Erziehungskunst I. Rudolf Steiner

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Erziehungskunst I - Rudolf Steiner

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Mensch nicht gehen kann, wenn gewisse Nerven beschädigt sind, zum Beispiel die, welche nach den Beinen gehen. Man sagt, er könne das nicht, weil er die Nerven gelähmt hat, die als »motorische« die Beine in Bewegung setzen. In Wahrheit ist es so, dass man in einem solchen Fall nicht gehen kann, weil man die eigenen Beine nicht wahrnehmen kann. Dieses Zeitalter, in dem wir leben, hat sich eben notwendigerweise in eine Summe von Irrtümern verstricken müssen, damit wir wieder die Möglichkeit haben, uns aus diesen Irrtümern herauszuwinden, selbständig als Menschen zu werden. Nun merken Sie schon an dem, was ich jetzt hier entwickelt habe, dass eigentlich das Menschenwesen nur begriffen werden kann im Zusammenhang mit dem Kosmischen. Denn indem wir vorstellen, haben wir das Kosmische in uns. Wir waren im Kosmischen, ehe wir geboren wurden, und unser damaliges Erleben spiegelt sich jetzt in uns; und wir werden wieder im Kosmischen sein, wenn wir die Todespforte durchschritten haben werden, und unser künftiges Leben drückt sich keimhaft aus in dem, was in unserem Willen waltet. Was in uns unbewusst waltet, das waltet sehr bewusst für das höhere Erkennen im Kosmos. Wir haben allerdings selbst in der leiblichen Offenbarung einen dreifachen Ausdruck dieser Sympathie und Antipathie. Gewissermaßen drei Herde haben wir, wo Sympathie und Antipathie ineinanderspielen. Zunächst haben wir in unserem Kopf einen solchen Herd, im Zusammenwirken von Blut und Nerven, wodurch das Gedächtnis entsteht. Überall, wo die Nerventätigkeit unterbrochen ist, überall, wo ein Sprung ist, da ist ein solcher Herd, wo Sympathie und Antipathie ineinanderspielen. Ein weiterer solcher Sprung findet sich im Rückenmark, zum Beispiel wenn ein Nerv nach dem hinteren Stachel des Rückenwirbels hingeht, ein anderer Nerv von dem vorderen Stachel ausgeht. Dann ist wieder ein solcher Sprung in den Ganglienhäufchen, die in die sympathischen Nerven eingebettet sind. Wir sind gar nicht so unkomplizierte Wesen, wie es scheinen mag. An drei Stellen unseres Organismus, im Kopf, in der Brust und im Unterleib spielt das hinein, da sind Grenzen, an denen Antipathie und Sympathie sich begegnen. Es ist mit Wahrnehmen und Wollen nicht so, dass sich etwas umleitet von einem sensitiven Nerven zu einem motorischen, sondern ein gerader Strom springt über von einem Nerven auf den anderen, und dadurch wird in uns das Seelische berührt: in Gehirn und Rückenmark. An diesen Stellen, wo die Nerven unterbrochen sind, sind wir eingeschaltet mit unserer Sympathie und Antipathie in das Leibliche; und dann sind wir wieder eingeschaltet, wo die Ganglienhäufchen sich entwickeln im sympathischen Nervensystem. Wir sind mit unserem Erleben in den Kosmos eingeschaltet. Ebenso wie wir Tätigkeiten entwickeln, die im Kosmos weiter zu verfolgen sind, so entwickelt wieder mit uns der Kosmos fortwährend Tätigkeiten, denn er entwickelt fortwährend die Tätigkeit von Antipathie und Sympathie. Wenn wir uns als Menschen betrachten, so sind wir wieder selbst ein Ergebnis von Sympathien und Antipathien des Kosmos. Wir entwickeln Antipathie von uns aus: der Kosmos entwickelt mit uns Antipathie; wir entwickeln Sympathie: der Kosmos entwickelt mit uns Sympathie. Nun sind wir ja als Menschen, indem wir uns äußerlich offenbaren, deutlich gegliedert in das Kopfsystem, in das Brust-System und in das eigentliche Leibessystem mit den Gliedmaßen. Nun bitte ich aber zu berücksichtigen, dass diese Einteilung in gegliederte Systeme sehr leicht angefochten werden kann, weil die Menschen, wenn sie heute systematisieren, die einzelnen Glieder hübsch nebeneinander haben wollen. Wenn man also sagt: Man unterscheidet am Menschen ein KopfSystem, ein Brustsystem und ein Unterleibssystem mit den Gliedmaßen, dann muss nach Ansicht der Menschen jedes System eine strenge Grenze haben. Die Menschen wollen Linien ziehen, wenn sie einteilen, und das kann man nicht, wenn man von Realitäten spricht. Wir sind im Kopf hauptsächlich Kopf, aber der ganze Mensch ist Kopf, nur ist das andere nicht hauptsächlich Kopf. Denn wie wir im Kopfe die eigentlichen Sinneswerkzeuge haben, so haben wir über den ganzen Leib ausgebildet zum Beispiel den Tastsinn und den Wärmesinn; indem wir daher Wärme empfinden, sind wir ganz Kopf. Wir sind nur im Kopfe hauptsächlich Kopf, sonst sind wir »nebenbei« Kopf. So gehen also die Teile ineinander, und wir haben es nicht so bequem mit den Gliedern, wie es die Pedanten haben möchten. Der Kopf setzt sich also fort; er ist nur im Kopfe besonders ausgebildet. Ebenso ist es mit der Brust. Brust ist die eigentliche Brust, ab er nur hauptsächlich, denn der ganze Mensch ist wiederum Brust. Also auch der Kopf ist etwas Brust und auch der Unterleib mit den Gliedmaßen. Die Glieder gehen also ineinander über. Und ebenso ist es mit dem Unterleib. Dass der Kopf Unterleib ist, haben einige Physiologen bemerkt, denn die sehr feine Ausbildung des Kopf-Nervensystems liegt eigentlich nicht in dem, was unser Stolz ist, im Gehirn, in der äußeren Hirnrinde, sondern die liegt unter der äußeren Hirnrinde. Ja, der kunstvollere Bau, die äußere Hirnrinde, ist gewissermaßen schon eine Rückbildung; da ist der komplizierte Bau schon in Rückbildung begriffen; es ist vielmehr schon ein Ernährungssystem im Gehirnmantel vorliegend. So dass der Mensch, wenn man das so vergleichsweise ausdrücken will, sich auf seinen Gehirnmantel gar nichts Besonderes einzubilden braucht; der ist ein Zurückgehen des komplizierteren Gehirns in ein mehr ernährendes Gehirn. Wir haben den Gehirnmantel mit dazu, dass die Nerven, die mit dem Erkennen zusammenhängen, ordentlich mit Nahrung versorgt werden. Und dass wir das über das tierische Gehirn hinausgehende bessere Gehirn haben, das ist nur aus dem Grunde, weil wir die Gehirnnerven besser ernähren. Nur dadurch haben wir die Möglichkeit, unser höheres Erkennen zu entfalten, dass wir die Gehirnnerven besser ernähren, als die Tiere es können. Aber mit dem eigentlichen Erkennen hat das Gehirn und das Nervensystem überhaupt nichts zu tun, sondern nur mit dem Ausdruck des Erkennens im physischen Organismus. Nun fragt es sich: Warum haben wir den Gegensatz zwischen Kopfsystem – lassen wir zunächst das mittlere System unberücksichtigt – und dem polarischen Gliedmaßensystem mit dem Unterleibssystem? Wir haben ihn, weil das Kopfsystem in einem bestimmten Zeitpunkte »ausgeatmet« wird durch den Kosmos. Der Mensch hat durch die Antipathie des Kosmos seine Hauptesbildung. Wenn dem Kosmos sozusagen gegenüber dem, was der Mensch in sich trägt, so stark »ekelt«, dass er es ausstößt, so entsteht dieses Abbild. Im Kopfe trägt wirklich der Mensch das Abbild des Kosmos in sich. Das rund geformte menschliche Haupt ist ein solches Abbild. Durch eine Antipathie des Kosmos schafft der Kosmos ein Bild von sich außerhalb seiner. Das ist unser Haupt. Wir können uns unseres Hauptes als eines Organs zu unserer Freiheit deshalb bedienen, weil der Kosmos dieses Haupt zuerst von sich ausgestoßen hat. Wir betrachten das Haupt nicht richtig, wenn wir es etwa in demselben Sinne intensiv eingegliedert denken in den Kosmos wie unser Gliedmaßensystem, mit dem die Sexualsphäre ja zusammengehört. Unser Gliedmaßensystem ist in den Kosmos eingegliedert, und der Kosmos zeiht es an, hat mit ihm Sympathie, wie er dem Haupt gegenüber Antipathie hat. Im Haupte begegnet unsere Antipathie der Antipathie des Kosmos, die stoßen dort zusammen. Da, in dem Aufeinanderprallen unserer Antipathien mit denen des Kosmos, entstehen unsere Wahrnehmungen. Alles Innenleben, das auf der anderen Seite des Menschen entsteht, rührt her von dem liebevollen sympathischen Umschlingen unseres Gliedmaßensystems durch den Kosmos. So drückt sich in der menschlichen Leibesgestalt aus, wie der Mensch auch seelisch aus dem Kosmos heraus gebildet ist und was er in seiner Trennung wiederum aufnimmt aus dem Kosmos heraus. Sie werden daher auf Grundlage solcher Betrachtungen leichter einsehen, dass ein großer Unterschied ist zwischen der Willensbildung und der Vorstellungsbildung. Wirken Sie besonders auf die Vorstellungsbildung, wirken Sie einseitig auf die Vorstellungsbildung, so weisen Sie eigentlich den ganzen Menschen auf das Vorgeburtliche zurück, und Sie werden ihm schaden, wenn Sie ihn rationalistisch erziehen, weil Sie dann seinen Willen einspannen in das, was er eigentlich schon absolviert hat: in das Vorgeburtliche. Sie dürfen nicht zu viel abstrakte Begriffe in das einmischen, was Sie in der Erziehung an das Kind heranbringen. Sie müssen mehr Bilder darin einmischen. Warum? Das können Sie an unserer Zusammenstellung ablesen. Bilder sind Imaginationen, gehen durch die Phantasie und Sympathie. Begriffe, abstrakte Begriffe, sind Abstraktionen, gehen durch das Gedächtnis und durch die Antipathie, kommen vom vorgeburtlichen Leben. Wenn Sie also beim Kinde viele Abstraktionen anwenden, werden Sie fördern, dass das Kind sich besonders intensiv verlegen muss auf den Prozess des Kohlensäurewerdens, Kohlensäurebildens im Blute, auf den Prozess der Leibesverhärtung, des Absterbens. Wenn Sie dem Kinde möglichst viele Imaginationen beibringen, wenn Sie es möglichst so ausbilden, dass Sie in Bildern zu ihm sprechen, dann legen Sie in das Kind den Keim zum fortwährenden Sauerstoffbewahren, zum fortwährenden Werden, weil Sie es auf die Zukunft, auf das Nachtodliche hinweisen. Wir nehmen gewissermaßen, indem wir erziehen, die Tätigkeiten, die vor der Geburt mit uns Menschen ausgeübt werden, wieder auf. Wir müssen uns heute gestehen: Vorstellen ist eine Bildtätigkeit, die herrührt von dem, was wir vor der Geburt oder Empfängnis erlebt haben. Da ist mit uns von den geistigen Mächten so verfahren worden, dass Bildtätigkeit in uns gelegt wurde, die in uns nachwirkt

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