Gorloin. Thomas Hoffmann
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Im Nebel konnten wir die Schluchtwände nicht erkennen. Auch den Höhleneingang zu der zerstörten Tempelstadt Marduk, die wir im Herbst entdeckt hatten, sahen wir nicht. Wir waren eine knappe Stunde talaufwärts gegangen, als der Weg nicht mehr weiter anstieg. Rings um uns zogen die Nebelschwaden sich zurück und gaben die Sicht frei auf die grauen Schatten steiler Hügelketten. Oben auf den Hügelkuppen erhoben sich die Silhouetten hoher, gehörnter Säulen.
„Die Ahnenhügel!“ hauchte Kat. „Zwei, drei Steinwürfe geradeaus, dann links über den Hügelkamm und wir sind durch!“
Ich meinte einen seltsamen Ton im Kopf zu spüren, während wir das gewundene Tal zwischen den Hügelketten betraten. Nur eine dünne Schneeschicht bedeckte den Boden. Ich wurde das Gefühl einer lauernden Gefahr nicht los. Der Esel drängte sich dicht an Kat. Er zitterte am ganzen Leib. Ein murmelndes Summen drang an meine Ohren, wie dumpfer Gesang vieler Männerkehlen. Herodin sprühte Funken. Mein eigenes Schwert leuchtete in tiefem Blau.
„Sie sind überall um uns!“ zischte ich.
Herodins Lichtschein wurde blass. Ein eisiger Luftstrom wehte von den Hügeln herab. Obwohl der Vormittag gerade erst begonnen hatte, dämmerte es. Die Sonne war nicht mehr zu sehen.
Ich nahm Bewegungen auf den Hügelkämmen wahr. In langen Reihen standen die Krieger dort oben - große Rundschilde, gehörnte Helme, Schwerter, Streitäxte, Wälder von Spießen. Im Nebel sahen ihre Silhouetten auf den Hügelkuppen grau und verwaschen aus. Aber es waren keine Hügel. Zu beiden Seiten umgaben uns gestufte, pyramidenartige Gebäude. Aus dunklen Toreingängen in den Pyramidenwänden drang eisige Kälte. Die Waffen der Krieger klirrten, ihre Stimmen hallten zwischen den Pyramiden wieder, während sie von allen Seiten über die steinernen Stufen herabstiegen.
„Ihr Götter!“ stieß Kat hervor.
Das Schattenheer rückte vor. Stiefel scharrten, Schilde und Rüstungen klapperten. Wir waren eingekreist. Ich kämpfte die lähmende Angst nieder und schleuderte den Schattenkriegern einen Feuerball entgegen. Er flog durch sie hindurch und zerplatzte irgendwo in der Ferne. Ich hatte es befürchtet.
„Meine Magie nützt nichts gegen sie!“ keuchte ich.
„Lyana, die Bögen!“ Kat riss ihrem Bogen vom Rucksack und wühlte in der Gürteltasche nach einer Bogensehne.
Lyana berührte Kats Arm, mit der Rechten dem anrückenden Schattenheer das Schwert entgegenhaltend. „Es sind zu viele! Selbst wenn wir alle vierzig Pfeile verschießen - es wär nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“
„Bei den Göttern! Leif, Sven, unternehmt doch was!“ kreischte Kat.
Sven führte einen Ausfall mit dem flammenden Zweihänder gegen die anrückenden Krieger. Die Schatten wichen vor dem blitzenden Schwert zurück, doch auf den anderen Seiten rückten sie näher. Speerspitzen richteten sich auf meine Brust. In den Reihen der Kriegersilhouetten sah ich gespannte Bögen, Pfeile zielten mir entgegen. Ich riss den Schild nach vorn. Auch Kat nahm ihren Schild und rückte mit zitternder Hand den Helm zurecht.
„Mein Leben für euch,“ murmelte ich erstickt. „Diesmal wird's ernst.“
Nicht nachdenken - wenn es zum Kampf kommt, kämpfe - für Kat - für Lyana - für Sven - denk' nichts sonst!
Ob da oben vier Sterne waren, vier unscheinbare nur, die unsere Seelen zu sich holen würden?
An der Seite wichen die Schattenkämpfer auseinander. Inmitten des Geisterheers bildete sich ein Spalier. Es führte auf die dunkle Toröffnung einer Pyramide.
„Da gehen wir nicht rein!“ schrie ich. „Wir sterben hier, an der Luft!“
Lyana wühlte in ihrer Umhängetasche. Fedurin stand vollkommen still, obwohl er an allen Gliedern zitterte. Von Svens Seite her hörte ich eine Reihe krachender Explosionen. Sein Schwert fuhr zwischen die Angreifer. Auf den anderen Seiten rückten sie näher. Kat, Lyana und ich konnten die Geister ebenfalls mit unseren magischen Waffen schlagen, aber die Blitzexplosionen bei ihrer Vernichtung würden uns selbst verletzen. Die Blitzschläge von nur vier oder fünf erschlagenen Geisterkriegern konnten uns töten.
Lyana ließ ihr Schwert fallen und setzte ihre Flöte an den Mund. Ich sprang zu ihr und hielt meinen Schild vor sie.
„Kannst du sie bannen?“ keuchte ich.
Sie schüttelte den Kopf. „Die Flöte wirkt nicht auf Untote. Eigentlich kann ich gar nichts.“
Sie begann zu spielen. Die Krieger drangen auf uns ein. Ich drückte Speerspitzen mit dem Schild zur Seite. Wenn wir nicht zwischen ihre Waffen geraten wollten, mussten wir uns gegen die schwarze Pyramidenöffnung zurückziehen. Sven führte krachende Streiche nach allen Richtungen. Es schien die Schattenkrieger nicht zu beeindrucken. Immer neue drangen heran. Die Töne drangen zaghaft und stockend aus Lyanas Flöte.
Verzweifelt setzte sie die Flöte ab. „Es geht nicht, ich kann nicht!“
Kat hieb mit dem Schwert nach einem Schattenkrieger, der ihren Schlag mit dem Schild auffing. Mit einem zweiten, schnellen Hieb fuhr ihr Schwert mitten durch sein Gesicht. Er verging in einem krachenden Blitz. Kat krümmte sich vor Schmerz zusammen. Ich ließ mein Schwert fallen und riss den magischen Dolch aus der Scheide. Mit dem Dolcharm umarmte ich Lyana fest, während wir vor den vorstoßenden Speeren rückwärts stolperten. Ich bot all meine Konzentration auf, um einen Schutzzauber um Lyanas Bewusstsein zu legen. Der Dolch begann rot zu glühen. Sven schlug die Speere vor meinem Schild und vor der am Boden kauernden Kat weg. Er hieb mitten in die Angreifer hinein. Blaue Blitze zuckten. Durch das Krachen klang Lyanas Melodie, wurde lauter und eindringlicher.
Weitere Schattenkrieger rückten heran. Kat raffte sich auf, stellte sich an der anderen Seite vor Lyana, parierte Schwertstreiche. Sven stand vor mir. Er keuchte vor Anstrengung, während er die Krieger auf Distanz hielt. Schritt für Schritt wichen wir gegen das dunkle Tor zurück. Lyanas Melodie hallte klagend, trauernd im Nebel.
Es war umsonst. Die Schatten drängten uns gegen die Pyramide.
Lyana sah mich tränenüberströmt an. „Es hilft nicht, Leif!“
Ich biss die Zähne zusammen. Nur den Dolch und den Schild hatte ich noch. Dennoch würden wir unser Leben teuer verkaufen.
„Also gut - in aller Teufel Namen!“
Ich holte mit dem Dolch aus. Er prallte gegen einen Schild.
„Landorlin und Vendona erbarmt euch!“ schrie Lyana. „Zu Hilfe!“
„Hör doch auf mit dem Scheiß!“ heulte Kat mit Verzweiflung in der Stimme.
Sie wehte Speere und Schwerter ab. Pfeile zitterten in ihrem Schild.
Eine Stimme dröhnte durch den Nebel. „Landorlin vehaneor vaht!“
Über den Pyramidenspitzen rollte Gewitterdonner. Eine Sturmbö raste zwischen den Pyramiden dahin, zerteilte die Nebel und brachte die Schattenkrieger um uns her zum Torkeln. Kat gaffte mit offenem Mund erst mich an, dann Lyana. Lyana achtete nicht darauf. Sie starrte zu der gegenüberliegenden Pyramidenspitze hinüber. Eine Gestalt stand dort oben im wehenden Umhang, einen langen Stab in der Hand. Die andere Hand streckte sie zu einer gebieterischen Geste