Orangen und Datteln. Karl May

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Orangen und Datteln - Karl May

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Gruß von dir. Hast du nicht vernommen, daß mein Mund die ganze Kaffilah grüßte und meine Hand jeden tränkte, der des Wassers bedurfte? Seit wann sind die Lippen des Gläubigen verschlossen, wenn ihm der Wanderer Heil und Frieden bietet?«

      Der Tebu sah mich erstaunt an; er war tapfer, aber in diesem Tone hätte er vielleicht doch nicht mit dem Tuareg gesprochen. Die Augen des Khabir wurden noch größer als diejenigen des Tebu.

      »Sal – aaleik« – grüßte er kurz, grad wie der Bote, welchen der Karawanenwürger nach Algier geschickt hatte. »Wie viele Leben hast du, daß deine Zunge solche Worte spricht?« fügte er stolz hinzu.

      »Sal – aal – – Nur ein einziges, grad wie du, doch scheint es mir lieber zu sein, als dir das deinige.«

      »Warum?« brauste er auf.

      Ich mußte einlenken.

      »Weil du dich in dieser Wüste verirrest und verschmachten wirst, wenn du den rechten Weg nicht wiederfindest.«

      »Ich verirre mich nie,« entgegnete er, indem er eine ernste Besorgnis nicht verbergen konnte. Er mußte natürlich annehmen, daß ich jetzt sagen würde, daß sich die Karawane in einer falschen Richtung befinde. »Allah gab trockene Luft, daß unser Wasser auf die Neige ging; er wird uns morgen an einen Brunnen führen.«

      »Wohin geht diese Kaffilah?«

      »Mußt du es wissen?«

      »Hast du Grund, es zu verschweigen?«

      »Sie geht nach Safileh.«

      Ich nickte wie einverstanden mit dem Kopfe,

      »Auch ich will nach Safileh. Erlaubst du mir, mit euch zu ziehen?«

      Er atmete beruhigt auf, obgleich ich es ihm ansah, daß er nicht wußte, wie er sich mein Verschweigen seines Verrates deuten sollte.

      »Wie ist dein Name, und zu welchem Stamme gehörest du?«

      »Ich bin ein Franke, dessen Namen deine Zunge nicht auszusprechen vermag.«

      »Ein Franke bist du, ein Christ?« fragte er. Und sich zu den andern wendend, setzte er hinzu: »Ihr habt von einem Giaur euch Wasser reichen lassen!«

      Sie wichen von mir zurück; ich aber drängte mein Kamel so hart an das seinige, daß er nach seinem Messer griff, und sagte:

      »Vergiß dieses Wort nicht, Khabir, denn du wirst es sühnen müssen!«

      Seit meines offenen Geständnisses, daß ich ein Ungläubiger sei, wußte er sich sicher. Ich hätte ihn immerhin verdächtigen können, die fanatischen Muselmänner, aus denen die Karawane bestand, hätten mir doch keinen Glauben geschenkt. Jetzt ließ er auch den Grund vernehmen, dessentwegen er mich bei meinem Erscheinen so erstaunt und finster, so argwöhnisch gemustert hatte.

      »Von wem hast du dieses Bischarin? Ein Moslem verkauft ein solches Tier nicht an einen Ungläubigen.«

      »Ich erhielt es zum Geschenk von einem Gläubigen, den ich aus dem Rachen des Löwen errettete.«

      »Du lügst! Ein Giaur fürchtet den Herrn des Erdbebens, und der, welchem dieses Bischarinhedjihn gehörte, kommt nicht unter die Tatzen des Löwen.«

      Ich griff nach meiner Kamelpeitsche.

      »Höre, Ben Kelb, du Hundesohn! Sagst du noch einmal, daß ich lüge, so gebe ich dir diese Peitsche in das Gesicht, und du weißt, daß der Koran sagt, Mikäil, Dschebrail, Issrafil und Asrail, die vier Erzengel, lassen keinen Gläubigen in das Paradies, der von einem Christen geschlagen wurde.«

      Das war die allerärgste Beleidigung, welche ihm widerfahren konnte. Die abgematteten Reiter, welche ich soeben erst getränkt hatte, drängten sich drohend um mich, und der Khabir griff zur Pistole, welche er aus seinem Gürtel zog.

      »Steige vom Dschemmel, Giaur, denn ehe du die Seele deinem Gott befehlen kannst, wird dich der Scheitan durch die Lüfte führen!«

      Er spannte den Hahn. Der wackere Tebu hielt hart an meiner Seite und griff zur Lanze, um mich zu verteidigen. Jetzt konnte ich die Macht der Anaïa, welche ich am Birket el fehlate erhalten hatte, erproben. Der Khabir kannte mein Bischarin, er mußte auch den kennen, von dem ich es erhalten hatte. Uebrigens bemerkte ich sowohl bei ihm als auch bei dem Schech el Djemali die verräterischen Buchstaben A. L., welche mir das übrige erklärten.

      Ich zog das Korallenstück hervor und hielt es ihm entgegen.

      »Stecke deine Waffe ein, sonst bekommt der Scheitan deine Seele, aber nicht die meinige! Wirst du gehorchen oder nicht?«

      Ich sah, wie er erschrak.

      »Allah akbar, Gott ist groß, Sihdi, und du stehst unter einem Schutze, der stärker ist, als selbst die Macht des Teufels. Ich sehe, daß du die Wahrheit sagst: Du hast einen Gläubigen aus dem Rachen des Löwen errettet und dafür sein Hedjihn bekommen. Ziehe mit uns, so weit du willst!«

      Das war es, was ich wünschte. Diese Erlaubnis machte mich zum Mitgliede der Kaffilah und gab mir das Recht, für das Wohl derselben gegen den Khabir zu sprechen und zu handeln.

      »So zieh weiter; meine Diener werden uns erreichen!«

      »Wie viele Diener hast du bei dir, Sihdi?« fragte er, wieder mißtrauisch.

      »Zwei außer diesem. Sie waren dabei, als ich den Herrn des Erdbebens tötete. Wenn sie kommen, kannst du seine Haut sehen und auch die Felle der Panther, welche meine Kugel traf.«

      »Was thust du in der Wüste?«

      »Ich will Assad-Bei töten und auch noch mit anderen Beis sprechen.«

      Er war befriedigt und winkte zur weiteren Fortsetzung des Rittes. Ich hielt mich mit dem Tebu am Ende des langsam dahinschleichenden Zuges.

      »Allah kerihm, Gott ist gnädig, Sihdi, er schützt die Gläubigen. Du aber bist ein Christ und wagst dein Leben, obgleich dir Allah keine Hilfe giebt.«

      »Allah ist nicht mächtiger als mein Gott, der im Himmel wohnet; er hat alle Macht, und wir sind seine Kinder.«

      »Aber kein Ben Arab hätte mit dem Khabir deine Worte gesprochen. Der Engel des Todes schwebte über deinem Haupte. Du bist stark und kühn, wie Sihdi Emir, der Behluwan-Bei.«

      »Ein mutiger Finger ist besser als zwei Hände voll Waffen; auch du bist wacker und treu; ich werde Sihdi Emir davon erzählen. Werden wir im Bab-el-Ghud Wasser finden?«

      »Es giebt dort zwei verborgene Quellen, aus denen zehn Kamele trinken können.«

      »So kann sich die Kaffilah halten, bis ihr Hilfe wird, wenn sie nicht der Hedjahn-Bei vernichtet.«

      »Was wirst du thun, um sie zu erretten?«

      »Ich muß erst meine Seele fragen. Sihdi Emir ist am Bab-el-Ghud?«

      »Er wartet dort, doch er weiß nicht, wann du kommst; er kann für kurze Zeit gewichen sein.«

      »Wird die Kaffilah das Dünenthor erreichen?«

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