Palazzo der Geister. Alfred Bekker

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Palazzo der Geister - Alfred Bekker

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      Und den Abgrund...

      Der Mann kam auf mich zu. Seine Augen blitzten wild. Sein Gesicht wirkte roh und grobschlächtig. Eine Maske des Hasses.

      Der Wille zu töten stand in seinen Zügen.

      Seine Haut! dachte ich. So bleich...

      Ich war an einen Toten erinnert. Kaltes Grauen erfaßte mich. Ich öffnete halb den Mund und versuchte, etwas zu sagen. Wenigstens schreien wollte ich. Aber ein Kloß saß mir in der Kehle. Kein Laut drang über meine Lippen. Ich zitterte.

      Nein!

      Ich spürte kalten Schweiß auf meiner Stirn. Namenloses Entsetzen hatte mich gepackt.

      Dann erwachte ich.

      Ich öffnete die Augen, spürte, wie ich mich beinahe wie automatisch im Bett aufrichtete und dann nach Luft rang. Ich atmete heftig, beinahe so, als wäre ich eine ganze Weile unter Wasser gedrückt worden. Mit den Händen faßte ich mir an den Hals, so als ob ich mir selbst erst versichern mußte, daß damit noch alles in Ordnung war.

      Es dauerte einige Augenblicke, ehe ich aus der Welt meines Alptraums wieder ins Hier und Jetzt tauchte. Ich blickte mich im Zimmer um. Tante Eries Villa, mein Bett, der vertraute Blick durch das Fenster... Es ist alles in Ordnung...

      Ich atmete tief durch.

      Dann schlug ich die Bettdecke zur Seite. Barfuß ging ich zum Fenster und blickte hinaus.

      Das einzig Gemeinsame zwischen meinem Traum und der Wirklichkeit war...

      Der Nebel!

      Er schien im Laufe der Nacht die gesamte Stadt erfaßt und jeden Winkel durchdrungen zu haben. Dicke Schwaden krochen wie böse Geister durch Tante Eries Garten.

      Es ist einer jener Träume, die mit deiner Gabe zu tun haben! sagte eine ziemlich entschiedene Stimme in mir. Mein Gefühl sagte mir, daß es so war, auch wenn ich liebend gern etwas anderes geglaubt hätte.

      Aber inzwischen hatte ich gelernt, mehr auf meine innere Stimme zu hören.

      Ich strich mir das Haar zurück und setzte mich in einen Sessel. Die Knie zog ich an den Oberkörper.

      Was bedeutet das alles? fragte ich mich. Ich versuchte, mir die Traumszene noch einmal in Erinnerung zu rufen. Die Ruine, die Soldaten, die Schreie...

      Es war ein Traum, der von nichts Gutem künden konnte. Das war mir schon klar.

      Außerdem mußte er in irgendeinem Zusammenhang mit der Italien-Reise stehen...

      Ich schluckte.

      Eine Weile kauerte ich noch so da, ehe ich endlich müde genug war, um mich wieder hinzulegen. Mit Schrecken dachte ich daran, am nächsten Morgen wieder früh aufstehen zu müssen. Ich schloß die Augen und fiel in einen traumlosen Schlaf...

      *

      Am nächsten Morgen fühlte ich mich wie zerschlagen. Auch eine Tasse mit rabenschwarzem und extrastarkem Kaffee machte mich kaum munterer.

      Ich erzählte Tante Erie von meinem Traum.

      Und sie wirkte ziemlich besorgt.

      "Du mußt diesen Traum ernstnehmen", sagte sie. "Jane, vielleicht..." Sie sprach nicht weiter. Ihr Blick musterte mich auf eine Weise, die mir nicht gefiel. Ich sah sie erstaunt an und zog die Augenbrauen in die Höhe.

      "Was?" fragte ich.

      Tante Erie faßte mich bei den Schultern. Sie senkte den Blick und wich dem meinigen aus. "Vielleicht ist es besser, du sagst die Reise ab, Jane! Ich weiß, daß du das jetzt vehement von dir weisen wirst, aber..."

      "Tante Erie!"

      "Der Zusammenhag ist doch eindeutig, Jane! Der Landsknecht sprach dich auf italienisch an! Und du wirst nicht im ernst behaupten wollen, daß dies ein Traum sein kann, der etwas Gutes verheißt..."

      Ich seufzte und schüttelte dann den Kopf. "Nein", gab ich dann zu. "Ich habe nicht die geringste Ahnung, was er bedeuten könnte..."

      Tante Erie nahm mich in den Arm.

      "Du mußt auf der Hut sein", sagte sie.

      "Ich weiß", flüsterte ich.

      Dann sah sie mich an. Sie lächelte, aber dieses Lächeln wirkte etwas gezwungen. "Ich weiß, daß es sinnlos ist, dir diese Reise ausreden zu wollen... Aber ich wollte es wenigstens versucht haben..."

      *

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