Orangen und Datteln. Karl May

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Orangen und Datteln - Karl May

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aus der Zemzemiëh getrunken!«

      »So sage mir den Surat el kafirun!«

      Diese Sure ist die hundertundneunte des Koran und findet bei den Muselmännern oft eine eigentümliche Anwendung. Dieses Kapitel muß nämlich ein Moslem hersagen, wenn man ihn für betrunken hält. Die einzelnen Verse unterscheiden sich nur dadurch voneinander, daß dieselben Worte in ihnen eine verschiedene Stellung haben, und ein Betrunkener wird es nur selten dahin bringen, sie nicht zu verwechseln. Deutsch heißt diese Sure: »Sprich: O ihr Ungläubigen, ich verehre nicht das, was ihr verehret, und ihr verehret nicht, was ich verehre, und ich werde auch nicht verehren das, was ihr verehret, und ihr werdet nie verehren das, was ich verehre. Ihr habt eure Religion und ich die meinige.« In arabischer Sprache ist allerdings die richtige Recitation eine viel kritischere und schwierigere als im Deutschen.

      »Du hast kein Recht, Sihdi, mir den Surat el kafirun abzuverlangen, denn du bist nicht ein Moslem, sondern ein Christ.«

      »Du würdest ihn sagen, doch du vermagst es nicht. Du glaubst, ein Moslem dürfe einem Christen nicht gehorchen; warum bist du dann mein Diener geworden? Du hältst es für kein Verbrechen, das Ma-el-Zat zu trinken, aber daß du es mir gestohlen hast, kannst du nicht leugnen. Der Koran bestraft den Dieb, und auch du wirst deine Strafe haben!«

      »Kannst du einen Rechtgläubigen bestrafen, Sihdi? Geh zum Kadi!«

      »Ich brauche deinen Kadi nicht!«

      Hassan war nur unser Führer, und da die Aufsicht über das Gepäck Sache des Staffelsteiners war, so wußte der gute Kubaschi nicht, welchen Inhalt das Fäßchen außer dem Spiritus noch hatte. Ich nahm das Messer her. In wenigen Augenblicken waren die oberen Reifen zerschnitten und losgesprengt; ich schlug den Boden auf und hielt dem Menschenwürger nun das übelaussehende und noch übler riechende Gewürm unter die Nase.

      »Hier hast du dein Ma-el-Zat, Hassan!«

      Er spreizte die Beine aus, warf alle zehn Finger in die Luft und schnitt ein Gesicht, in welchem sich alle in dem Gefäße befindlichen Figuren wiederspiegelten.

      »Bismillah, Sihdi, was habe ich da getrunken! Allah inhal el rhuschar, Allah verderbe dieses Faß; denn mir ist's in meiner Gurgel, als hätte ich die ganze Dschehenna hinuntergeschluckt mit zehn Millionen von Geistern und Teufeln!«

      »Dies ist der eine Teil deiner Strafe; der andere mag in der Wunde bestehen, welche dir Yussuf gestern gestoßen hat. Ihr seid quitt!«

      »Sihdi, die Wunde ist nicht so schlimm als dieses Ma-el-Zat. Paß auf, es wird mich im Augenblicke umbringen!«

      Ich hatte keine Lust, mich an dem weiteren Anblick des traurigen Djezzar-Bei zu weiden, und gab Josef, der mittlerweile aufgewacht und herbeigekommen war, den Befehl, die Tiere auf ein Reservefäßchen zu füllen, welches ich glücklicherweise bei mir führte. Dieses war nun jedenfalls vor den Angriffen Hassans sicher, der wohl nicht gleich wieder Appetit nach der Nuktha der Fröhlichkeit verspürte.

      Wir brachen auf und setzten unsere Wanderung bis gegen Mittag fort, wo wir zu unserem Erstaunen auf die Spur einer zahlreichen Karawane trafen.

      »Allah akbar, Gott ist groß,« meinte Hassan, der sich bisher sehr kleinlaut verhalten hatte; »er dürstet nie und kennt alle Wege der Wüste; was aber will diese Kaffilah im Ghud, wo es kaum eine Quelle giebt, aus welcher zwei Tiere genug zu trinken bekommen?«

      »Zählt die Spuren!« gebot ich.

      Wir fanden Eindrücke von Menschen-, Pferde- und Kamelsfüßen. Die Djemmels waren meist schwer beladen; wir hatten also eine Handelskarawane vor uns. Eine genaue Uebersicht ergab sechzig Lastkamele, elf Satteltiere, und zwei Fußgänger nebst drei Reitern zu Pferde, welche uns die Gewißheit gaben, daß sich die Karawane verirrt haben müsse, denn hier gab es für mehrere Tagereisen nicht so viel Wasser, um ein einziges Pferd zu erhalten.

      »Diese Kaffilah kommt aus Air und geht nach Safileh oder gar nach Tibesti,« bestimmte der Tebu.

      »Dann hat sie sich einem sehr unwissenden Führer anvertraut, daß sie sich so außerordentlich weit verirren konnte.«

      »Der Khabir ist nicht unwissend, Sihdi,« antwortete er mit einem eigentümlichen Lächeln um die aufgeworfenen Lippen. »Der Hedjahn-Bei nimmt in seiner Gum keinen Mann an, der die Wüste nicht kennt.«

      Was konnte er meinen? Der Gedanke, welcher mir kam, war allerdings ungeheuerlich.

      »Du denkst, der Khabir führt die Kaffilah in die Irre?«

      »So ist es, Sihdi. Ein Khabir kann sich um einige Fußbreit des Schattens irren, doch er kann nicht das Bab-el-Ghud mit dem Safileh verwechseln. Wenn er etwas nicht genau weiß, so hat er seinen Schech el Djemali (Obersten der Kameltreiber), den er fragen kann. Sieh diese Darb, Sihdi; die Djemmels sind nicht gegangen, sondern sie haben sich nur noch geschleppt. Liegt hier nicht ein leerer Schlauch, der hart ist wie Holz? Die Kaffilah hat kein Wasser mehr. Der Khabir führt sie dem Hedjahn-Bei entgegen, und sie wird untergehen, wenn wir ihr nicht Hilfe bringen.«

      »Dann vorwärts, ihr Leute, daß wir sie erreichen!«

      Ich wollte forteilen, doch der Tebu ergriff das Halfter meines Kameles.

      »Rabbena chaliëk, Gott erhalte dich, Sihdi, denn du gehst einer großen Gefahr entgegen, die du dir nicht mit den Augen deines Geistes angeschaut hast. Was wirst du dem Khabir sagen, wenn er dich fragt, was du im Sandmeer thust?«

      »Ich werde ihm sagen, daß ich von Sehliet komme, um nach Dongola zu reisen, und mich verirrt habe. Oder ich werde ihm auch nichts sagen, wenn es mir beliebt. Die Gefahr, in welche mich dieser Khabir bringt, ist nicht so groß wie ein Nagel an der Sohle meines Schuhes; wenn ich auf ihn trete, muß er gehorchen. Hhein!«

      Josef und Hassan hatten nicht so schnelle Tiere wie der Tebu und ich; ich bedeutete sie daher, uns langsamer zu folgen, während wir im raschen Trott vorausritten.

      Die Kaffilah vor uns mußte wirklich sehr notleiden, denn hier und da fanden wir einen Gegenstand, welcher vor Müdigkeit oder aus Verzweiflung weggeworfen worden war. Die Eindrücke zeigten, daß die Bewegungen der Tiere immer müder und langsamer geworden waren, und besonders die Pferde schienen dem Umsinken nahe, denn sie hatten sehr oft gestolpert.

      Da endlich sahen wir vor uns zwischen den Dünen einige weiße Kapuzen zum Vorschein kommen, und bald befanden wir uns bei den hinteren Reitern der Karawane, deren Tiere die müdesten waren und den andern nur sehr schwer zu folgen vermochten. Sie sahen bei unserm rüstigen Erscheinen freudig erstaunt auf und erwiderten mit neu erwachender Lebhaftigkeit unsern Gruß.

      »Wer ist der Khabir dieser Kaffilah?« fragte ich.

      »Gieb uns zu trinken, Sihdi!« war die Antwort.

      Ich hatte einen meiner großen Schläuche mit vorangenommen und reichte ihnen den verlangten Trunk. Augenblicklich hatte ich beinahe die ganze Kaffilah um mich versammelt, und alles begehrte Wasser. Nur zwei schlossen sich von dieser Bitte aus, ein Tuareg, welcher ein ausgezeichnetes Bischarinhedjihn ritt, und ein Beduine, welcher zu Fuße an der Spitze des Zuges gegangen war; ich vermutete in ihm den Schech el Djemali. Beide beobachteten mich mit halb erstaunten, halb finsteren Blicken.

      Ich gab jedem nur so viel zu trinken, daß mein Schlauch für alle reichte, und wiederholte sodann meine Frage:

      »Welcher unter euch ist der Khabir?«

      Der

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