Palazzo der Geister. Alfred Bekker

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ist er bereit, ein Team unseres Magazins zu empfangen."

      Der Gedanke, mit diesem genialen Modeschöpfer zusammenzutreffen, erfüllte mich mit freudiger Erwartung.

      Selbstverständlich war eine Reporterin der HAUTE COUTURE nicht die Klientel, die sich ein Original von Tardelli leisten konnte. Aber sein Stil war prägend, so daß sein Einfluß bis in die Boutiquen und Kaufhäuser Londons zu spüren war.

      Außerdem war Tardelli zweifellos eine schillernde Persönlichkeit, um die sich allerhand Legenden rankten.

      Dieser Mann hatte es immer verstanden, eine gewisse geheimnisvolle Aura um sich herum zu verbreiten. Vielleicht war auch das ein Teil seines Erfolgsgeheimnisses.

      "Hatte es einen bestimmten Grund, daß Tardelli sich in den letzten Jahren so rar gemacht hat?" fragte ich interessiert.

      Bennett zuckte die breiten Schultern.

      "Vielleicht nur eine PR-Strategie. Andererseits..."

      "Was?" hakte ich nach.

      Bennett drehte sich herum und wühlte in einer Art und Weise auf seinem Schreibtisch herum, die die Aktentürme an den Rand der Katastrophe brachten. Aber nur bis an den Rand.

      Mit traumwandlerischer Sicherheit fischte er aus dem vermeintlichen Chaos einen Zeitungsausschnitt heraus. "Hier", sagte er. "Es gab vor ein paar Jahren einen Vorfall, der sehr einschneidend für Tardelli gewesen zu sein scheint..."

      "Was für ein Vorfall?" fragte ich.

      "Die Ermordung seiner Frau durch einen mysteriösen Täter...

      Die Sache hat damals ziemlich große Schlagzeilen gemacht!"

      Ich erhob mich und nahm den Artikel an mich.

      Bennett sagte indessen: "Ihr Flug nach Rom ist übrigens schon gebucht. Übermorgen vormittag, wenn's recht ist..." Der Chefredakteur der LONDON HAUTE COUTURE überließ eben nichts dem Zufall.

      *

      "Eine gemütliche Home Story in der Sonne Italiens!" grinste James, als wir den Raum unseres Chefs verlassen hatten. Wir bewegten uns quer durch das Großraumbüro, in dem sich die Redaktion der LONDON HAUTE COUTURE befand. Irgendwo in diesem hektischen Gewimmel befand sich auch mein Schreibtisch. James sah mich an.

      "Findest du nicht, daß wir das große Los gezogen haben, Jane?"

      "An eine gemütliche Homestory dachte ich auch, als wir nach Gilford Castle fuhren!" erwiderte ich. Wir waren dorthin gefahren, um eine Reportage über den Rockstar Pat Clayton zu machen und waren dabei Zeuge unerklärlicher Vorfälle geworden, in deren Mittelpunkt ruhelose und rachelüsterne Geister aus dem finsteren Mittelalter gestanden hatten.

      Die Sache war lebensgefährlich gewesen - von Gemütlichkeit hatte überhaupt keine Rede sein können.

      "Erstmal abwarten, James!" erwiderte ich daher etwas skeptisch.

      Aber James ließ sich dadurch die gute Laune nicht trüben.

      "Italien um diese Jahreszeit ist genau richtig! Nicht zu heiß und nicht zu kalt! Eine herrliche Alternative zum naßkalten und nebelverhangenen London..."

      "Eine Reportage über Gian-Carlo Tardelli ist jedenfalls kein Urlaub!" gab ich zu bedenken. "Und bevor es losgeht, haben wir auch noch einiges zu tun..."

      "Ja, ja..."

      "Schließlich müssen wir schon einigermaßen vorbereitet sein, wenn wir diesem Licht am Modehimmel begegnen..."

      James sah mich etwas erstaunt an.

      Er lächelte nett. Und in seinen meerblauen Augen blitzte es leicht herausfordernd.

      Er zwinkerte mir zu und meinte dann: "Was höre ich da? So etwas wie Ehrfurcht? Das ist nicht gerade die kritische Grundhaltung eines Journalisten..."

      Ich schüttelte den Kopf.

      "Nein", sagte ich, "das wäre zuviel gesagt. Aber Tatsache ist, das Tardelli eben einer der Größten seiner Branche ist..."

      "Sag mal..."

      Sein Grinsen wurde jetzt schon frech.

      Wenn er mich so ansah, führte er irgend etwas im Schilde.

      Ich verschränkte die Arme vor der Brust und hob ein wenig das Kinn.

      "Ja?"

      "Ist dieser Tardelli zufällig der, der diese transparenten Stoffe benutzt, die praktisch durchsichtig sind?"

      Ich lächelte.

      "Nein, das ist er nicht! Tardelli hat zwar seinen eigenen Stil, vertrat aber eigentlich immer eine eher zeitlos-elegante Linie..."

      "Schade."

      "Wieso?"

      "Sonst hätte ich jetzt gesagt: Du solltest auch einmal etwas anziehen, das aus seiner Schneiderei kommt!"

      "Ha, ha!"

      James war immer insgeheim ein bißchen verliebt in mich gewesen, aber ich hatte diese Gefühle nie erwidert. Seine unkonventionelle, witzige Art gefiel mir zwar und von der Tatsache abgesehen, daß seine Jeans ein Flickenteppich und sein Jackett geschmacklos war, sah er auch sehr attraktiv aus. Wir waren im selben Alter. Aber er entsprach einfach nicht dem Bild, das ich mir vom Mann meiner Träume machte.

      Aber ich schätzte ihn als Kollegen.

      Und als guten Freund.

      Schließlich hatten wir schon so manches zusammen erlebt, darunter auch einiges an Gefahren.

      "Tja, ich geh dann mal ins Archiv und sehe zu, was wir so an Bildmaterial noch da haben!" meinte er dann.

      Eigentlich hätte ich verlegen sein sollen.

      Aber jetzt war er es. Zumindest wenn man nach der Farbe seines Gesichts ging.

      "Okay", sagte ich.

      Er nickte und war schon ein paar Schritte gegangen, da rief ich ihm noch hinterher: "James..."

      Er drehte sich herum.

      "Ja?"

      "Tu mir einen Gefallen: Zieh ein anderes Jackett an, wenn wir nach Italien fliegen. Dieses sieht furchtbar aus... Da war dein Altes ja noch besser!"

      James zuckte die Achseln.

      "Jägergrüner Cordsamt - der Stil der Siebziger! Und die sind doch inzwischen wieder mega-angesagt!"

      Ich ging auf ihn zu und berührte ihn leicht am Unterarm.

      "Tu es für mich, James! Bitte! Ein Mann mit dem feinen ästhetischen Empfinden eines Gian-Carlo Tardelli erleidet doch einen Herzanfall, wenn ihm so etwas ins Auge sticht!"

      *

      Einen Augenblick später saß ich

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