Das letzte Bild. Marc Pain
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Sein Vater hatte uns vor zwei Jahren verlassen. Er war mir schon seit der Hochzeit vor elf Jahren fremdgegangen. Zudem hatte er mich des Öfteren geschlagen. Ich schwieg bis heute darüber – meinem Sohn zur Liebe. Für eine 19-jährige Schlampe verließ Tim uns schließlich und ließ einen verwirrten und todtraurigen Jungen zurück.
Ich drehte den Schlüssel im Schoss, und mit einem Klicken öffnete sich die Wohnungstür. Wie jeden Tag stürmte mein Sohn sofort in den Flur und sprang mir vor Freude in die Arme.
»Hi mein Schatz - hattest du einen schönen Tag? Hallo Anneliese, ist etwas Ungewöhnliches passiert?«
Mein Sohn umarmte mich lange, während ich mit meiner Hand durch sein blondes, mittellanges Haar strich. Anneliese, seine Tagesmutter, guckte aus der Küche hervor, um mich zu begrüßen.
»Außer, dass ich so früh nicht mit Ihnen gerechnet habe, gab es keine besonderen Vorkommnisse. Aber ich glaube Aaron hat eine tolle Nachricht für Sie!«
Ich sah in die großen, leuchtenden Augen meines Sohnes und zwang mir ein relativ breites Lächeln ab.
»Wir haben heute die Mathearbeit zurückbekommen und jetzt rate mal, was ich für eine Zensur habe?«
Seitdem sein Vater uns verlassen hatte, wurden Aarons Leistungen in der Schule drastisch schlechter. Dass er jetzt eine offensichtlich gute Zensur geschrieben hatte, erfreute mich daher umso mehr.
»Vielleicht - eine Zwei?«, fragte ich ihn. Aaron ließ erst jetzt von mir ab und lief zu seiner Schultasche, welche unter der Garderobe im Flur stand. Mit einem Zettel in der Rechten kehrte er zurück und streckte ihn mir stolz entgegen. Auf dem Zettel stand eine große rote Eins geschrieben.
»Eine eins? Ich bin so stolz auf dich! Ich habe dir doch gesagt, dass du das kannst. Jetzt geh bitte auf dein Zimmer, ich muss mit Anneliese sprechen. Aber du darfst dir etwas überlegen, was du als Belohnung für deine gute Leistung haben möchtest.«
Aaron rannte in sein Zimmer, das vom Ende des Flurs abging. Ich begann damit, meine Schuhe auszuziehen und meinen Mantel an einen freien Kleiderbügel zu hängen.
»Was gibt es denn, Frau Walkina? Habe ich mir etwas zuschulden kommen lassen?«, fragte Anneliese und klang besorgt dabei. Sie schaute mich mit weit aufgerissenen Augen an.
»Nein meine Liebe. Aber lass uns das lieber im Wohnzimmer besprechen. Ich will nicht, dass Aaron sich Sorgen macht.«
Anneliese folgte mir in das Wohnzimmer und setzte sich auf das Ecksofa. Ich schloss die Tür und setzte mich auf meinen Sessel, sodass wir uns nun gegenübersaßen.
»Ich wurde heute gefeuert, Anneliese. Sie wissen ja, was für ein Arschloch mein Chef ist und von den Problemen mit meinem Vermieter haben Sie ebenfalls schon einiges mitbekommen. Ob ich diese Wohnung noch behalten kann und wie ich jetzt über die Runden kommen soll – ich habe keine Ahnung. Es tut mir unendlich Leid Anneliese, aber ich kann Sie nicht weiter beschäftigen. Auf jeden Fall nicht, solange ich keinen neuen Job gefunden habe.«
Anneliese nickte zustimmend, während ich sprach, und antwortete erst nach einigen Sekunden Pause, nachdem ich den letzten Satz beendet hatte.
»Nein, mir tut es leid, Frau Walkina - mir tut es leid. Machen Sie sich keine Sorgen, was mich betrifft, ich werde schon eine neue Mutter finden, die meine Hilfe benötigt. Sie müssen jetzt erst einmal für sich und Aaron sorgen. Sie sind eine gute Mutter. Wenn Sie trotzdem meine Hilfe benötigen, melden Sie sich doch einfach bei mir.«
Dass Anneliese so gefasst reagierte, kam mir nur zugute und ich brauchte kein schlechtes Gewissen haben, weil ich sie nicht weiter beschäftigen konnte. Sie verabschiedete sich mit einer herzlichen Umarmung und sagte: »Das wird schon alles wieder, da bin ich mir ganz sicher.«
Ich hoffte zutiefst, dass sie damit recht behalten würde.
Als die Uhr acht schlug, brachte ich meinen Sohn ins Bett und gab ihn einen Kuss auf die Stirn. Danach rief ich meine beste Freundin an und erzählte ihr von meinem Dilemma. Empört und entsetzt über die unmenschliche Art meines Chefs, sagte Lisa zu, sich direkt auf den Weg zu mir zu machen.
Es vergingen gerade mal 20 Minuten, bis es an der Tür läutete. Ich nahm den Hörer meiner Gegensprechanlage ab und fragte, wer dort sei. Es war Lisa und ich drückte den Knopf zum Öffnen der Eingangstür. Dann sah ich durch den Türspion, bis Lisa im Treppenhaus erschien, und erst dann öffnete ich die Wohnungstür.
Lisa lächelte und umarmte mich zur Begrüßung. In ihrer linken Hand hielt sie eine große Sektflasche und drückte mir diese zugleich in die Hand, um sich ihre Jacke zu entledigen. Ich lief in die Küche und nahm aus dem Schrank über der Spüle zwei Sektflöten.
»Ich bin echt entsetzt über deinen Chef«, sagte sie, setzte sich auf meine Couch und öffnete danach die Sektflasche.
»Ich muss so schnell wie möglich eine neue Arbeit finden.«
Lisa schenkte uns beiden ein und nahm eines der Gläser in die Hand.
»Das sehe ich nicht anders aber heute kannst du eh nichts mehr erreichen.«
Wir stießen an und ich leerte das Sektglas in einem Zug aus.
»Komm jetzt erst mal zur Ruhe und mach dir nicht so einen Druck. Du wirst sicherlich einen neuen Job gefunden haben, bevor Aaron etwas davon mitbekommt. Außerdem ist Aaron keiner, der das Geld vermissen wird, sondern deine Liebe und die gibst du ihm täglich.«
Lisa verstand es mich wieder aufzubauen und nach dem dritten Glas konnte ich meiner Wut auch endlich etwas Luft machen. Ich erzählte meiner Freundin von den vielen Gemeinheiten, die ich während der zwei Jahre auf der Arbeit über mich ergehen lassen musste. Einerseits war es sehr befreiend, zu wissen, dass ich am nächsten Tag nicht mehr zu Herrn Friedrichs in die Filiale musste. Andererseits plagten mich Existenzängste aufgrund des verlorenen Arbeitsplatzes.
Bis spät in die Nacht blieben Lisa und ich noch wach und ich holte eine weitere Sektflasche von der gegenüberliegenden Tankstelle. Gegen 1 Uhr nachts verließ Lisa mich und ich legte mich im Wohnzimmer auf die Couch und schlief sofort ein.
Eine vielversprechende Anzeige
Ich wurde um Punkt 6 Uhr von meinem Handywecker aus dem Schlaf gerissen und fühlte mich fürchterlich. Dass ich gestern noch eine zweite Sektflasche gekauft hatte und dass ich noch so lange wach geblieben bin, bereute ich jetzt zu tiefst.
Nachdem ich die Pausenbrote für meinen Sohn geschmiert und belegt hatte, weckte ich ihn, machte ihn für die Schule fertig und brachte ihn zur Bus-Haltestelle.
Wieder zu Hause stellte ich meinen Handywecker auf 10:30 Uhr und legte mich erneut schlafen.
Der Schlaf hatte mir gutgetan und ich den Kater konnte ich so fast auskurieren. Ich schaltete den PC ein und füllte Kaffee in den Filter der Kaffeemaschine. Als der Computer endlich hochgefahren war, setzte ich mich mit meinem Becher in der Hand vor die Tastatur und rief die Internetseite der Bundesagentur für Arbeit auf, um dort nach freien Arbeitsplätzen zu suchen.
Martin hatte natürlich recht - der Einzelhandel war nicht das Richtige für mich, dennoch schrieb ich alle Stellen heraus, die in eben diese Richtung gingen. Ich hatte meine Ausbildung, leider zur Liebe meiner Eltern, in diesem Bereich gemacht, und weil