Die Erdrakete. Johannes Hahn

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Die Erdrakete - Johannes Hahn

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      “Am besten noch, ohne dass es jemand von den Erwachsenen merkt”, meinte Tina. “Sonst lässt uns sowieso keiner mit dem U-Boot fahren. Von wegen gefährlich und so. Aber ein U-Boot hat doch immer so einen Ausguck, so einen Turm drauf, oder ein Sehrohr.“

      “Das Periskop, ja klar. Aber so was kann ja auch eingezogen werden. Oder es hat eben eine andere Technik, mit der die Besatzung ihren Standort und die Umgebung bestimmen und beobachten kann“, sagte Carlos.

      “Besatzung? Da passen doch höchsten wir beide rein, wenn überhaupt. Komisches U-Boot.”

      “Weißt Du was, wir vermessen das Ding und machen eine Zeichnung. Mein Vater ist doch Ingenieur und kennt sich mit verschiedensten Maschinen aus. Dann lassen wir ihn mal raten, was das sein könnte. So als Quiz getarnt, oder mal wieder als Schulprojekt, was meinst Du?”

      Tina und Carlos räumten die Werkzeuge wieder in den Schuppen und begannen ihr Fundstück zu vermessen. Carlos notierte die Maße und Tina zeichnete die Umrisse der halb freigelegten Maschine. Sie vermutete, dass die Unterseite der Maschine in etwa die gleiche Form hatte wie der jetzt sichtbare Teil und zeichnete den Apparat auch so.

      Schließlich klopften sich die beiden so gut es ging die Erde aus den Klamotten und gingen zurück zum Haus. Tina öffnete die Tür und rief zu ihrer Mutter hinein: „Wir gehen noch mal zu Carlos - ja doch, ich komme nicht so spät zurück.“

      Carlos´ Vater saß im Büro des Schrottplatzes fluchend über der Steuererklärung. “Das ist es, was ich an diesem Land hasse”, sagte er und deute auf einen Telefonbuchdicken Stapel von Formularen.

      “Papa, da haben wir die passende Ablenkung für Dich“, sagte Carlos. “Guck mal hier, von unserem Technologie-Projekt in der Schule. Jeder soll einen Plan von einer Maschine oder so etwas abzeichnen, mit den Abmessungen drauf, aber sonst ohne irgendwelche Hinweise darauf, was es für einen Maschine ist, welchem Zweck sie dient usw. Die tauschen wir aus und müssen dann herausfinden, was es sein könnte.”

      “Na, dann zeig mal“, sagte Herr Domingo und schien tatsächlich erfreut über die Ablenkung, die ihm diese Aufgabe von der verhassten Steuererklärung bot.

      Er beugte sich über den Plan und blickte kurze Zeit später ruckartig auf.

      “Was hast Du denn eigentlich für einen Plan ins Rennen geschickt, mein Sohn?”, wandte sich Herr Domingo etwas argwöhnisch an Carlos.

      “Och, diesen Zigarrenroller von Dir, Du weißt schon.”

      “Was? Meine vollautomatische Zigarrenrollmaschine? Maschinell wie von Hand gerollt - das habe ich noch nicht als Patent angemeldet. Wenn mir das jetzt einer klaut!“

      “Papa, ruhig Blut. Die Zeichnung versteht doch sowieso keiner. Aber was ist denn mit meiner Aufgabe. Du willst doch, dass ich gute Noten kriege, also hilf mir doch bitte ein bisschen. Ich glaube ja, dass es ein U-Boot ist.“

      Herr Domingo betrachtete erst jetzt so richtig die Zeichnung, die er in der Hand hielt und runzelte die Stirn. “Vier Meter lang, Einstiegsluken, so eine Art Seiten und Höhenruder… Hmmm.

      Zweifelsohne irgendetwas, dass sich bewegt, sonst macht diese Form keinen Sinn. Aber ein U-Boot kann es irgendwie auch nicht sein, da kann kein Platz sein für Ballast. Oder wenn, dann nur ein ferngelenktes U-Boot. Unbemannt, sozusagen. Torpedo.

      Könnte auch eine Rakete sein - aber auch da wieder eigentlich zu klein, da ist ja kein Platz für einen Antrieb. Wenn da Menschen drin sitzen sollen wäre das verdammt eng. Und da bleibt die große Frage, wie es angetrieben wird. Es könnte eine Art Raketenkapsel sein. Also ein Fluggerät, das einen externen Antrieb braucht, eine Trägerrakete oder so was, die das Ding ins All schießt und später abgeworfen wird.

      Tut mir leid, so richtig kann ich das nicht beantworten. Ich denke, ihr habt keine Hausaufgaben übers Wochenende auf? Und was bekommt ihr denn da für Aufgaben in der Schule, das ist ja schlimmer als eine Steuererklärung!”

      Die Rakete

      Die Rakete

      Am Samstagmorgen hatte Tina es eilig mit dem Frühstück. Sie wollte so schnell wie möglich aus dem Haus, um mit Carlos die Maschine weiter freizulegen und zu erforschen. Tinas Eltern wollten wie üblich am Samstagvormittag einkaufen - und diesmal auch noch irgendwo einen Kaffee trinken. Für dieses Kaffeetrinken musste Papa seine geliebte Sperrmülltour ausfallen lassen, was ihm sichtbar Unbehagen bereitete. Ein bisschen genießen, wie Tinas Mama sagte. Es sei ja schließlich das letzte Urlaubswochenende, bevor am Montag für sie wieder der normale Arbeitsalltag beginnen würde.

      Na endlich gehst Du wieder arbeiten, dachte Tina, und räumst nicht immer vor Langeweile ungefragt mein Zimmer auf. Laut sagte sie: “Ich geh´ raus und treff´ mich mit Carlos, bis später!”

      Carlos, der es auch eilig gehabt hatte, von zu Hause wegzukommen, stand schon vor ihrer Tür. Sie schlichen in den Garten und gelangten, von Tinas Eltern ungesehen, hinter Opas Werkstattschuppen.

      „Wieso heißt der eigentlich Opas Werkstattschuppen?”, fragte Carlos. „Du hast hier doch gar keinen Opa mehr.“

      „Aber es war eben sein Werkstattschuppen“, sagte Tina. „Er war wohl Erfinder und hat hier gearbeitet. Und ob er nun wirklich tot ist weiß ich gar nicht. Papa redet nicht drüber und Mama scheint auch nicht wirklich etwas zu wissen.“

      „Mensch, dann ist das vielleicht eine Erfindung von ihm“, sagte Carlos.

      Tina überlegte. “Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Gestern Abend habe ich sogar plötzlich Angst bekommen, es könnte eine Bombe sein. Von wegen Rakete ohne Antrieb, weißt Du. Manchmal werden doch heute noch Bomben aus dem zweiten Weltkrieg gefunden - und so was ist natürlich ziemlich gefährlich. Wenn das Ding von meinem Opa ist, würde das zumindest erklären, warum es hier liegt. Egal ob es nun ein U-Boot oder eine Rakete oder eine Zigarrenrollmaschine ist.”

      “Oh nee, mein Vater ist der erste und einzige Erfinder der Zigarrenrollmaschine! Ich hätte in echt ja auch niemals seinen Plan dieser Maschine irgendjemandem in die Hand gedrückt, solange er noch kein Patent angemeldet hat. Aber Patent anmelden ist verdammt teuer. Vielleicht ist die Maschine wirklich gut und trotzdem kann mein Vater sie nicht anmelden. Aber jetzt sollten wir uns erstmal mit diesem Gerät beschäftigen.

      Rakete ohne Antrieb - tolle Erfindung von deinem Opa!”

      Tina beugte sich zu der Maschine hinunter. “Da sind doch Öffnungen, Luken oder so was. Die müssen doch irgendwie zu öffnen sein”:

      Carlos kniete sich nun ebenfalls auf den Boden und fuhr mit dem Finger an der ovalen Naht entlang, die kaum wahrnehmbar die Außenhaut der Maschine unterbrach. Es war ganz offensichtlich eine Öffnung, und die Tür oder Luke verschloss diese Öffnung so perfekt, wie er es noch nirgendwo anders gesehen hatte.

      “Wie soll das denn aufgehen?” fragte Carlos. “Da ist kein Griff, kein Knopf, rein gar nichts.”

      Tina begutachtete gerade die kleine Rückenflosse, die zwischen den beiden perfekt verschlossenen Luken emporragte. “Guck mal„, sagte sie, „hier ist doch irgendetwas.“ Sie deutete auf eine runde Stelle direkt hinter der Rückenflosse, die sich farblich vom metallischen Blau der Außenhaut abhob. “Nicht gerade eine Türklinke, aber vielleicht ein Sensor oder ein Schalter“. Tina drückte mit dem Daumen kräftig auf

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