hatte zu diesem Zeitpunkt wirklich noch nicht vor, die 3 Stunden Distanz zu laufen und schon gar nicht zu überschreiten. Ich machte mich wie immer zum Laufen fertig, es hatte am Vortag heftig geschneit und ich wusste, dass meine, sagen wir Hauptstrecke (Oberursel, Forellengut, Saalburg, meine Wohnung), sehr zugeschneit war und das Stück nach Oberursel über den Feldweg zu gefährlich war. Ich kann Ihnen nicht sagen warum das so ist, aber die Waldwege sind zwar zugeschneit, lassen sich aber mit einem gewissen Kraftaufwand schon laufen. Dieser Feldweg nach Oberursel aber ist vereist und sehr hubbelig, da fahren wohl auch Autos lang und es sind dadurch von den Anwohnern mehrere PKW-Spuren, die dann vereisen, es schneit drauf und Sie können sich auf dem Weg dann leicht verletzen, in dem man umknickt, stürzt, wie auch immer. Also fragte ich mich an diesem 18. Dezember 2010 überhaupt erst einmal, wie ich die Distanz heute laufen soll und wo lang eigentlich wenn nicht da lang, wo ich immer lang laufe. Eine neue Strecke bei dem Sauwetter zu suchen ist natürlich nicht ratsam, Sie finden kaum bis gar keine Unterstützung auf der Strecke. Und was tat ich? Genau. Ich suchte natürlich bei solch einem Sauwetter nach einer neuen Strecke, warum auch nicht, wenn man die alte schon nicht laufen kann? Ich sagte ja schon, was ich mir in den Kopf setze, das will ich erreichen. Und ich wollte zur Lochmühle, das konnte doch nicht so schwer sein oder? Ich lief also nochmal mit neuem Mut in die von Petra beschriebene Richtung. Bald war ich im Feld, kein Mensch zu sehen und ich lief und lief und lief. Es ging immer geradeaus, der Tiefschnee mein ständiger Begleiter und weil noch nicht genug Schnee da war, schneite es auch kräftig weiter. Eine Skibrille hätte ich gebraucht um klar zu sehen. Aber ich beschwere mich nicht, im Gegenteil, es war schon schön da draußen, ein Panorama sage ich Ihnen, man kann es nicht in Worte fassen. Die Sonne kam später noch raus als sich der Schneefall beruhigte und der Wald wurde zu einer herrlichen Winterlandschaft, unbeschreiblich schön. Da plötzlich, ein Mensch, ja ein echter Mensch, der mit seinem Hundchen spazieren ging. Den fragte ich nochmal nach dem Weg zur Lochmühle. Er versicherte mir, es geht weiter geradeaus über die Bundesstraße drüber, am Waldrand rechts, dem Weg weiter folgen. Außerdem guckte er mich mit großen Augen an, wollte fast schon fragen ob ich verrückt sei, diese Strecke bei dem Wetter zu laufen. Ich finde es süß wenn die Leute sagen: „Wow, das ist aber ein ganz schönes Stück!“ Ist es wirklich ein ganz schönes Stück, erfreut es mich mit Stolz. Reden sie von 6 Kilometern, find ich es süß und sag dann immer: „6 Kilometer sind kein Problem, keine Sorge das schaffe ich.“ Aber 6 Kilometer können sich ziehen. Die können sich so ziehen, das glauben Sie gar nicht. Ich lief also weiter und mir war von nun an klar, dass ich hier nicht mehr einfach umkehren konnte, ich wusste den genauen Weg nicht mehr. Klar hätte ich das GPS-System nutzen können, der Forerunner hat eine „Track-back-Funktion“, damit können Sie die gelaufene Strecke exakt zurücklaufen, das wäre aber mit den ganzen Schlenkern wieder ganz schön weit gewesen -fast schon zu weit, ich hatte ja nicht vor an diesem Tag schon einen 30 Kilometerlauf zu machen. Also lief ich weiter und bekam es im Wald leicht mit der Angst zu tun, wusste einfach nicht wo lang. Erst kam ich an etlichen Waldwegen vorbei, ich sollte ja auf dem besagten Weg bleiben. Der ging irgendwann steil bergab. Unten angekommen traf ich wieder zwei Leute und versicherte mich, ob ich noch auf Kurs sei. Angeblich nicht, ich müsste dem Weg weiter folgen, links wieder das Heruntergelaufene zurück hinauflaufen und dann mich rechts halten, ich könnte die Beschilderung sicher nicht übersehen -wenn die wüssten.... Dann wurde es wirklich unangenehm. Ich war wider im Wald und der Weg zog sich und zog sich. Das ging so 20 Minuten. Zugegeben, nicht lange, aber wenn Sie Angst haben, sehr lange. Ich schwor mir die nächste Abzweigung abzubiegen und da wir ja nicht im afrikanischen Dschungel sondern im Taunus sind, muss es ja dann irgendwann mal in einen Ort gehen. Dort frage ich dann nach dem nächsten Bahnhof und fahre nach Hause. Tja, es ging aber nicht rechts oder links ab. Es ging geradeaus weiter und weiter. Mir ging durch den Kopf, wie lange ich das noch durchhalten könnte und was wenn ich nicht mehr kann? Ich wollte das Rote Kreuz anrufen und fragen, ob die mich im Wald orten könnten. Ich verwarf meine Ideen und versuchte ruhig zu bleiben und ruhig weiterzulaufen. Ich war jetzt 1 Stunde und 50 Minuten unterwegs, klar, der Tiefschnee kostet Kraft und man muss langsamer laufen, ansonsten überpowert man sich schnell. Da, eine Straße! Was hatte ich mich darüber so gefreut, wo eine Straße ist, habe ich einen Orientierungspunkt und wenn ich ihr folgen muss, irgendwann kommt ein Ort. Ich überquerte die Straße, da am anderen Ende eine Frau am Ausparken war. Ich ging an