So viele Killer: Vier Kriminalromane. Alfred Bekker
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Читать онлайн книгу So viele Killer: Vier Kriminalromane - Alfred Bekker страница 27
Taggart hielt den Atem an und hob vorsorglich die Pistole.
Die Person, die sich mit ihm im Zimmer befand, verstand es meisterhaft, sich geräuschlos zu bewegen. Ein einziges Mal nur vernahm der Inspector Atemzüge. Dann vergingen Sekunden, bis sich der andere endlich dazu entschloss, behutsam zur Schlafzimmertür zu schleichen. Jetzt sah Taggart ihn als nebulösen Schatten, der sich niederkauerte, durchs Schlüsselloch zu starren schien, sich hernach wieder aufrichtete und eine Weile lauschte, ehe er es wagte, leise die Tür zu öffnen und ins Schlafzimmer einzudringen.
Nun begann sich auch Taggart lautlos zur Tür hin zu bewegen. Langsam und behutsam hob er den ausgestreckten linken Arm, ertastete den Kippschalter und legte den Hebel um. Licht flammte auf.
Der Eindringling stieß einen entsetzten Schrei aus, federte herum und starrte zitternd in die auf ihn gerichtete Pistolenmündung.
„Hände hoch!“, befahl der Inspector ohne jede Erregung.
Der andere gehorchte sofort — immer noch von Entsetzen übermannt. Er mochte etwa fünfunddreißig sein, war dicklich-muskulös, und trug sein rötliches Haar zu einem sogenannten Rasierpinsel verschnitten. Seine großen Ohren standen grotesk vom Kopf ab. Das Gesicht war grob aber nicht dumm und wies außer dem der Furcht keinerlei Ausdruck aus.
„Zur Wand!“, befahl Taggart eisig. „Lass die Hände brav oben, stütz dich mit ihnen von der Wand ab, tritt danach drei Schritt zurück und spreiz die Beine!“
Es klappte wie am Schnürchen. Widerspruchslos brachte sich der Fremde in eine hilflose Lage.
Taggart trat rasch näher, bohrte dem Zitternden von hinten die Pistolenmündung gegen die Nieren und tastete ihn ab. Die Ausbeute war bestürzend, wenn auch nicht informativ:
Etwas Kleingeld, zwei neue Zehn-Pfund-Noten und ein geladener Webley & Scott-Revolver, den der Mann in einem improvisierten Brustholster getragen hatte. Ausweis oder Dokumente, die seine Identifizierung ermöglicht hätten, fehlten.
Taggart straffte sich. „Ich bin Inspector Taggart von Scotland Yard, was Ihnen keine Neuigkeit sein dürfte. Ich verhafte Sie wegen unbefugten Waffenbesitzes und beschuldigte Sie gleichzeitig des Hausfriedensbruchs. Bleiben Sie so stehen, wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist.“
Rückwärtsgehend trat Taggart zum Einbauschrank, öffnete ihn, ohne den Verhafteten aus den Augen zu lassen, und tastete sich mit der linken Hemd an einen Koffer heran, dessen Deckel er zurückschlug, worauf er ein Paar Handschellen herausnahm, die er dem Fremden anlegte. Danach zwang er ihn in einen Sessel und setzte sich ihm gegenüber. Seine freie Hand griff zum Telefon. Er rief den Nachtdienst des Yards an und sagte schmunzelnd:
„Privatwohnung Inspector Taggart, siebzehn Cumberland Square. Ich habe soeben einen Einbrecher in meiner Wohnung verhaftet. Weisen Sie über Funk den nächsten Streifenwagen an, zu mir zu fahren und den Kerl abzuholen ..
Als er aufgelegt hatte, beschäftigte er sich erneut mit dem Fremden.
„Name?“, fragte er barsch.
Der andere stierte ihn mit verschlagenem Augenaufschlag an und erwiderte verlegen:
„Geben Sie sich keine Mühe, Sir, von mir erfahren Sie nichts!“ Er sprach ein kultiviertes, fast akzentfreies Englisch, schien aber kein geborener Brite zu sein.
In diesem dreckigen Fall scheine ich es nur mit Leuten von einiger Erziehung zu tun zu haben, überlegte Taggart ärgerlich. Kein Wunder, er bewegte sich ja auch in der Sphäre zwischen Rauschgifthandel und Spionage ...
In dozierendem Ton begann er von Neuem:
„Sie scheinen die Situation falsch einzuschätzen — vermutlich, weil Sie Ausländer sind. In Wirklichkeit ist es aber so, dass es hier in England für unbefugtes Führen von Schusswaffen normalerweise Gefängnis ohne Bewährung gibt, aber angesichts der ganz besonderen Tatumstände zweifle ich nicht daran, dass man Sie für einige Jahre ins Zuchthaus schicken wird.“
Der andere zuckte zusammen und verfärbte sich. „Davon hat Dom nichts gesagt!“, entfuhr es ihm gepresst. „Gehen Sie zum Teufel; Sie wollen mir ja bloß Furcht einjagen ...!“
„Meinen Sie!“ Taggart lächelte spöttisch. Plötzlich glaubte er eine Bewegung hinter seinem Rücken zu spüren und federte herum. Tatsächlich — die um einen Spalt klaffende Schlafzimmertür hatte sich eben bewegt. Ein Komplice des Verhafteten? Oder hatte der Wind die Bewegung ausgelöst?
Die Aufklärung des Vorfalls erfolgte schnell. Der Unbekannte, dem er jetzt den Rücken zuwandte, nahm blitzschnell die erkannte Chance wahr, schnellte auf, und versetzte ihm einen derben Faustschlag in den Nacken.
Taggart stolperte vorwärts, sah sekundenlang eine zweite Gestalt in der Tür erscheinen und krümmte durch. Er hörte die Schussdetonation und den klatschenden Aufschlag im Holz, gedämpft und wie aus weiter Ferne, stürzte und rammte dabei mit dem Kopf gegen die Wand. Sekundenlang sah er nur mehr Funken, kreisende Sterne und Meteore, aber er riss sich mit eiserner Gewalt zusammen, wälzte sich zur Seite und sah gerade noch das rechte Bein des Mannes durch die Tür verschwinden, der trotz seiner Fesselung die Flucht angetreten hatte.
Lautlos vor sich hin fluchend, erhob sich Taggart, stürmte durchs Wohnzimmer auf den Korridor hinaus, dessen Tür weit offen stand und setzte wütend die Verfolgung über Treppenhaus und Vorgarten bis zum Bürgersteig fort.
Im gleichen Augenblick strahlten die Scheinwerfer des schräg gegenüber parkenden Wagens auf, der Motor lief an, mit einem Ruck setzte sich der Wagen in Bewegung und verließ Cumberland Square in südlicher Richtung. Er begegnete dabei einem sich mit Flackerlicht und Sirene in rasender Fahrt nähernden Streifenwagen der Polizei.
Dieser stoppte vor Nummer siebzehn und zwei Beamte sprangen heraus.
Taggart eilte auf sie zu. „Inspector Taggart, Scotland Yard“, rief er ihnen aufgeregt zu, drängte sie in den Wagen zurück und stieg hinter ihnen ein.
„Sie sind eben einer Limousine begegnet, die ich für einen alten Rolls-Royce halte“, sprudelte er hervor. „Verfolgung aufnehmen, aber ohne Flackerlicht und Sirene!“
Glücklicherweise begriff der Fahrer sofort, worauf es ankam. Er startete, wendete mit aufheulenden Reifen und nahm die Verfolgung in Richtung Westminster auf.
„Wer ist Streifenführer und welche Nummer hat der Wagen?“, fragte Taggart schnell.
„Wagen sechsundsiebzig, Sergeant Jellicoe“, meldete der links neben ihm sitzende Beamte.
„Well — auf Senden gehen, Kopfhörer und Kehlkopfmikrofon ...“
Der Funker gehorchte.
Aber schon bei der übernächsten Querstraße gestand sich Taggart ein, dass man den Rolls-Royce verloren hatte, gab aber die Hoffnung noch nicht auf, seine Spur noch zu entdecken. Fürs Erste setzte er einen Rundspruch ab:
„Inspector Taggart C.I.D. aus Streifenwagen sechsundsiebzig — Rundspruch an alle Streifenwagen; Rundspruch an alle Streifenwagen: Eigener Standpunkt Nähe Victoria-Bahnhof. Zeit zweiundzwanzig Uhr fünfundzwanzig. Gesucht schwarze Rolls-Royce-Limousine, Baujahr vermutlich 1935 bis 1938, auf der Flucht in Richtung Themse, Planquadrat F fünf. Ich unterstelle hiermit alle nicht