Gorloin. Thomas Hoffmann
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Sven und ich setzten uns auf die Bank vor unserem Wohnraum und zündeten unsere Pfeifen an. Interessiert stellte ich fest, dass Sven dafür ein anderes Zauberwort verwendete als ich. Schweigend zogen wir an unseren Pfeifen.
Schließlich meinte ich: „Eigentlich hab ich mir die Elben auch anders vorgestellt.“
Sven zuckte mit den Schultern. „Die sind schon in Ordnung hier. Stolze Krieger! Ist halt ein Wald, keine Küste - das ist das Fremdartige daran.“
Irgendwie bewunderte ich ihn dafür, dass er immer eine einfache Formel fand für das, was uns begegnete.
Gegen Abend kamen die Krieger zurück und brachten ihre Jagdbeute, Rehe und Hirsche zumeist. Ein Wildschwein, das von drei lediglich mit Bogen und langen Waidmessern bewaffneten Kriegern erlegt worden war, erregte große Aufmerksamkeit am Siedlungsfeuer. Zwei der drei hatten Verletzungen an Armen und Beinen davongetragen. Alle drei trugen zwei Federn in ihrem Stirnband. Kat, Sven und ich stellten uns zu den Frauen und Kindern, die die Jagdbeute bewunderten. Die Krieger machten keinen Hehl aus ihrem Stolz über ihr Jagdglück. Wortreich erläuterten sie ihre Jagderlebnisse in ihrer melodiösen Sprache.
Die Erzählungen wurden abrupt unterbrochen, als eine junge Frau aufschrie und mit vor den Mund gehaltener Hand auf zwei Jäger zeigte, die sich dem Siedlungsfeuer näherten. Es waren Lyana und Aeolin. Auf den Schultern trug Lyana die Jagdbeute der beiden: ein großes, katzenartiges Raubtier, wie ich es noch nie in meinem Leben gesehen hatte. Die beiden wurden von der Menge umringt. Lyana ließ das Raubtier zu Boden gleiten. Sie sah erschöpft aus und ihr Wams war blutbesudelt wie nach der Schlacht mit den Wölfen auf unserer letzten Fahrt, aber ihr Gesicht strahlte vor verhaltenem Glück.
Die Krieger untersuchten das bäuchlings aufgeschlitzte Tier. Mehrmals hörte ich das Wort "Puma". Aeolin gab eine knappe Erklärung ab. Die Krieger sahen Lyana mit stummer Ehrerbietung an. In den Blicken mancher las ich Neid. Aeolin gab einem kleinen Jungen eine Anweisung. Er rannte zwischen den Hütten davon. Lyana beantwortete mit leiser Stimme die Fragen der erstaunten Krieger und Frauen. Augenscheinlich erwarteten alle einen weitschweifigen Jagdbericht, aber sie antwortete auf jede Frage nur kurz. Manchmal gab Aeolin eine ergänzende Erklärung.
Der Junge kam ans Siedlungsfeuer zurückgerannt. Zwischen den Wohnhütten erschien ein weißhaariger, in gemusterte Decken gehüllter Ältester. Atemlos reichte der Junge Aeolin eine lange graue Feder, wie die Krieger sie an ihren Stirnbändern trugen. Unter lauten Ausrufen der Krieger band Aeolin die Feder mit einem dünnen Lederriemen an Lyanas Stirnband, so dass ihr die Feder über das rechte Ohr herabhing. Nicht alle Rufe um die beiden her klangen freundlich. Mehrere Krieger blickten unwillig, sogar wütend.
Aeolin hielt mit fester Stimme eine Rede. Sie stand sehr aufrecht, die Hand am Messergriff. Einige der umstehenden Krieger blickten sie grimmig an, aber keiner widersprach ihr. Auch Lyana stand gerade aufgerichtet. Ihr Blick wanderte zwischen Aeolin und den Kriegern hin und her. Der Älteste hatte die Gruppe erreicht. Es war Thweronund. Die Krieger und wir senkten die Köpfe und machten ihm Platz. Er ging auf Lyana zu, umarmte sie und küsste sie auf beide Wangen. Den Arm fest um Lyanas Schulter gelegt, wandte er sich den Kriegern zu und hielt eine lange Ansprache, die er mit ausladenden Gesten seiner freien Hand bekräftigte. Schließlich blickte er zum wolkenlosen Himmel empor und deutete mit der Hand auf die im Westen stehende Sonne. Seine feierlichen Worte schienen ein Gebet zu sein. Als er Lyana losließ, neigte sie den Kopf und sprach ein paar Worte, laut und deutlich diesmal. Während Thweronund die Runde der Krieger verließ, lächelte er Kat, Sven und mir zu. Und wieder lag etwas in seinem humorvollen Alte-Männer-Lächeln, was mir klarmachte, dass ich ihn um nichts in der Welt zum Feind haben wollte.
Einer der hochgewachsenen Krieger trat auf Lyana zu und umarmte sie. Ein anderer Krieger tat es ihm nach. Zwei, drei weitere nickten Lyana zu und sagten ihr ein paar Worte, bevor sie ihre Jagdbeute nahmen und davongingen. Andere, und es waren nicht wenige, verließen die Runde stumm, ohne Lyana auch nur anzublicken.
Die Gruppe der Umstehenden löste sich auf. Als nur einige Kinder und Mädchen noch dastanden und uns mit verhaltener Neugier beäugten, hob Aeolin den erlegten Puma auf und legte sich das schwere Tier über die Schulter.
Kat machte ihrer Überraschung Luft. „Wie, Lyana, bist du gerade in den Elbenstamm aufgenommen worden?“
„Eure Schwester hat den Mut einer Kriegerin bewiesen,“ antwortete Aeolin.
Es war das erste Mal, dass sie Kat, Sven und mich ansprach. Sie sah uns mit klaren, grauen Augen an.
„Ihre Mutter gehört dem Clan der Hewroidan im Süden an. Es ist nur recht, wenn eure Schwester die Feder des Kriegers trägt.“
Sie nickte Lyana zu und stapfte mit dem Puma zu einer der Wohnhütten. Lyana sah von ihr zu uns.
„Ich erklär' euch später, was wir erlebt haben,“ meinte sie atemlos. „Wir müssen dem Puma das Fell abziehen und es aufspannen.“
Sie warf uns einen entschuldigenden Blick zu und folgte Aeolin. Sprachlos schauten wir ihr nach.
***
Am abendlichen Siedlungsfeuer hatten sich vier der fünf Ältesten eingefunden. Sie saßen verteilt in der Runde der Krieger, die die Bänke um das große Feuer einnahmen. Einer der Ältesten hielt eine lange Rede. Dabei wies er immer wieder auf Lyana, die einige Bänke weiter neben Aeolin saß, Kat, Sven und mir gegenüber. Frauen verteilten Schalen mit gerösteten Kastanien und Wildbret.
„Sie werden aus Lyana noch eine waschechte Wilde machen,“ flüsterte Kat mir zu. „Wenn es nicht bereits geschehen ist...!“
„Es war immer ihr Herzenswunsch,“ antwortete ich leise. „Ich glaube, sie hat gefunden, was sie gesucht hat.“
Lyana schaute zu uns herüber. Ich nickte ihr lächelnd zu. Langsam nickte sie zurück.
Hin und wieder bezeugten die anderen Ältesten mit einem Kopfnicken ihre Zustimmung zur Rede ihres Stammesbruders. Von Zeit zu Zeit kamen bestätigende Rufe aus der Runde der Krieger.
Der Krieger neben mir beugte sich mir entgegen. „Munwende, unser Vater, der die Federn nicht zählt, redet von den lange vergangenen Zeiten, als die Wälder sich weit in den Süden ausbreiteten und unser Volk zahlreich war. Er erklärt meinen Brüdern, dass es ein Segen ist, dass die junge Hewroidan-Kriegerin zu unserem Clan gefunden hat. Zu lange schon ist unsere Zahl immer geringer geworden, zu viele haben ihrer Sehnsucht nachgegeben, in die Heimat zu ziehen. Munwende sagt, das Erscheinen Lyanas, der Tochter Laendias, ist ein Zeichen, dass eine neue Zeit für den Clan der Munawhin anbricht.“
Kat, die ebenfalls gelauscht hatte, verzog kaum merklich die Mundwinkel. Mir war klar, dass sie die Erläuterungen des Kriegers für Blödsinn hielt.
Leise meinte ich zu dem Krieger: „Bisher war Aeolin die einzige Frau im Kriegerrang in eurem Clan. Jetzt habt ihr zwei Kriegerinnen...“
Der junge Mann nickte. „Nicht alle meiner Brüder sind damit einverstanden. Aber unsere Väter, die Ältesten, sind überein gekommen, dass der Weg des Kriegers auch Frauen offensteht. Siehst du Aeolin dort drüben sitzen, die Kriegerin der dritten Feder?“
Ich beobachtete sie und Lyana schon die ganze Zeit über. Lyana hatte ihre Pfeife angezündet und Aeolin und Lyana rauchten abwechselnd.
„Schon