Rudyard Kipling - Gesammelte Werke. Rudyard Kipling

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Rudyard Kipling - Gesammelte Werke - Rudyard Kipling

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mir, was dich bedrückt. Gut, du hast nicht schlafen können, aber was bedeutet der übrige Unsinn?«

      »Einen Platz - einen Platz da unten«, sagte Hummil schlicht. Das Mittel wirkte offensichtlich wie Ebbe und Flut; der Ausdruck in Hummils Gesicht schwankte hin und her: ging über von zitternder, kindischer Angst in das bewußte Ausweichen des Mannes vor einer drohenden Gefahr. Je nachdem sein Bewußtsein sank oder stieg.

      »Gott im Himmel, Spurstow; ich habe mich schon seit Monaten davor gefürchtet. Es hat mir jede Nacht zur Hölle gemacht; und doch bin ich mir nicht bewußt, jemals etwas Böses getan zu haben.«

      »Bleib ruhig! Werde dir noch eine Dosis geben. Wollen mal zuerst das Albdrücken beseitigen, du unverbesserlicher Narr.«

      »Ja! Aber gib mir so viel, daß ich nicht mehr aufstehen kann. Du mußt mich in festen Schlaf versenken und nicht so halb betäuben. Man läuft dann so schwer davon!«

      »Ich weiß, ich weiß. Hab's selber erlebt. Die Symptome sind genau so, wie du sie beschreibst.«

      »Lach mich doch nicht aus, du Schuft! Ehe diese entsetzliche Schlaflosigkeit über mich kam, hab ich versucht, auf die Ellenbogen gestützt, zu ruhen. Hab mir einen Sporn ins Bett gelegt, um mich zu stechen, wenn ich zurückfiel. Schau her!«

      »Bei Gott, der Mensch ist zerstachelt wie ein Gaul! Von einer Nachtmahr geritten, die ihn verderben will. Und wir alle haben ihn für einen vernünftigen Menschen gehalten. Wie soll ich mir das deuten? Der Himmel kenne sich da aus. – Sag mal, Hummil, neigst du zu Selbstgesprächen?«

      »Ja. Bisweilen. Aber nicht, wenn ich mich fürchte; dann muß ich laufen; du nicht auch?«

      »Natürlich. Immer. Versuch mal jetzt, mir alles genau zu schildern, was dich quält, bevor ich dir die zweite Spritze gebe.«

      Hummil erzählte wohl zehn Minuten lang in gebrochenem Flüsterton, und Spurstow beobachtete dabei seine Pupillen, oder bewegte die Hand vor seinen Augen hin und her.

      Als die Schilderung zu Ende war, wurde die Morphiumspritze angesetzt, und Hummils letzte Worte lauteten, als er zum zweitenmal zurücksank: »Versenk mich in tiefen Schlaf, denn wenn es mich zu packen kriegt, dann muß ich sterben -sterben.«

      »Jawohl, das müssen wir alle früher oder später – dank dem Himmel, der unserer Leidenszeit hier auf Erden ein Ziel gesetzt hat«, brummte Spurstow und schob die Polster unter dem Kopf des Schlafenden zurecht. »Kann mir sogar gleich jetzt passieren, wenn ich nicht sofort etwas trinke. Ich schwitze nicht mehr und - fühl schon einen siebzehn Zoll breiten Kragen.« Schnell kochte er sich einen brühheißen Tee; das beste Mittel gegen Hitzschlag, wenn man drei bis vier Tassen hintereinander trinkt. Dann beobachtete er den Schläfer.

      »Hm, ein blindes Gesicht, das immer weint und sich die Tränen nicht abwischen kann? Sonderbar! Ein blindes Gesicht, das ihn die Korridore entlang jagt? Hm! Hummil muß Urlaub kriegen! So bald wie möglich. Gleichgültig, ob er bei Sinnen ist, oder nicht. Ohne Zweifel ist er furchtbar zugerichtet. Der Himmel kenne sich da aus!«

      Gegen Mittag stand Hummil auf, mit üblem Geschmack im Mund, aber die Augen klar und Freude im Herzen.

      »Bin wohl recht krank gewesen in der Nacht, was?«

      »Ich hab schon gesündere Leute gesehen. Du mußt einen Sonnenstich gehabt haben. Hör mal: wenn ich dir jetzt ein ausführliches ärztliches Zeugnis ausstelle, wirst du dann, und zwar sofort, um einen Urlaub einreichen?«

      »Nein.«

      »Warum denn nicht? Du hast's nötig!«

      »Freilich. Aber ich kann's hier schon noch aushalten, bis das Wetter kühler wird.«

      »Wozu das, wenn du doch sofort Urlaub bekommen kannst?«

      »Burkett wäre der einzige, den sie mit meiner Arbeit betrauen könnten, aber der ist ein geborener Narr.«

      »Mach dir deswegen doch keine Sorgen. Du bist gar nicht so wichtig hier. Telegrafiere um Urlaub!«

      Hummil sah sehr besorgt drein.

      »Ich kann's aushalten bis zur Regenzeit«, sagte er ausweichend.

      »Nein, du kannst es nicht. Depeschiere ins Hauptquartier um Burkett.«

      »Ausgeschlossen! Wenn du's durchaus wissen willst: Burkett ist verheiratet, und seine Frau hat vor kurzem ein Kind gekriegt; sie ist oben im Kühlen - in Simla. Er hat eine Freikarte und fährt jeden Samstag bis über den Sonntag zu ihr. Wenn er versetzt wird, geht sie mit ihm, und sie ist durchaus nicht sehr wohl, die kleine Person. Läßt sie das Baby zurück, so ängstigt sie sich zu Tod; und geht sie mit ihm, so stirbt sie hier bestimmt. Burkett wird darauf bestehen, daß sie mit ihm geht, denn er ist einer jener egoistischen Spießbürger, die immer behaupten, eine Frau müsse beständig um ihren Mann sein. Es ist geradezu Mord, eine Frau um diese Zeit herzubringen. Und auch Burkett hat kein so zähes Leben wie eine Ratte. Wird er herversetzt, ist's aus mit ihm; und sie hat kein Vermögen - folglich war's auch aus mit ihr. Ich bin einigermaßen abgebrüht und ledig. Wart bis zur Regenzeit; dann mag meinetwegen Burkett kommen und hier abmagern. Wird ihm auch nicht schaden.«

      »Mit andern Worten, du willst also bis zur kühleren Jahreszeit dem ins Gesicht sehen, was du bisher bereits erlebt hast?«

      »Ach, es wird nicht so schlimm werden jetzt, wo du mir gezeigt hast, wie ich ihm entrinnen kann. Ich kann dir ja täglich telegrafieren. Wenn ich mich wieder in den Schlaf flüchten kann, wird alles gut gehen. Um Urlaub suche ich unter keinen Umständen nach. Damit Schluß.«

      »O du großer - Scott! Und ich hab geglaubt, dre Sache sei so gut wie abgemacht!«

      »Quatsch. Du würdest auch nicht anders handeln. Ich bin jetzt ein neuer Mensch - dank deinem Zigarettenetui. Du kehrst nunmehr ins Lager zurück, was?«

      »Jawohl; werde aber jeden zweiten Tag, wenn's mir möglich ist, nach dir schauen kommen.«

      »Ach was, so krank bin ich doch gar nicht. Ich möchte dich nicht behelligen. Gib lieber deinen Kulis regelmäßig ihren Branntwein mit Pfeffersauce.«

      »Du fühlst dich also wirklich ganz wohl?«

      »Hinreichend, um fest im Leben, wenn auch nicht noch länger mit dir hier in der Sonne stehen zu können. Geh jetzt, altes Haus, und Gott behüte dich!«

      Und Hummil kehrte sich auf dem Absatz um und wollte zurückgehen in die echoreiche Einsamkeit seines Bungalows. Das erste, was er erblickte - in der Veranda -, war sein Doppelgänger. Er hatte eine gleiche Erscheinung schon früher gehabt, als er erschöpft von Überarbeitung und Hitze beinahe zusammengebrochen wäre.

      »Schon wieder - das ist bös«, murmelte er und rieb sich die Augen, »wenn das Ding plötzlich vor mir verschwindet wie ein Geist, dann weiß ich: Augen und Magen sind krank; aber, wenn es anfängt zu wandern, dann - verlier ich den Verstand«, und er näherte sich der Gestalt, die, wie alle Phantome, die einem überarbeiteten Gehirn entspringen, in immer gleichbleibender Entfernung vor ihm zurückwich. Sie glitt durchs Haus und löste sich vor seinen Augen in verschwimmende Flecke auf, sobald er in das blendende Licht des Gartens trat. Als er zum Essen ins Zimmer ging, fand er sich bereits bei Tisch sitzend. Dann erhob sich die Gestalt und eilte hinaus. Sie schien in jeder Hinsicht wirklich zu sein, nur warf sie keinen Schatten.

      Niemand weiß, was Hummil in dieser Woche wohl

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