Satan und Ischariot III. Karl May
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»So wünsche ich nur, daß die Pferde und Sättel besser sind als der echt englische Porter, den Ihr vorhin ebensosehr gelobt habt wie jetzt sie. Was für Ausgänge hat das Boudoir, in dem sich die beiden Damen befinden?«
»Nur den einen, wo sie vorhin hinaufgestiegen sind. Doch verzeiht! Ich muß mich jetzt beeilen, euer Abendessen zu bereiten.«
Dieser »Hotelier« war ein so geriebener Kerl, wie mir kaum schon einer vorgekommen war. Sein Porter war ein selbst zusammengepantschtes Small-beer; dann bekamen wir die ungenießbaren Sehnen von Rinderfüßen als Lendenbraten, und der famose Eierkuchen war nichts anderes, als ein Mehl schlechtester Güte dick in warmem Wasser eingerührt. Die Betten bestanden aus Hobelspänen, und für diese fürstlichen Genüsse hatten wir drei Dollars pro Mann zu bezahlen. Der einzige Trost dabei war, daß die »Prinzessinnen« über der Küche wohl in denselben Genüssen schwelgen mußten, wie wir.
In Bezug auf diese beiden Personen trauten wir dem Manne nicht recht; da wir aber nicht wußten, in welche Richtung wir unser Mißtrauen wenden sollten, so legten wir uns schlafen, doch mit dem Vorsatze, morgen mit dem frühesten aufzustehen.
Mitten in der Nacht weckte mich Winnetou.
»Mein Bruder mag horchen!« sagte er.
Ich lauschte. Von draußen hörte man, aber fern von dem Hause, ein leises Geräusch, wie das Rollen eines Wagens; dann war es wieder still, und nichts ließ sich mehr vernehmen. Wir schliefen also wieder ein, indem wir das Bewußtsein hegten, daß die Jüdin, wenn sie wirklich nur mit Hilfe der Leiter aus ihrem »Boudoir« entweichen konnte, sich gewiß nicht entfernen konnte, ohne von uns gehört zu werden. Wir drei, besonders aber Winnetou, pflegten beim leisesten Geräusch aufzuwachen.
Der Tag graute, als wir aufstanden. Da es an der Thür kein Schloß, sondern nur einen hölzernen Riegel gab, konnten wir aus dem Hause treten, ohne den Wirt zu wecken, welcher, wie wir sahen, noch schlafend in der Küche lag. Wir bemerkten sofort, daß die Leiter dort fehlte, und als wir um die Ecke des Hauses bogen, sahen wir sie dort an der Wand lehnen. Sie reichte bis an einen offen stehenden Laden in dem obern Raume, welchen der Wirt Boudoir genannt hatte. Und nun bemerkten wir auch, daß sich dort eine Thür befand, welche aus der Küche in das Freie führte. Der Wirt wurde natürlich sofort geweckt.
»Wo sind die Damen, die oben schliefen?« fragte ich ihn.
»Fort,« antwortete er, indem sich sein Gesicht in ein schadenfrohes Grinsen zog. »Ich habe sie hinausgelassen.«
»Und heimlich, damit wir es nicht bemerken sollten!«
»Allerdings, Mesch'schurs. Ich gönne meinen werten Gästen gern den Schlaf. Darum habe ich die Küchenthür so leise nach außen geöffnet und die Leiter so leise hinausgeschafft und draußen angelehnt, daß ihr es selbst dann nicht gehört hättet, wenn ihr wach gewesen wäret. Und ebenso leise sind die Damen dann auch durch den Laden herabgestiegen.«
Er sagte das mit einem so merkwürdigen Hohne, daß ich ihn am liebsten hätte ohrfeigen mögen. Ich fragte weiter-.
»Ihr wißt nicht, wohin sie sind?«
»Nein.«
»Und doch habt Ihr sie im Wagen fortgeschafft!«
»Im Wagen?« meinte er erstaunt. »Woher wißt Ihr das?«
Ich dachte an die Worte, welche Judith zu dem Händler gesagt hatte: »Mr. Hunter hat dafür gesorgt, daß ich schnell zu ihm kommen kann.« Sollte er ihr beim Abschiede gesagt haben, er wolle hier einen Wagen für sie bereithalten lassen? Ich antwortete:
»Ich weiß, daß hier bei Euch ein Wagen für eine Mrs. Silverhill gestanden hat!«
»Wenn Ihr es so gewiß wißt, warum soll ich es da leugnen! Er stand drüben an der Station im Schuppen. Ich habe ihn aus Little Rock besorgen müssen und ein Heidengeld dafür bezahlt, obwohl es nur eine alte, ausgediente Ueberlandkutsche war.«
»Nach welcher Richtung ist die Kutsche fort?«
»Das kümmert Euch nicht.«
» Well, ganz wie Ihr wollt, Sir! Nun zeigt uns doch einmal die Pferde, die Ihr uns verkaufen wollt!«
»Ich verkaufe sie nicht. Ich will Euch offen sagen, daß Mrs. Silverhill, die eine sehr feine Dame ist, mich dafür bezahlt hat, daß ich Euch kein Pferd ablasse.«
»So wird es andere Leute geben, bei denen wir welche bekommen.«
»Hier in Gainesville? Da irrt Ihr Euch. Es giebt keinen Pferdehuf hier im Orte, der nicht mir gehört. Schöne Pferde sind's; das muß man sagen. Soll ich sie Euch mal zeigen? Sie stehen da draußen in der Fenz.«
Er sagte das wieder in seinem so niederträchtig schadenfrohen Tone und deutete dabei mit der Hand über die Station hinüber. Ich verstand den Blick, welchen mir Winnetou zuwarf, und antwortete:
»Ansehen kann man sie sich einmal. Zeigt sie uns also!«
Wir hatten alles, was uns gehörte, bei uns und folgten ihm ins Freie, wo, vielleicht zehn Minuten vom Orte entfernt, eine Fenz errichtet war, in welcher sich zwölf Pferde befanden. Es waren einige dabei, welche uns gefielen. Der Mann blieb aber bei seiner Weigerung. Da sagte ich:
»Sir, hat Mrs. Silverhill Euch unsere Namen genannt?«
»Nein.«
»So will ich sie Euch sagen. Hier steht Winnetou, der Häuptling der Apatschen; ich bin Old Shatterhand, von dem Ihr wohl schon gehört habt, und der Dritte von uns ist auch ein Mann, der nicht mit sich spaßen läßt. Ihr verkauft Pferde, und wir brauchen augenblicklich welche; Ihr wollt uns nur aus reiner Schikane keine ablassen. Nun hört, was ich Euch sage; es ist unsere feste Absicht, die wir unbedingt ausführen werden: Wir kaufen Euch dort die zwei Braunen und hier den Schwarzen ab und zahlen Euch für das Stück sofort fünfundachtzig Dollars. Dazu gebt Ihr uns drei alte Sättel mit Zügelzeug, das Stück zu fünfzehn Dollars, macht Summa Summarum dreihundert Dollars. Wollt Ihr nicht, so gehen wir fort. Was darauf geschieht, ist auch einmal jetzt unsere Sache und nicht die Eurige!«
»Wie? Ist's wahr, ist's wahr? Ihr seid Winnetou und Old Shatterhand?« rief er aus. »Wenn das ist, welch eine Ehre! Wie stolz bin ich darauf, erzählen zu können, daß ich solche Männer in meinem Salon bewirtet habe! ja, jetzt gehen mir die Augen auf, Mesch'schurs. Das ist Winnetou, der Häuptling mit der Silberbüchse. Und Ihr habt zwei Gewehre, ein schweres und ein leichtes. Das ist der Bärentöter und der famose Henrystutzen. Mesch'schurs, ihr sollt die Pferde mit den Sätteln haben. Nehmt sie; nehmt sie hin! Und nun will ich euch auch sagen, wohin die Frauen gefahren sind. Sie sind nach Henrietta, wo sie neue Pferde nehmen wollen. Dann gehen sie über die Dryfurt des Red River, um die Canadianstraße der Wagenzüge zu gewinnen, welche nach San Pedro und Albuquerque führt.«
Diese Einwilligung hatte ich nicht erwartet; ich war vielmehr auf eine erneute Weigerung gefaßt gewesen. In dem Falle hätten wir uns augenblicklich auf die drei von mir bezeichneten Pferde gesetzt, ihm für jedes fünfzig Dollars hingeworfen und wären ohne Sattel- und Zaumzeug davongeritten. So aber war es doch viel besser.
Er bat uns, mit ihm ins »Hotel« zurückzukehren, wo wir die Sättel auswählten und sie und die Pferde bezahlten. Während das erstere geschah, war er für einige Augenblicke fortgegangen; aus welchem Grunde,