Vom Schein zum Sein. Veronika Wlasaty
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Ob Sie beim Dahinter- und Darüber-hinaus-Schauen mitmachen wollen oder ob Sie lieber an altvertrauten „Sicherheiten“, die Ihnen bisher genügten, aber Sie möglicherweise nicht dauerhaft befriedigen werden, festhalten wollen, bleibt ganz Ihnen selbst überlassen. Es gibt kein Falsch, es gibt nur Ihre Entscheidung und mit dieser können Sie es zu jedem Zeitpunkt halten, wie Sie möchten.
Nachdem ich mein letztes Buch zum Thema Schule und Bildung fertig gestellt hatte, dachte ich, dass ich diese Materie so erschöpfend behandelt hatte, dass von meiner Seite nichts mehr hinzuzufügen wäre. Obwohl das Buch zum Zeitpunkt dieses Vorwortes erst ein paar Texte alt ist, muss ich einsehen, dass eben dieses Thema wiederum mehr Raum erhalten wird, als ursprünglich vermutet. Dreißig Jahre am selben Ort, kann auch ein „Umzug“ nicht ungeschehen machen. Nachdem doch immer alles mit allem verknüpft ist, nehme ich den Schwerpunkt, so ungeplant er war, gelassen zur Kenntnis. Ich stelle ihn in einen größeren Zusammenhang und versuche den Fokus von einem begrenzten Sektor auf den „Kreis“ – oder besser noch die Kugel als Symbol für Ganzheit zu erweitern.
Foto: V. Wlasaty
Persönliche Erfahrungen und Erkenntnisse, gewonnen in der Auseinandersetzung mit Fragen und Belangen, welche Menschen wie mich, und vielleicht auch Sie, beschäftigen – eine Sammlung all dessen, was mitzuteilen mir ein Anliegen ist – vereinen sich in diesem „Sammelwerk“. Und mehr noch. Es wird um das gehen, was in meinen Augen unser Menschsein ausmacht und dafür gesorgt hat, und zwar immer schon, dass wir als Spezies noch existieren. Um das, was wir bestenfalls still und leise und „unter uns gesagt“ praktizieren und oft verschämt voreinander verbergen und aus dem Alltag ausklammern, als ob wir dadurch an Seriosität einbüßen würden. Um das, was uns als Menschen einzigartig und ganz sein lässt, und uns uns selbst und einander als beseelte Wesen, als Seelenwesen erfahren lässt: unsere Spiritualität – unsere Fähigkeit Gott (oder das, was wir so nennen) zu denken, zu glauben und zu erfahren.
Nachdem wir uns technisch, medizinisch, kommunikationstechnologisch und anderweitig so ziemlich mit allem beschäftigt haben, was uns zur Sicherung unseres Fortschritts als unverzichtbar erschien, sind wir so weit fortgeschritten, dass wir das Morgen nicht mehr absehen können. Aber nicht nur weil wir an vielen, von uns selbst geschaffenen Abgründen stehen, sondern weil es sich für uns selbst und unser Miteinander lohnt, sollten wir uns dieser Kraft in unserem Inneren nicht verschließen. Gerne würde ich auch die erreichen, die sich betont zu den Verstandesgesteuerten und Vernunftbegabten zählen. Denn Spiritualität, wie ich sie verstehe, ist keine exklusive Eigenschaft religiös oder spirituell Eingeweihter oder Praktizierender, geschweige denn weltlich abgehobener Esoteriker. Sie ist ein menschliches Merkmal, Teil unserer menschlichen „Grundausstattung“ sozusagen, die dem vernünftigen Gebrauch des Verstandes keinesfalls im Weg steht. Die Ausklammerung dieses Merkmals, die einer mangelnden Annahme und Realisierung des menschlichen Potentials gleichkommt, liegt im vorherrschenden Weltbild begründet, das einseitig intellektlastig auf rationalem Denken gründet. Das, was unser rationales Denken und Fassungsvermögen übersteigt, ruft Verunsicherung und Abwehr hervor. Dort jedoch, wo der Intellekt zu kurz greift, wo die Wissenschaft mit noch so fortschrittlichen und ausgefeilten Forschungsmethoden nicht hinkommt, ja nie hinkommen wird, beginnt das, was wir nicht fürchten müssen: Glaube, Vertrauen und Mut.
Foto: V. Wlasaty
Ich reise gerne ins Blaue im Vertrauen, dass sich der „richtige Weg“ im Reisen erschließt. In dem Moment, da ich dies schreibe und mich damit schon aufgemacht habe, besitze ich selbst noch keine genauen Kenntnisse über den Reiseverlauf. Was ich jedoch jetzt schon weiß, ist, dass diese Lesereise keine vorhersehbaren Stationen hat, vermutlich keine nachvollziehbare Route und gelegentlich Umwege nimmt. Sollten Sie dennoch mit „einsteigen“ wollen – ich würde mich freuen!
Das Instrument Sprache
(oder noch ein Vorwort, das ebenso gut das erste Kapitel sein könnte)
Eine ehemalige Schülerin, die mich unlängst zum Klassentreffen einlud, teilte mir mit, sie habe mein letztes Buch gekauft, finde es interessant, aber einigermaßen schwierig zu lesen. Für diese Rückmeldung bin ich ihr äußerst dankbar. Ich möchte mit meinen Worten nicht den Intellekt bedienen, sondern das Herz berühren. Zudem war es mir in meiner Zeit als unterrichtende Lehrerin stets ein Anliegen, meine Worte mit Bedacht so zu wählen, dass alle folgen konnten, die es wollten. Als Bewunderin von Sprachvirtuosen, wie ich wortgewaltige Menschen nenne, laufe ich bisweilen selbst in Gefahr, zur Verfeinerung der eigenen Künste in der Sprache zu schwelgen. Der Gedanke, mittels Sprache eine Zuhörer- oder Leserschaft zu selektieren, liegt mir fern. Ich würde es zutiefst bedauern, auf diese Weise jemanden auszuschließen oder als Leser/in zu verlieren. Alle, die im öffentlichen Bereich tätig sind, sollten sich dessen bewusst sein, dass Sprache ein machtvolles Instrument ist, das oft zur Ausübung von Gewalt und zur Aufrechterhaltung bestehender Machtverhältnisse missbraucht wird. Und dort, wo sie der Selbstdarstellung und Profilierung in Insider-Kreisen dient, schafft sie Außenseiter, indem sie jene ausgrenzt, die mit Materie und Jargon, d. h. der codeähnlichen Ausdrucksweise innerhalb einer bestimmten Gruppe, nicht vertraut sind.
Ich gelobe, mich zu bemühen, das vorliegende Buch so zu verfassen, dass es allen Interessierten Zugang gewährt. Freilich, ein Teil der Verantwortung, bleibt bei der Leserin, dem Leser. Ich ermutige jetzt schon dazu – für den Fall, dass sich Worte einschleichen, die nicht jedermann geläufig sind, zum Wörterbuch zu greifen. Geht man aus einer Lektüre um ein paar Wörter, ein paar Ausdrücke reicher hervor, erhöht dies nicht nur die sprachliche Kompetenz. Es macht die Welt weiter und öffnet mitunter neue Türen.
Was das Gendern, d. h. den gleichberechtigten Gebrauch weiblicher und männlicher Formen anbelangt, so lasse ich mich von meiner Intuition leiten. Vorrangig ist für mich nicht, ob die männliche oder weibliche Form häufiger Verwendung findet, beide gleichermaßen in ausgewogenem Verhältnis, mit „Binnen-I“ oder sonst wie, sondern ausschließlich die innere Haltung der Gleich-Wertschätzung aller Menschen, ungeachtet ihres Geschlechts. Die Integration unserer eigenen männlichen und weiblichen Anteile muss sowohl auf individueller als auch auf kollektiver Ebene vollzogen werden. Ich denke, erst wenn wir diese Herausforderung gemeistert haben, wird die Gender-Debatte, die sich gegenwärtig eher an Äußerlichkeiten festmacht, zu einem befriedigenden Ergebnis gelangen.
Wie wäre es…
Wie wäre es, in einer Welt zu leben,
in der es keine Rolle spielte, nicht fehlerfrei zu schreiben,
in der dich niemand übervorteilen würde,
wenn du das Kleingedruckte nicht lesen kannst