Gorloin. Thomas Hoffmann

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Gorloin - Thomas Hoffmann Leif Brogsohn

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im Licht, löste sich auf.

      2.

      Sven kniete keuchend am Boden. Noch immer umklammerte er mit beiden Fäusten seinen Zweihänder. Er flammte nicht mehr. Lyana hatte sich ebenfalls hingehockt. Sie stützte den Kopf in die Hände und blickte mit ausdruckslosem Gesicht vor sich hin. Fedurin ließ Eselmist fallen und schrie seinen röchelnden Eselsschrei. Kat kam mir mit einem an Wahnsinn grenzenden Ausdruck im Gesicht entgegen.

      „Was war das?“ schnappte sie. „Was war das - jetzt eben?“

      Ich schaute zu der gegenüberliegenden Hügelkuppe hinauf. Die Gestalt dort oben war verschwunden.

      Fünf Schritte vor mir lag mein Schwert. Ich sammelte es auf. Dann hob ich Lyanas Schwert auf und reichte es ihr.

      „Sehen wir zu, dass wir hier wegkommen,“ meinte ich mit trockenem Mund. „Bevor der Spuk von neuem beginnt.“

      „Ich will wissen, wer uns da geholfen hat!“ kreischte Kat. Ihre Stimme überschlug sich.

      Ich packte sie bei den Schultern. „Reiß dich zusammen!“

      Kat biss sich auf die Lippen. Stumm hob sie ihren Bogen aus dem Schnee auf. Lyana richtete sich auf und steckte ihr Schwert in die Gürtelschlaufe. Mit blassem Gesicht sah sie mich an.

      „Kat hat recht, Leif,“ flüsterte sie. „Ich glaub' auch, ich werd' gleich wahnsinnig.“

      „Habt ihr denn nie davon gehört?“ rief Sven.

      Er nahm Fedurin am Halfterstrick und gab uns einen energischen Wink, die nördliche Hügelkette heraufzusteigen.

      „Die Soldaten, die manchmal nach Brögesand kamen, haben's auch erzählt. Manchmal, mitten im schlimmsten Schlachtgetümmel, erscheint eine mächtige Gestalt und haut die verloren Geglaubten heraus - sie nennen ihn den „schwarzen Krieger“. Auch ein paar von den Alten in unserem Dorf haben's erzählt - von der Gestalt über den Wellen, die sie in höchster Seenot, als sie ihre Seelen schon den Sternen befohlen hatten, gerettet hat. Das war der „schwarze Retter“!“

      „Unsinn!“ murmelte Kat so leise, dass nur ich es hören konnte. „Götter, rettende Geister, das sind doch alles Volksmärchen!“

      ***

      Die Gebirgshänge zu beiden Seiten glühten in der Abendsonne. Wir saßen in einem Talausgang der Nordberge um ein Lagerfeuer und verzehrten die Reste des Kaninchens, das Lyana geschossen hatte. Es war dasselbe Tal, durch das wir im Herbst aus den Bergen herabgestiegen waren. Das Lager hatten wir unter einem schützenden Felsvorsprung aufgeschlagen. Das Zelt stand ein paar Manneslängen talaufwärts auf ebenem Grund. Fedurin scharrte den Schnee mit den Hufen beiseite und rupfte, was er an Essbarem fand. Offenbar war er der Meinung, er bräuchte eine Abwechslung vom Hafer und den Rüben, die Kat ihm reichlich hingelegt hatte.

      Wir schauten in die verschneite Ebene, die sich in mehreren Wellen zum See hinunter erstreckte. Das Licht der tiefstehenden Sonne spiegelte sich auf schneefreien Stellen im Eis.

      Als ich den letzten Rest meines Kaninchenfleischs aufgegessen hatte, legte ich meinen Arm um Kat. „Wieder mal mit dem Leben davongekommen.“

      „Aber mal ehrlich,“ rätselte Kat. „Wer hat uns da geholfen? Soll ich jetzt als Betschwester in irgendein Kloster gehen zum Dank, dass ein Elbengott mich gerettet hat?“

      Lyana fuhr auf. „Jetzt hör aber mal auf mit deinem Geseier!“ schrie sie mit Tränen in den Augen. „Kannst du wenigstens einmal deine dämliche, große Schnauze halten?“

      Kat starrte sie entgeistert an. Lyana sprang schluchzend auf und lief zum Talausgang, wo sie sich mit bebenden Schultern niederkauerte.

      „Kat,“ meinte ich mit belegter Stimme.

      Sie verzog das Gesicht. „Es rettet uns aber kein höheres Wesen. Kein Gott, kein Kaiser und kein tyrannischer Statthalter. Wir müssen uns selber helfen, oder wir bleiben im Elend stecken!“

      „Irgendjemand hat uns geholfen,“ meinte ich.

      Ich stand auf, um zu Lyana zu gehen.

      „Nein, lass,“ sagte Kat. „Das ist jetzt meine Aufgabe.“

      Sie ging zu Lyana und setzte sich neben sie. Nach einer Weile rückte Kat dicht an Lyana heran. Die beiden nahmen sich in die Arme. Eng umschlungen blieben sie nebeneinander sitzen.

      Ich setzte mich neben Sven. Zusammen schauten wir zu den beiden Frauen hinüber. Ich sah Sven an. Er atmete tief durch. Wir brauchten keine Worte, um uns zu verständigen.

      „Wenn ich gewusst hätte, in was Katrina uns reinzieht,“ sagte Sven leise mit seiner tiefen, voll tönenden Stimme, „ich wär' trotzdem gegangen!“

      „Klar,“ meinte ich.

      ***

      Als die Kälte mich im Morgengrauen aus blutigen Träumen weckte, war Lyana schon aufgestanden. Kat und Sven schliefen noch. Ich erwachte mit dem Geschmack von Rost und Blut im Mund, im Ohr die Todesschreie eines gequälten Tiers und das dumpfe Geräusch von Eisen, das klaffende Wunden in Fleisch schlägt.

       Noch vier Tage bis Vollmond.

      Vorsichtig tastete ich unter meinem Hemd nach dem Lederbündel mit dem mumifizierten Menschenohr, das Ligeia mir vor unserer Fahrt in die Nordberge gegeben hatte, damit ich sie in der Not rufen konnte. Seit damals trug ich es bei mir.

      Beim Frühstück zog Kat Sven damit auf, dass er sich in Kingerhag als Ritter König Ertelreds eine Kutsche kaufen müsste, weil er auf einem Pferd inzwischen zwar recht stattlich sitzen, aber nicht darauf reiten könne. Während die beiden scherzhaft miteinander stritten, nippte Lyana an ihrem Kaffee und blickte ausdruckslos vor sich hin. Ihre Grütze hatte sie kaum angerührt. Sie kam mir blasser vor als sonst. Als Sven und Kat aufstanden, um das Zelt abzubauen, laut miteinander streitend über den militärischen Nutzen von Reitpferden und ihren Wert für die Menschheit im Allgemeinen, rückte ich dicht zu Lyana. Sie hielt immer noch den halbvollen Kaffeebecher in den Händen.

      „Heute Nachmittag erreichen wir die Urwälder, Lyana.“

      Sie atmete heftig aus und sah mich unglücklich an. „Leif, ich weiß, es ist unsinnig, aber ich habe entsetzliche Angst, in die Wälder zu gehen.“

      Ich legte den Arm um sie. „Es war immer dein Traum, Lyana.“

      Sie lehnte sich an mich.

      „Deshalb ja,“ flüsterte sie. „Ich hab Angst vor der Wirklichkeit. Das stille Atmen der Bäume, wenn ich Seite an Seite mit meinem Vater durch den Wald ging, die Musik der Wälder - das sind doch alles nur Kindheitserinnerungen. Vielleicht ist es in Wirklichkeit nie so gewesen wie in den Träumen, die ich träume, seit ich unterwegs bin.“

      Sie seufzte. „Leif, wenn ich heute, wenn wir in die Wälder kommen, Bäume und Walddickicht finde ohne die stille Musik, wenn der Wind in den Wipfeln dort einfach nur Wind ist, nichts sonst, der Wald keine Seele hat, genau wie es war, als ich aus den Wäldern im Süden weggegangen bin...“

      Verzweifelt sah sie auf

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