Gorloin. Thomas Hoffmann

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Gorloin - Thomas Hoffmann Leif Brogsohn

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Ich war froh über den gefütterten schwarzen Kapuzenumhang, den Ligeia mir gegeben hatte. Ich schlug ihn fest um mich und zog mir die Kapuze über den Kopf. Fedurin stapfte vor Kat her durch den Schnee, als wollte er schneller vorankommen. Vielleicht schwebte ihm ein warmer Stall in erreichbarer Nähe als Ziel unserer Fahrt vor.

      Ich deutete voraus zwischen den Felsen hindurch. „Heute Abend erreichen wir die Schlucht, die zu den Ahnenhügeln hinaufführt. Von den Ahnenhügeln ist es nur noch ein knapper Tagesmarsch am Fuß der Nordberge entlang bis zu den Wäldern.“

      Einen kurzen Moment lang blickte Lyana mich erschreckt an. Aber sie wandte sich gleich wieder ab.

      Seit wir die Wälder auf unserer ersten Fahrt erblickt hatten, waren sie Lyanas Ziel: die Erfüllung der Wahrsagung einer alten Frau, hier im Norden würde sie finden, wonach ihr Herz sich sehnte, nachdem ihr Vater, ein Fallensteller in den Wäldern des Südens, gestorben war. Schon vor Wintereinbruch hatte ich Lyana versprochen, mit ihr dorthin zu gehen. Stattdessen waren wir nach Halbaru gezogen. Noch immer grenzte es für mich an ein Wunder, dass wir diese Höllenfahrt überlebt hatten. Und Kurmuk Dakar war schlimmer als die Ruinenstadt Halbaru.

      ***

      Im Windschatten des letzten Tafelfelsens machten wir Rast, aßen vom Proviant und tranken eiskaltes Wasser aus unseren Schläuchen. Kurze Zeit später zogen wir bereits wieder über die windgepeitschte Schneeebene. Die Dämmerung hatte noch nicht eingesetzt, als wir in der Steilwand zu unserer Rechten die Schlucht erblickten, die hinaufführte in die Ahnenhügel auf der Hochebene.

      Die verschneiten Hügel erhoben sich als nebelverhangene Schatten über der Steilwand. Dahinter ragte majestätisch das Massiv der Nordberge auf. Die Hügelgruppe bildete das nördliche Ende der Hochebene. Wo die Hügelflanken steil zur Ebene abfielen, breitete sich eine vereiste, von Schneeverwehungen bedeckte Seefläche weit nach Norden aus. An einigen Stellen hatte der Sturm das Eis von Schnee frei geweht. Der See war durch einen Landstreifen vom Massiv der Nordberge getrennt. Im Dunst der Ferne erkannte ich dort den Wald: Ein nicht enden wollendes Meer von Nadelbäumen, das sich am Seeufer nach Westen ausdehnte und in weiten Taleinschnitten die Berge hinaufzog. Auf der den Bergen gegenüberliegenden Seite verlief das Seeufer im weiten Bogen nach Nordwesten, bis es sich in den Nebelbänken verlor, die die Ebene im Westen begrenzten.

      Ein mulmiges Gefühl ergriff mich, als ich zu den grauen Dunstschwaden zwischen den Hügeln hinaufschaute. Ich tastete nach dem Dolch in meinem Gürtel. Wie Kats magische Schlangenohrringe stammte er aus einem Meergeborenengrab in den Ahnenhügeln. Die Schlangenohrringe hatten uns auf unserer letzten Fahrt gerettet, als wir den an der Küste gelandeten Meergeborenenkriegern in die Falle gelaufen waren. Wenn Kat die magischen Ohrringe trug, konnte sie die Sprache der Meergeborenen verstehen. Aber die Ohrringe raubten der Trägerin auch ihren Willen, machten sie dem Meervolk gefügig. Nur mit knapper Not waren wir damals entkommen. Seit der Begegnung mit Norfolks Voraustrupp hatte Kat die Schlangenohrringe nie wieder getragen.

      Lyana betrachtete das vereiste Ufer. „Wir haben seit Wochen durchgehende Kälte. Das Eis sollte tragfähig sein. Wir können versuchen, an den Ahnenhügeln vorbei über den See an den Fuß der Berge zu gelangen.“

      Kat warf einen nachdenklichen Blick auf Fedurin. „Mit dem Packesel über das Eis? Ist das nicht ein bisschen riskant?“

      Lyana zuckte mit den Schultern. „Mir kam nur gerade die Idee.“

      Kat sah Sven und mich fragend an. „Die Schlucht hinauf vorbei am Höhleneingang zu der alten Zwergenstadt und durch die Ahnenhügel sind es keine zwei Stunden. Warum ein unnötiges Risiko eingehen? Ich bin dagegen.“

      „Mir ist‘s egal,“ meinte Lyana.

      Sven sah misstrauisch auf den See hinaus. „Gehen wir durch die Ahnenhügel. Unbekannten Eisflächen traue ich nicht.“

      Ligeia hatte mich vor den Ahnenhügeln gewarnt. Ich hatte kein gutes Gefühl. Aber ich sagte nichts.

      „Bis zur Dämmerung haben wir noch eine gute Stunde,“ meinte Kat. „Gehen wir die Schlucht 'rauf und bringen die Ahnenhügel hinter uns?“

      „Nein!“ rief ich.

      Die Freunde sahen mich überrascht an.

      „Durch die Hügel gehen wir morgen, am hellen Vormittag. Beim letzten Mal wären wir in der Abenddämmerung um ein Haar von Geistern angefallen worden. Und diesmal,“ ergänzte ich mit einem Blick auf Lyanas neues, schlankes Schwert, „haben wir Grugar nicht dabei!“

      Das Seegeborenenschwert in der magischen Scheide hatte sie in Dwarfencast gelassen.

      ***

      Wir bauten unser Zelt in Ufernähe auf, eine Viertelwegstunde entfernt von der Schlucht. Lyana schlug mit der Schwertspitze ein Loch ins Eis, um Wasser für Fedurin zu schöpfen.

      „In Ufernähe ist das Eis jedenfalls tragfähig,“ meinte sie.

      Kat war nicht überzeugt. „Da hinten, wo die Hügelflanken zum See abfallen, sieht es ziemlich tief aus. Und mit unbekannten Strömungen und so...“

      Es war Lyana anzusehen, dass sie Kats Bedenken für albern hielt. Aber sie zuckte nur mit den Achseln.

      Brennholz fanden wir keins. Das Brot war hart geworden, die gekochten Eier schmeckten fade und Speck und Dörrfleisch waren zäh und nahezu gefroren in der andauernden Kälte.

      „Nur heute und morgen noch,“ meinte Lyana. „Wenn wir den Wald erreicht haben, finde ich wieder Jagdwild.“

      Mit Einbruch der Dämmerung lösten sich Nebelfetzen von den grau verhangenen Hügeln und trieben über die Ebene. Es wurde kälter. Der eisige Windhauch von den Hügeln verstärkte mein ungutes Gefühl. Probehalber zog ich mein Schwert. Die Klinge glühte schwach blau. Die Nebelfetzen, die um unser Lager trieben, erinnerten mich in der Dämmerung an verzerrte Gestalten.

      „Heute Nacht sollten wir auf der Hut sein,“ meinte ich.

      Kat spähte zu dem Tafelfelsen zurück, auf dem Lyana Ruinenreste entdeckt hatte.

      „Da oben, seht ihr? Was hab ich euch gesagt?“

      In der zunehmenden Dunkelheit flackerten oben auf dem Felsplateau fahlgrüne Lichtflecken auf. Sie geisterten zwischen bizarren Steinformationen umher, die an verfallene Mauern und Türme erinnerten.

      „Die Anlagen da oben müssen sehr alt sein,“ überlegte Lyana. „Wahrscheinlich stammen sie aus der Zeit der Kriege zwischen dem Reich Barhut und den Meergeborenen.“

      Kat blickte nachdenklich in die Dunkelheit. „Vor eineinhalb Jahrtausenden muss das Land hier herum fruchtbar und besiedelt gewesen sein. Jetzt ist es, als läge ein Fluch auf der Gegend.“

      „Die Schatten lassen das Land verdorren,“ murmelte ich. „Die Schatten der Vergangenheit.“

      Mitten in der Nacht wurde ich wach. Mir war, als hätte ich Männerstimmen dicht beim Lager gehört. Kat, die ihren Kopf auf meine Brust gelegt hatte, wie sie es häufig tat, wenn wir zusammen die Nacht verbrachten, bewegte sich und murmelte unruhig im Schlaf. Im Mondlicht, das durch die Zeltwand sickerte, saß Lyana aufrecht an meiner Seite und lauschte in die Nacht. Vor dem Zelt hörte ich Fedurin schnauben und mit den Hufen stampfen. Kat hatte ihm die Vorderfüße zusammengebunden, weil wir keine Möglichkeit gefunden hatten, ihn irgendwo anzubinden. Zwei, dreimal schrie

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