Ein Kind unserer Zeit. Ödön von Horváth

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Ein Kind unserer Zeit - Ödön von Horváth

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ist fett. Ansonsten ist jedoch alles Essig.

      Selbst ihre Hunde taugen einen Dreck. Räudig und verlaust streunen sie durch die Ruinen.

      Keiner kann die Pfote geben.

      Um uns gähnen Abgründe und drunten rauschen die Wasser.

      Zwei Krähen fliegen vorbei.

      Wir ziehen über das hohe Plateau.

      Die Krähen kommen wieder –

      Es war ein milder Abend und jetzt kommt die Nacht.

      Einst, wenn die Zeitungen über unseren Kampf wirklichkeitsgetreu berichten dürfen, dann werden sich auch die Dichter des Vaterlandes besinnen.

      Der Genius unseres Volkes wird sie überkommen und sie werden den Nagel auf den Kopf treffen, wenn sie loben und preisen, daß wir bescheidene Helden waren.

      Denn auch von uns biß ja so mancher ins grüne Gras.

      Aber nicht mal die nächsten Angehörigen erfuhren es, um stolz auf ihr Opfer sein zu können.

      Geheim waren die Verlustlisten und blieben es lange Zeit.

      Nur unerlaubt sickerte es durch, das Blut –

      In der fünften Woche unseres Vormarsches fiel unser Hauptmann auf dem Felde der Ehre. Er fiel unter eigentlich eigenartigen Umständen.

      Überhaupt ist der Hauptmann ein anderer Mensch geworden, seit wir die Grenze überschritten.

      Er war wie ausgewechselt.

      Verwandelt ganz und gar.

      Wir fragten uns bereits, ob er nicht krank ist, ob ihn nicht ein Leiden bedrückt, das er heimlich verschleiert. Immer grauer wurd sein Gesicht, als schmerzte ihn jeder Schritt.

      Und am 5. Juni kam das Ende.

      Ohne Arg näherten wir uns einer Ruine, aus der plötzlich eine Salve über uns dahinkrachte.

      Wir werfen uns nieder und suchen Deckung.

      Nein, das war keine Salve – das war ein Maschinengewehr. Wir kennen die Musik.

      Es steckt vor uns in einer Scheune.

      Ringsum ist alles verbrannt, das ganze Dorf –

      Wir warten.

      Da wird drüben eine Gestalt sichtbar, sie geht durch das verkohlte Haus und scheint etwas zu suchen.

      Einer nimmt sie aufs Korn und drückt ab – die Gestalt schreit auf und fällt.

      Es ist eine Frau.

      Jetzt liegt sie da.

      Ihr Haar ist weich und zart, geht es mir plötzlich durch den Sinn und einen winzigen Augenblick lang muß ich an das verwunschene Schloß denken.

      Es fiel mir wieder ein.

      Und nun geschah etwas derart Unerwartetes, daß es uns allen die Sprache verschlug vor Verwunderung.

      Der Hauptmann hatte sich erhoben und ging langsam auf die Frau zu –

      Ganz aufrecht und so sonderbar sicher.

      Oder geht er der Scheune entgegen?

      Er geht, er geht –

      Sie werden ihn ja erschießen – er geht ja in seinen sicheren Tod!

      Ist er wahnsinnig geworden?!

      In der Scheune steckt ein Maschinengewehr –

      Was will er denn?!

      Er geht weiter.

      Wir schreien plötzlich alle: »Herr Hauptmann! Herr Hauptmann!«

      Es klingt, als hätten wir Angst –

      Jawohl, wir fürchten uns und schreien –

      Doch er geht ruhig weiter.

      Er hört uns nicht.

      Da spring ich auf und laufe ihm nach – ich weiß es selber nicht, wieso ich dazu kam, daß ich die Deckung verließ – Aber ich will ihn zurückreißen, ich muß ihn zurückreißen! Da gehts los – das Maschinengewehr.

      Ich sehe, wie der Hauptmann wankt, sinkt – ganz ergeben –

      Und ich fühle einen brennenden Schmerz am Arm – oder wars das Herz?

      Ich werfe mich zu Boden und benutze den Hauptmann als Deckung.

      Er ist tot.

      Da seh ich in seiner Hand was Weißes –

      Es ist ein Brief.

      Ich nehm ihn aus seiner Hand und hör es noch schießen – aber nun schützt mich mein Hauptmann.

      »An meine Frau«, steht auf dem Brief.

      Ich stecke ihn ein und dann weiß ich nichts mehr.

      Der Bettler

      Es war nicht das Herz, es war nur der Arm, aber leider der Knochen.

      Er wurde zersplittert.

      Man holte die Kugel heraus und allmählich wuchsen die Splitter wieder zusammen. Lange Wochen lag ich im Lazarett, zuerst noch im Feindesland, dann wurd ich in die Heimat transportiert. Denn der Schuß war doch komplizierter, als man ursprünglich annahm, und ich hatte hohes Fieber.

      Hoffentlich werd ich nur meinen Arm wieder richtig bewegen können, denn sonst müßt man ja das Militär verlassen und was würd ich dann beginnen?

      Ich habe ja nichts. Keinen Groschen.

      Der Dank des Vaterlandes war mir zwar gewiß, dessen bin ich überzeugt, aber die Invalidenrenten sind minimal – davon wird keiner satt.

      Und wo bleiben die Kleider, die Schuhe?

      Vergangene Zeiten, an die ich längst nimmer dachte, tauchen wieder auf –

      Der Schnee beginnt zu treiben.

      Ich dachte, ich hätt euch vergessen, ihr Tage meiner aussichtslosen Jugend –

      Doch die Suppe, die ich löffelte, dampft und die Heiligen auf dem Kirchendach schauen mich wieder an.

      Laßt mich in Ruh!

      Aber sie weichen nicht.

      Sie ziehen an mir vorbei, stumm und schadenfroh, unter einem harten Himmel. Da kommen die kleinen Anzeigen in den großen Zeitungen, die verlassenen Badehütten, der Kriminaler und das dünne Eis –

      Es

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