Rudyard Kipling - Gesammelte Werke. Rudyard Kipling

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Rudyard Kipling - Gesammelte Werke - Rudyard Kipling

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Nacht bleibt dein, wie ich dir gesagt habe; doch ein Preis ist dafür zu zahlen. Du hast den Menschen das Töten gelehrt, und der Mensch ist kein langsamer Schüler.‹

      Darauf der erste der Tiger: ›Hier liegt er unter meiner Tatze mit gebrochenem Rücken. Verkünde der Dschungel, daß ich Angst getötet habe.‹

      Da lachte Tha und sagte: ›Getötet hast du nur einen unter vielen; aber du magst es selbst der Dschungel verkünden – denn deine Nacht ist um.‹

      So dämmerte der Tag, und aus der Tiefe der Höhle trat wiederum ein Haarloser hervor, und er sah den Ermordeten auf dem Wege und den ersten Tiger über ihm. Da ergriff er einen spitzen Stab – –«

      »Jetzt werfen sie ein Ding, das schneidet«, sagte Ikki, das Stachelschwein, und rasselte an der Uferbank. Denn Ikki galt als ungemein schmackhaft bei den Gonds – Ho Igu nennen sie es –, so konnte er einiges erzählen von den kleinen Gondäxten, die durch die Luft wirbeln wie eine Libelle.

      »Ein spitzer Stab war es«, fuhr Hathi fort, »so wie sie ihn in den Boden der Grubenfalle stecken, und der Haarlose schleuderte ihn tief in die Flanke des ersten der Tiger. So kam es, wie Tha gesagt hatte, denn der erste Tiger lief heulend umher in der Dschungel, bis er den Stab herausgezerrt hatte; und das ganze Dschungelvolk wußte nun, daß der Haarlose aus der Ferne treffen konnte, und Angst ergriff sie mehr denn zuvor. So also kam es, daß der Stammvater der Tiger den Menschen das Töten lehrte, und ihr alle wißt, wieviel Leid dadurch über unser Volk kam – durch die Schlinge, die Grube, die verborgene Falle, den schwirrenden Stab und die stechende Fliege, die aus dem weißen Rauch hervorkommt (Hathi meinte die Flinte), und die rote Blume, die uns hinaustreibt ins offene Land. Dennoch in einer Nacht in jedem Jahr fürchtet der Haarlose den Tiger, wie Tha es versprochen, und stets hat der Tiger diese Furcht wachgehalten. Wo er den Haarlosen in dieser Nacht findet, tötet er ihn, eingedenk der Schande, die über den Stammvater der Tiger kam. Sonst aber geht Angst um in der Dschungel bei Tag und bei Nacht.«

      »Ahi! Auuh!« seufzte das Wild in Gedanken daran, was das für alle bedeutete.

      »Und nur, wenn eine große Angst über uns allen liegt, wie jetzt, dann können wir von der Dschungel unsere kleinen Ängste abwerfen und alle an einem Ort zusammenkommen, wie wir es heute tun.«

      »Nur für eine Nacht fürchtet der Mensch den Tiger?« fragte Mogli.

      »Nur für eine Nacht«, antwortete Hathi.

      »Aber ich – aber wir – aber die ganze Dschungel weiß, daß Schir Khan zwei- und dreimal Menschen tötet in einem Mond.«

      »So ist es. Dann aber springt er von hinten an und dreht den Kopf weg, wenn er schlägt, denn er ist voller Angst. Wenn der Mensch ihn ansähe, würde er entfliehen. In seiner Nacht aber geht er ganz offen hinunter in die Dörfer. Zwischen den Hütten schreitet er und steckt den Kopf durch die Türen, und die Menschen fallen auf ihr Antlitz, und dann vollbringt er sein Töten. Einen Mord nur in dieser Nacht.«

      »Aha!« sagte Mogli für sich und drehte sich im Wasser um. »Nun weiß ich auch, warum Schir Khan mich aufforderte, ihm in die Augen zu sehen. Aber es hat ihm nichts genutzt; denn er konnte meinen Blick nicht aushalten, und ich fiel auch keinen Augenblick vor ihm nieder. Aber ich bin ja auch kein Mensch, sondern einer vom freien Volke.«

      »Wumm!« brummte Baghira, tief in seiner pelzigen Kehle. »Weiß denn der Tiger, wann seine Nacht über ihm ist?«

      »Erst dann weiß er es, wenn der Mondschakal klar über den Abendnebeln steht. Manchmal fällt sie in den trockenen Sommer, manchmal in die nasse Regenzeit – diese eine Nacht des Tigers. Wäre nicht der Stammvater der Tiger gewesen, würde das niemals geschehen sein, noch hätte einer von uns je Angst gekannt.«

      Das Wild stöhnte kummervoll; aber Baghiras Lippen kräuselte ein böses Lächeln. »Kennen die Menschen diese – diese Geschichte?« fragte er.

      »Niemand kennt sie, nur die Tiger und wir, die Kinder des Elefanten Tha. Nun aber habt ihr gehört, ihr alle hier am Fluß – und ich habe gesprochen.«

      Und Hathi tauchte seinen Rüssel in das Wasser zum Zeichen, daß er nicht mehr reden wollte.

      »Aber – aber«, wandte sich Mogli an Balu, »warum fraß denn der erste Tiger nicht weiter Gras und Blumen und Blätter? Er brach dem Bock wohl das Genick, aber er fraß ihn nicht auf. Was führte ihn denn zu dem dampfenden Fleisch?«

      »Die Bäume und Schlingpflanzen zeichneten ihn zu dem Gestreiften, als den wir ihn kennen, kleiner Bruder, niemals wieder seitdem wollte er Frucht und Gras fressen; und von dem Tage an rächte er sich an dem Wild und den anderen Grasfressern«, sagte Balu.

      »Du kanntest also die Geschichte? He, warum habe ich sie nie von dir gehört?«

      »In der Dschungel gibt es eine Unzahl solcher Geschichten. Finge ich erst an zu erzählen, wäre kein Ende abzusehen. Laß mein Ohr los, kleiner Bruder.«

      Um einen Begriff zu geben von der ungeheuren Mannigfaltigkeit des Dschungelrechts, habe ich einige Gesetze, die den Wölfen gelten, in Verse gesetzt (Balu trug sie stets in einer Art Singsang vor).

      Dies sind die Gesetze der Dschungel,

      so alt und so klar wie das Licht;

      Der Wolf, der sie hält, wird gedeihen,

      und sterben der Wolf, der sie bricht.

      Lianengleich schlingt das Gesetz sich,

      voran und zurück, auf und ab;

      Die Stärke des Packs ist der Wolf,

      und die des Wolfs ist das Pack.

      Wasch' täglich vom Kopf bis zum Schwanz dich –

      trink' tief, aber trink' mit Bedacht;

      Und wisse, bei Tag sollst du schlafen,

      und jagen sollst du bei Nacht.

      Der Schakal mag folgen dem Tiger,

      doch Kind, wenn gewachsen dein Bart –

      Bedenke, der Wolf ist ein Jäger –,

      such' Nahrung, wie's ziemt deiner Art.

      Halt' Ruh' mit dem Tiger und Panther,

      dem Bären, der Dschungel Herr'n,

      Und störe nicht Hathi, den Stillen,

      dem Eber im Lager bleib' fern.

      Wenn Pack stößt auf Pack in der Dschungel,

      wer fügt sich, wer weicht zur Seite?

      Lieg' still, bis die Führer geredet,

      gut Wort oft schlichtet den Streit.

      Bekämpfst du den Wolf aus dem Packe,

      kämpf' fernab und kämpfe allein.

      Sonst frißt der Streit auch die andren

      und lichtet befreundete Reih'n.

      Die

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