Reise nach Irland. Herbert K. Huschka
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Jetzt genießen wir unsere Getränke, um uns herum trotz der späten Stunde Geschäftigkeit, kleine Grüppchen sitzen plaudernd zusammen, viele von ihnen Engländer, wie ich den Sprachfetzen zu entnehmen glaube. Es ist Zeit, zur Ruhe zu kommen, morgen Früh um zehn wollen wir unser vorbestelltes Mietauto abholen.
Was wir uns nie hätten träumen lassen: Wir schlafen hier, in diesem Flughafenhotel, die ganze Nacht über friedlich und ungestört durch. Zum Frühstück gibt es den mitgebrachten Filterkaffee, denn obwohl wir nur das Zimmer gebucht haben, laden uns der bereitgestellte Wasserkocher und die kleinen eingeschweißten Milchportionen zu einem heißen Getränk ein. Herz, was willst du mehr!
Bis zwölf Uhr, das ist die Zeit, zu der wir ausgecheckt haben müssen, bleibt uns genügend Spielraum, um das Auto abzuholen und dann erst mit unseren Koffern zu beladen. Wir steigen frohgemut in den Shuttlebus, der uns in wenigen Minuten zum Terminal 1 chauffiert. Der Fahrer begrüßt uns zuvorkommend und höflich: Ja, er wird uns sagen, wann wir aussteigen müssen, denn in der Nacht vorher haben wir uns die Örtlichkeit nicht sonderlich gut einprägen können. In der Flughafenhalle waren uns die Büros der Autovermieter aufgefallen, das von Hertz befindet sich genau neben dem Ausgang, und dort streben wir nun eiligen Schrittes hin. Vor dem Tresen stehend führen zwei ältere Damen Verhandlungen mit der Angestellten dahinter, die uns dann, als wir endlich an der Reihe sind, kurz und bündig erklärt, wir bekämen unseren Mietwagen irgendwo außerhalb, wir sollten nur draußen auf der anderen Straßenseite in den Bus von Hertz steigen, der würde uns dann an das gewünschte Ziel bringen. Durch den sonnigen und klaren, aber doch reichlich kühlen Vormittag laufen wir die paar Meter zurück, das Fahrzeug, nach dem wir Ausschau halten, ist deutlich gekennzeichnet und deshalb nicht zu verfehlen. Außer uns nur sind noch wenige andere Passagiere an Bord, und während der Fahrt auf den mehrspurigen Straßen versuchen wir uns den Weg einzuprägen, denn mit dieser Exkursion haben wir nun gar nicht gerechnet. Wir müssen ja wieder zurück zum Hotel, um unser Gepäck zu holen.
Zum Glück biegt der Bus schon nach wenigen Minuten auf ein Gelände ein, das in mehreren Flachdachbauten alle namhaften Autovermieter beherbergt. Vor dem Hertz-Gebäude rege Betriebsamkeit, Menschenknäuel, und dazwischen liegen verstreute Gepäckstücke, durch die wir uns den Weg zum Eingang bahnen. Der Raum dahinter ist klimatisiert, eine lange Schlange von Wartenden beobachtet aufmerksam die fünf oder sechs Schalter, an denen die Angestellten die Verleih-Formalitäten vornehmen. Ich mutmaße, dass wir hier vor einer Stunde nicht wegkommen, aber ich täusche mich. Schon nach zwanzig Minuten sind wir an der Reihe, und ich übergebe an einen jungen, blonden Iren meinen vom ADAC ausgestellten Voucher. Mir leuchten kurz zwei Hasenzähne entgegen, die aber schnell wieder hinter einer schmalen Oberlippe verschwinden, und der Hertz-Mitarbeiter hält sich mit weiteren Höflichkeiten durchaus zurück. Er verschwindet für mehrere Minuten im hinteren Bereich der Büroräume, und als er zurückkehrt, erhalte ich neben einem unscheinbaren Kassenbon als Beleg noch den Autoschlüssel und den dahingenuschelten Hinweis, das Mietfahrzeug sei der weiße "Toyota iQ" gleich neben der Eingangstür. Aha. Wir packen unsere Sachen zusammen. Draußen stehen wir dann vor einem Auto "ohne Hinterteil", das uns treu und brav in den nächsten zwölf Tagen kutschieren wird. Die Beschädigungen am vorderen rechten Kotflügel sind in den Übergabe-Papieren vermerkt, aber trotzdem stößt Irene einen Schrei aus: Oh Gott, das Steuer ist ja rechts! Und das wäre an sich nicht weiter schlimm gewesen, aber wie sich herausstellt, befindet sich der Schaltknüppel links vom Fahrer! Das wird schwierig. Als wir dann sitzen, und Irene das Fahrzeug zum Rollen bringt, merken wir, dass der Motor ächzt und stöhnt. Die Kiste muss schon alt sein, kommentiert Irene und steuert in Richtung des Ausgangs. Und beim Versuch, in den zweiten Gang zu schalten, wird ihr klar, dass sie im dritten gestartet ist. Kein Wunder also, dass sich das Auto so gequält hat. Jetzt, da es richtig behandelt wird, nimmt es Fahrt auf und gleitet munter, fröhlich fast, zurück zum Hotel.
Dort holen wir unsere Koffer, und ich begleiche unsere Rechnung an der Rezeption. Ich bedanke mich für das ruhige Zimmer und bitte darum, dass wir genau dieses in zwölf Tagen, also in der Nacht vor unserem Rückflug, wiederbekommen. Die junge Frau in dem schwarzen Kostüm stutzt zunächst - I'll see what I can do.-, klimpert dann aber auf der Tastatur ihres Rechners so lange herum, bis sie schließlich mit einem breiten Lächeln sagt: It's saved. Sieh mal an, man muss nur mit den Leuten reden.
Schon während ich bezahlt habe, hat Irene die beiden großen Koffer zum Auto geschleppt, und als ich mit dem Bordcase nachkomme, wirkt sie fast ein bisschen verzweifelt, denn sie hat große Mühe, unsere Habe trotz der umgeklappten Rücksitzlehne in dem kleinen Fahrzeug zu verstauen. Mit vereinten Kräften schaffen wir das doch, und nachdem Irene von der Hertz-Autovermietung zum Hotel zurückgefahren ist, setze ich mich jetzt an Steuer, denn ich will mich auch an das Fahrzeug und den Linksverkehr gewöhnen. Den ersten Gang einlegen, kuppeln und Gas geben schaffe ich gerade noch, aber beim Höherschalten schaue ich doch hinunter auf den Schaltknüppel, um meiner linken Hand besser und leichter die richtige Bewegung diktieren zu können. Dabei drehe ich das Lenkrad ganz offensichtlich nach links, und Irene, die auf dem Beifahrersitzplatz genommen hat, gibt den nächsten spitzen Schrei von sich. Was ist jetzt wieder? frage ich indigniert, doch ich muss ihr doch Recht geben, denn ich habe den Toyota fast in das Begrenzungsmäuerchen neben der Fahrbahn gesteuert. Okay, wir tauschen Platz, ich konzentriere mich auf die mitgebrachte Landkarte, und Irene fährt aus dem Hotelgelände hinaus und hinein in der Straßengewirr, das uns über die M50 zur M7 bringen soll. Die Reise in den Südwesten kann beginnen.
Ankunft II
Bei der Ausfahrt 9 biegen wir zielsicher auf die N7 ab, jetzt um die Mittagszeit gleiten wir unter einem stark bewölkten Sommerhimmel dahin, kaum, dass andere Fahrzeuge unterwegs sind, es gibt hier keine Leitplanken, und jenseits des mit einer gelben Linie abgetrennten Sicherheitsstreifens drängt sich eine dichte Grasdecke an die Autobahn, dahinter baumhohe Büsche, die den freien Blick auf die Landschaft einschränken. Aber bald schon klärt sich der Himmel auf, zwischen den weißen Wolkenknäueln arbeiten sich dunkelblaue, immer größer werdende Farbflecken hindurch. Die riesigen Hinweisschilder in gleicher Farbe mit der weißen Schrift am linken Straßenrand begleiten uns im Abstand der Ausfahrten auf unserem Weg und die jeweils größere, rechts davon angebrachte Tafel zeigt uns mit dem Wort Limerick und der Kombination M7, dass wir richtig sind. Der Verkehr verdichtet sich von Zeit zu Zeit, parallel zur Autobahn Versorgungsleitungen für Strom, mutmaßlich auch für Telefon, aber alles in allem bietet sich uns eine wenig eindrucksvolle Hügellandschaft, deren Kuppeln mit Wald bewachsen sind, und die zur Ebene hin in flaches Wiesengrün auslaufen. Sind wir dafür nach Irland gereist? Nur die üppigen Wolkenformationen über uns, weiß zerfasert an den Rändern und zur Erde hin in allen Grauabstufungen dunkel verfärbt, verhelfen uns zu der Ahnung, dass hier irgendetwas grundsätzlich anders ist als bei uns in Deutschland.
Unweit der Autobahn in der Ebene liegt hingeschmissen ein, wie es scheint, neu erbautes Dorf, die Häuser in ähnlichem Baustil, zweigeschossig und mit einem Schieferdach versehen. Ob die auch alle bewohnt sind? Und hier, wo sich offensichtlich Leben abspielt, wird die Straße auch durch Leitplanken begrenzt, Menschen allerdings sehen wir nicht. Kilometern um Kilometer das gleiche Landschaftsbild, hügelige Wiesen von Busch- und Baumreihen durchzogen, und irgendwo dahinter, weit in der Ferne erahnen wir höhere Erhebungen, Berge vielleicht sogar.
Wenige Kilometer nach Limerick verlassen wir die Autobahn und werden ab sofort für den Rest unserer Reise "entschleunigt": Waren die 110 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit bis hierher für deutsche Verhältnisse schon langsam genug, so werden wir in den nächsten elf Tagen selbst auf gut ausgebauten Landstraßen nie schneller als 70 km/h und auf vielen Nebenstrecken kaum schneller als 20-30 km/h fahren. Schon bald geraten wir in stockenden Verkehr, damit haben wir nun gar nicht gerechnet, nachdem unsere Fahrt bislang so zügig und problemlos verlaufen war. Drei Stunden bis Killarney, unserem heutigen Tagesziel, haben wir veranschlagt, aber diese Vorstellung erweist sich rasch und gründlich als Illusion. Schon weit