Satan und Ischariot III. Karl May

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Satan und Ischariot III - Karl May

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im Fahren durchwacht zu haben.

      In Dallas mußte umgestiegen werden. Das war eine schwierige Sache, da wir uns vor Judith nicht sehen lassen wollten. Sie hätte leicht auf den Gedanken kommen können, uns auf der Strecke nach Sherman zu entweichen. Es gelang uns, unbemerkt zu bleiben, auch später, als wir in Denton noch einmal umsteigen mußten. Von da an war der Bahnkörper noch neu; es wurde langsam und vorsichtig gefahren, und so kamen wir erst, als es fast dunkel war, nach Gainesville, dem Endpunkte der Bahn.

      Wir warteten, bis die Jüdin mit ihrer Zofe ausgestiegen war, und verließen dann auch den Wagen. Sie hatte uns bis jetzt noch nicht gesehen. Gainesville war damals ein trauriger Ort. Die Gebäude waren nicht Häuser, sondern Hütten zu nennen. Auf der Station gab es keine Unterkunft, und der Ort hatte nur zwei sogenannte Hotels, aber sie wurden eben auch nur so genannt; eine deutsche Dorfkneipe mußte dagegen ein Paradies genannt werden. Wir sahen unsern Flüchtling in dem besser aussehenden Hotel verschwinden. Das bessere Aussehen hatte seinen Grund freilich nur darin, daß es um ein Fenster breiter war als das andere Hotel; es hatte deren drei. Wir gingen auch hinein.

      Im Innern war es so dunkel, daß wir nichts sahen. Es brannte kein Licht; draußen herrschte bereits tiefe Dämmerung, und ihr verschwindender Schein vermochte nicht, durch den Schmutz der winzigen Fensterscheiben zu dringen.

      Von der Seite her vernahmen wir Stimmen; das mochte in der Küche sein, und dort schien auch ein Licht, wenn auch nur ein kleines Talglicht. Eine Männerstimme sagte:

      » All right! Ist alles schon vorgesehen. Werde gleich Licht nach dem Salon bringen.«

      Leichte Schritte kamen von dorther und wurden in unserer Nähe still. Hatte die Jüdin mit dem Wirte gesprochen? War das der Fall, so saß sie jetzt wieder in der Stube, welche von dem Wirte Salon genannt worden war. Wir tasteten uns vorwärts und kamen an eine Tafel, an welcher eine Bank stand. Beide, Tafel und Bank, waren, das fühlten wir, aus roh gehobelten Brettern zusammengezimmert. Wir setzten uns nieder.

      Da kam der Wirt und brachte eine Lampe, welche er auf die Tafel stellte. Sie beleuchtete uns.

      »Halloh, da sind ja noch andere Gäste!« rief er aus. »Willkommen, Gentlemen! Werdet ihr heut hier im Hotel bleiben? Delikates Essen, gute Betten und sehr niedrige Preise.«

      »Werden sehen,« antwortete Emery. »Habt Ihr Bier?

      »Und was für welches! Echt englisches Porter.«

      »So gebt drei Flaschen! Schmeckt uns dieser Göttertrank aber nicht, so trinkt Ihr ihn selber.«

      »Sollte mir lieb sein; werde aber nicht zu diesem Genusse kommen.«

      Inzwischen hatte ich einen andern Genuß, der viel größer war als der seines jedenfalls schlechten Gerstenabsudes. Als er das Licht brachte, sah ich, daß an der Tafel nicht nur die Bank stand, welche wir eingenommen hatten, sondern es befand sich auf der andern Seite eine zweite, und auf dieser saß – Judith mit ihrer Indianerin! Welche Gesichter die beiden machten, als sie mich sahen! Kein Maler hätte die Verblüffung so zu treffen gewußt, wie ich sie in solcher Vollendung in meinem Leben hier zum erstenmal sah. Als der Wirt sich jetzt entfernte, stand ich auf, verbeugte mich und sagte:

      »Mrs. Silverhill, Sie sehen, unser gestriges Zusammentreffen hat mich so für Sie begeistert, daß ich mich nicht von Ihnen zu trennen vermag. Old Shatterhand hat Ihre Spur gefunden, obgleich Sie die Billets durch eine fremde Person kaufen ließen.«

      »Sie – Sie hier in Gainesville!« sagte sie stammelnd.

      »Vermuteten Sie, daß ich jetzt noch in Ihrem Boudoir zu suchen sei? Vielleicht wäre ich trotz aller Ihrer Schönheit in New Orleans geblieben; aber Sie hatten bei Ihrer eiligen Abreise etwas vergessen, was Sie so notwendig brauchen, daß ich mich sofort auf die Bahn setzte, um es Ihnen nachzubringen. Hier ist es, Sennora.«

      Ich zog den Zettel mit dem Eheversprechen aus der Tasche, faltete ihn auseinander und hielt ihn in das Licht der Lampe. Sie las die Zeilen, riß ihn mir aus der Hand und rief.

      »Der gehört mir! Wenn ich nur den Schein habe! Nun mag alles verloren sein, was ich nicht mitnehmen konnte!«

      »Ja, behalten Sie ihn, Sennora. Sie können einen der größten Betrüger damit zwingen, ehrlich gegen Sie zu sein, bevor ihn der Hangman an den Galgen knüpft.«

      Da zischte sie mir wütend zu:

      »Schweigen Sie, Sie größter aller Verleumder! Sennor Hunter ist ein ehrlicher Mann, tausendmal ehrlicher, als Sie sind. Ich habe mit Ihnen nichts zu schaffen; er aber wird sich an Ihnen rächen; darauf verlassen Sie sich!«

      Und sich an den Wirt wendend, fuhr sie fort:

      »Sennor, haben Sie für eine Dame, die unmöglich bei solchen Leuten bleiben kann, ein abgelegenes und verschließbares Zimmer für bis morgen früh, wo ich weiter reise?«

      »Fragen Sie doch nicht erst, Ma'am!« antwortete er. »Ich habe ein Zimmer, in welchem eine Prinzessin sich wie im Himmel fühlen würde.«

      »So bringen Sie mich und meine Kammerzofe sofort hin!«

      Er nahm uns die Lampe weg und führte die beiden Frauenzimmer fort. Das Haus war in zwei Räume geteilt, einen größeren, in dem wir saßen, und einen kleineren, der die Küche und den Aufenthalt des Wirtes bildete. Beide Räume hatten eine Bretterdecke. Die Decke der Küche hatte ein viereckiges Loch; dort legte der Wirt eine Leiter an und kletterte mit der Lampe hinauf. Judith und die Indianerin mußten ihm folgen. Wir blieben im Finstern, bis er nach fast einer Viertelstunde wieder herunter kam und uns ein Talglicht hinsetzte.

      »Entschuldigt, Mesch'schurs!« sagte er. »Ich habe heute nur eine Lampe. Die drei großen Kronleuchter, welche ich in Little Rock bestellt habe, kommen leider erst übermorgen an. Wünscht Ihr auch zu essen?«

      »Ja,« antwortete Emery. »Was giebt es?«

      »Einen feinen Lendenbraten und dazu einen Eierkuchen.«

      »Wer ist der Koch?«

      »Ich selbst. Meine Frau kommt erst übermorgen, und die vier Kellner, welche ich mir verschrieben habe, sollten schon gestern hier sein, werden sich aber verspätet haben, weil der Schneider ihre Fracks nicht zur rechten Zeit fertig gebracht hat.«

      »Dann ist es ein wahres Glück,« fiel ich ein, »daß wenigstens Ihr selbst schon hier eingetroffen seid! Ihr habt mit der Dame da oben gesprochen. Hat sie Euch gesagt, wohin sie will?«

      »Nein.«

      »Oder wann sie fort will?«

      »Auch nicht. Aber Ihr habt vorhin gehört, daß sie ihr Boudoir nur bis morgen früh behalten will.«

      »Können wir hier übernachten?«

      »Natürlich! Ihr sollt wie die Götter schlafen.«

      »Wo?«

      »Hier im Salon. Ihr werdet Betten zum Entzücken haben.«

      »Schön! Kann man hier in diesem gesegneten Gainesville Pferde zum Kaufe bekommen?«

      »Das versteht sich, Sir! Es giebt im ganzen Westen keine solchen Pferde wie hier bei uns. Echt arabisches, persisches und englisches Vollblut! Und Preise, Preise sage ich Euch, die der Rede gar nicht wert sind. Ich bin

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