Gorloin. Thomas Hoffmann

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Gorloin - Thomas Hoffmann Leif Brogsohn

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der Rote erzeugt das feuerflüssige Blut unserer Mutter, der Erde, tief im Gestein.“

      „Verstehe!“ rief Sven aufgeregt.

      Mit einem Blick auf den Krieger änderte er seinen Tonfall. Würdevoll sagte er: „Mir ist bekannt, wovon du sprichst. Vorcinger nennen wir den roten Wanderstern. Unter seinem Einfluss bilden sich die Eisenadern im Gestein.“

      Zu Kat und mir gewandt erklärte er: „Sie verhütten ihr Eisen selbst - das ist ein Schmelzofen!“

      Ich nickte bewundernd. In Wirklichkeit verstand ich das, was Sven erklärte, genauso wenig, wie die mystischen Andeutungen des Elbenkriegers.

      Gegen Mittag hatten sich ein paar Krieger auf den Bänken um das Siedlungsfeuer eingefunden. Sie aßen schweigend aus hölzernen Schalen. Wir setzten uns auf eine leere Bank und zwei Mädchen brachten uns Schalen mit am Feuer gerösteten Wurzelknollen.

      „Wie heißt dieses Knollengemüse?“ wollte Kat wissen.

      „Das sind Bataten,“ lächelte das eine Mädchen.

      „Süße Kartoffeln!“ war Svens Kommentar.

      Ohne jedes Geräusch setzte sich ein weißhaariger, in rotbraun gemusterte Decken gehüllter Mann neben mich. Sein dichtes, weißes Haar fiel locker über seine Schultern. Ich erkannte den Ältesten, der mich gestern in der Ratsversammlung befragt hatte. Die Krieger am Feuer neigten ihre Köpfe, während der Alte sich setzte. Ich gab mir Mühe, ebenfalls eine ehrerbietige Verbeugung im Sitzen hinzubekommen.

      Die Augen in dem faltigen Gesicht blickten freundlich. „Haben meine Brüder und meine Schwester eine angenehme Nacht gehabt?“

      „Danke,“ ich verneigte mich noch einmal. „Ihr habt uns sehr freundlich aufgenommen.“

      „Ein bisschen kalt war die Nacht,“ ließ Kat sich vernehmen. „Sag, heizt ihr eure Häuser nicht?“

      „Ihr könnt den Frauen sagen, dass sie euch Holzkohlen in eurem Schlafraum aufschichten sollen,“ antwortete der Alte. „Und lasst euch Bastmatten geben, um darauf zu schlafen, wenn ihr keine eigenen besitzt. Unsere jungen Leute haben meist den gesamten Winter über kein Kohlenfeuer an ihren Schlafplätzen.“

      „Wie Lyana,“ meinte ich. „Die friert auch nie.“

      Der Alte beobachtete uns lächelnd. Unsere Unwissenheit über die Gebräuche seines Volks schien ihn zu amüsieren.

      „Was immer ihr zu eurem Wohlsein benötigt, sagt es uns nur. Was unser ist, ist auch das eure - unser Besitz ist auch euer Besitz. Es ziemt sich, dass Brüder und Schwestern auf diese Art untereinander teilen.“

      Ich nahm meinen Mut zusammen, um die Frage zu stellen, die mich am meisten beschäftigte. „Wann wird Tamelund entscheiden, was mit uns geschehen soll?“

      „Landorlin mag es wissen.“ Der Alte blickte nachdenklich ins Feuer. „Mögen es Tage sein oder Jahre - die Wege unseres Vaters vermag niemand zu enträtseln.“

      „Jahre?“ Kat starrte den weißhaarigen Alten an.

      Wahrscheinlich sah sie sich schon jahraus, jahrein durch den Wald pirschen - in Mokassins und ledernem Fransenwams, eine Feder im Stirnband - oder in der Ratshalle sitzen bei endlosen Palavern mit den Kriegern.

      „Ich habe Tamelund seit gestern Abend nicht mehr gesehen,“ meinte ich. „Wohnt er nicht in der Siedlung?“

      Der Alte nickte. „Die meiste Zeit weilt er in der kleinen Waldhütte, die er zu seiner Wohnstatt gewählt hat. Es ist ein Weg von einer Viertelstunde von der Siedlung. Die Frauen bringen ihm täglich Essen und alles, was er benötigt. Früher saß er oft im Kreis der Krieger am abendlichen Feuer. Jetzt sind seine Besuche am Siedlungsfeuer selten geworden.“

      „Darf ich mal was anderes fragen?“ mischte sich Sven in das Gespräch ein. „Diese Plattformen in den Baumkronen rings um das Dorf - wozu sind die?“

      „Sie dienen unseren Spähern als Aussichtsposten. Kein Feind kann sich in unsere Siedlung schleichen, ohne von den Wachen entdeckt und von ihren Pfeilen getötet zu werden.“

      „Habt ihr denn Feinde?“ wollte Kat wissen.

      Der Alte blickte mit zusammengekniffenen Augen in die Ferne. „Früher hat es Kriege gegeben mit den Ludwoanneran, deren Gebiet jenseits des Flusses liegt. Als junger Krieger bin ich noch über den Fluss in den Krieg gezogen gegen sie. Aber das ist viele, sehr viele Jahre her. Sie sind wenige geworden, wie wir auch. Viele von uns haben seit damals ihrer Sehnsucht nachgegeben und sind in die Heimat gegangen.“

      Der Gedanke, dass im Nordwesten ein weiteres, feindliches Elbenvolk lebte, dort, wo wir langgehen mussten, wenn wir zurück wollten in die Hauptstadt des kleinen barhuter Königreichs am Meer, verursachte mir Unbehagen.

      Nach einer Weile meinte ich in einem Tonfall, von dem ich hoffte, dass er ehrerbietig klang, zu dem schweigenden Alten: „Mein Vater, in der Ratsversammlung gestern hast du freundlich mit uns gesprochen. Wie heißt du?“

      Anscheinend hatte ich den richtigen Ton getroffen, denn der Weißhaarige blickte mich milde an. Als er antwortete, lag in seinem humorvollen Blick etwas, das mir deutlich machte, dass der freundliche Alte in Wahrheit einer der mächtigsten Zauberer seines Clans sein musste.

      „Ich bin Thweronund, Krieger des Clans der Munawhin - vom Rang der Krieger, die keine Federn mehr zählen.“

      Eine Zeit lang saßen wir schweigend nebeneinander, bis der Alte seine Decken um sich schlug und sich erhob. Gemeinsam mit den Kriegern verneigten wir uns vor ihm.

      „Das sind ja heitere Aussichten,“ schimpfte Kat leise, als Thweronund zwischen den Hütten verschwunden war. „Wochen, wenn nicht Monate warten zu dürfen, bis dieser Tamelund sich dazu bequemt, uns wieder ziehen zu lassen.“

      „Oder uns umbringen zu lassen!“ murmelte Sven.

      Ich schaute Kat an. „Wo willst du denn hin? So schlecht ist es hier doch gar nicht, dass wir nicht eine Weile hier bleiben könnten.“

      Verdutzt blickte sie auf. „Stimmt eigentlich. Ein besseres Versteck vor Verfolgern - mordlüsternen Hexen und jähzornigen Zwergen - können wir kaum finden.“

      Als wir zu der Langhütte zurückgingen, an deren Ende unser Raum lag, trat Lohan mir entgegen. Kat und Sven waren ein paar Schritte voraus und bemerkten den Krieger nicht. Hoch aufgerichtet und mit gewölbter Brust stellte er sich mir in den Weg. Seine Hand umschloss den Griff des langen Messers in seinem Gürtel. Der breitschultrige Krieger war nahezu zwei Köpfe größer als ich. Hasserfüllt fixierte er mich. Er reckte das Kinn grimmig vor. Die Schlagader an seinem Hals, dicht neben der roten Narbe, die sich von seinem linken Ohr herabzog, pulsierte heftig.

      Ich neigte den Kopf zum Gruß, ohne Lohan aus den Augen zu lassen. Vorsichtig tastete meine Hand nach dem Dolch. Langsam, in zwei Armeslängen Abstand, setzte ich meinen Weg um ihn herum fort. Er wandte sich nicht nach mir um. Mit raschen, lautlosen Schritten entfernte er sich zwischen den Hütten.

      4.

      „Fedurin braucht einen Stall,“ fand Kat.

      Sie

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