Putin nie wieder. Georges Hentschel
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Ist das Ächtungsprinzip und seine mächtige Wirkung nachvollziehbar? Doch diese Einseitigkeit wäre nicht nur unfair, man würde damit auch einen wichtigen Teil der Durchsetzungskraft verschenken. Nämlich den Aspekt der rühmlichen Vorbilder.
Alle Menschen, die sich durch Verbesserungen der Integration, sozialen Qualität, wirtschaftlichen Fairness oder der umweltbedingten Überlebenschancen verdient machten, werden die grossen Vorbilder in den Geschichtsbüchern. Denn die von internationalen Experten erstellten Analysen wären gleichzeitig verbindlich für den Geschichtsunterricht in den Schulen. So bekommt die Weltgemeinschaft ein intervallmässig aktualisiertes Bild über ihre Vor- und Mahnbilder.
Natürlich kann es sein, dass Staatsverwaltungen die Analyseergebnisse über ihre Gesellschaft zugunsten eigener Legenden aus dem Unterricht verbannen wollen.
Das passierte vor nicht all zu langer Zeit in Russland. Aber in unserer heutigen Informationsgesellschaft wird das, wie in diesem Fall, sehr schnell publik. Wie peinlich, wenn ein Staat durch die Schönfärberei der schrecklichen Vergangenheit derart intensiv auf seine Schwächen hinweist.
Sie sehen, mit dem Zusammenspiel der Welt-Ethik-Charta und der Welt-Ethik-Chronik befinden sich alle, die etwas Wesentliches beeinflussen können, in einem Wahrhaftigkeitszwang – da, wo wir sie schon immer haben wollten.
Unter all den Vorzügen dieser Welt-Ethik-Instrumente blieb einer bisher unerwähnt: Die Sicherheit vor Machtmissbrauch. Die Daten der Charta sowie die der Chronik sind, einmal eingelesen, vor Eingriffen geschützt. Das ist heute technisch möglich. Aber noch entscheidender ist die Unmöglichkeit, diese enorme Autorität für eigene Machtentfaltungen zu missbrauchen.
Niemand kann sich obenan stellen. Niemand kann dieses Instrument für sich so verdrehen, dass daraus machtbildende oder machterhaltende Dogmen würden. Selbst die Initianten einer Umsetzung dieses Prinzips könnten keine Vorteile daraus ziehen. Es ist eine Idee, die nur zu verschenken und nicht auszubeuten ist.
Nun ist die Frage, was geschieht mit einem solchen Geschenk, wie könnte es jemals zur Wirkung kommen? Die Mächtigen, die auf den Erfolg von destruktivem Handeln setzen, werden sich sicher nicht dafür engagieren, sie werden sich kaum selbst ein solches Überprüfungsinstrument auferlegen.
Aber es gibt auch die besonnenen und verantwortungsbewussten Inhaber von Machtpositionen. Sie werden allzu häufig von der realpolitischen Wirklichkeit zu Entscheidungen genötigt, die sie selbst nicht wollen, aber verantworten müssen. Auf die Mächtigen, die sich aufrichtig um eine Verbesserung der Weltverhältnisse bemühen, müssen wir zählen. Sie würden das Projekt wahrscheinlich unterstützen.
Antworten auf die häufigsten Fragen
Sie sprechen von international anerkannten Experten und nationalen sowie internationalen Wissenschaftsgremien. Jeder von uns weiss, dass viele wissenschaftliche Institute vom Wohlwollen aus Politik und Wirtschaft abhängig sind. Es ist doch zu erwarten, dass diese Experten unter Druck gesetzt werden. Was ist Ihre Lösung für dieses Problem?
Das stimmt.
Auch hier läuten die Welt-Ethik-Instrumente die Stunde der Wahrhaftigkeit ein. Alle ausgewiesenen Experten, ob frei oder institutsgebunden, sind aufgefordert, ihre Analysen auf die wesentlichen Inhalte zu komprimieren. Danach werden sie in den Welt-Ethik-Datenbanken den entsprechenden Themen zugeordnet.
Jetzt kann man die Frage stellen, wer überprüft diese Analysen auf ihre Wirklichkeitstreue? Die Antwort: die Zeit tut es. Stellen sich bei rückwirkender Überprüfung fehlerhafte oder verfälschte Analysen-Ergebnisse heraus, werden diese im Netz prominent veröffentlicht. Zusätzlich wird es mit der Zeit ein Ranking geben. So müssen sich die Institutsleiter sowie die Experten die Frage stellen, wie viel Image-Schaden sie sich und dem Institut zufügen wollen.
Mit den Voten kommen sehr viele subjektive und auch inkompetente Meinungen zusammen. Sind die Bewerteten damit nicht zu viel Willkür ausgesetzt?
In diesem Sinn entspricht das Voting den Stimmenabgaben bei demokratischen Wahlen. Solche Ergebnisse sind subjektiv. Aber sie spiegeln die Wirklichkeit wider. Wie kompetent oder inkompetent die Stimmen auch sein mögen, so sehen die Mehrheiten aus. Für die Inhabende von Machtpositionen ist es eine hervorragende Messlatte für die Qualität ihrer Kommunikation.
Gibt ein solches Votingsystem den meinungsbildenden Medien oder gewissen Agitatoren nicht zu viel Manipulationsmöglichkeiten? Oder anders ausgedrückt, kann das Welt-Ethik-System nicht auch für Negativ- Image Kampagnen missbraucht werden?
Sie sprechen damit eine mögliche Image-Manipulation durch das systematische Emotionalisieren der öffentlichen Meinung an. Das passiert heute bereits, aber leider ohne Konsequenzen für die Verursacher. Das Welt-Ethik-System dokumentiert auch das ethische Verhalten der Medien. Das Zusammenwirken von Medienkampagnen und einem Imagezerfall wird aufgezeigt. Die Medienverantwortlichen müssen sich somit die Ethik-Frage gefallen lassen und die Frage nach der Scheinheiligkeit, wenn sie sich vordergründig als Hüter demokratischer Werte darstellen.
Ihr vorgeschlagenes System würde die Mächtigen kontrollieren und stark einschränken. Benötigen Sie nicht die Unterstützung solcher Mächtigen, um Ihr System zur Durchsetzung zu bringen?
Wir sollten Verallgemeinerungen vermeiden. Menschen in Machtpositionen dürften ebenso viel Unterschiedlichkeit an moralischem und ethischem Bewusstsein aufweisen wie sie in der übrigen Gesellschaft zu finden sind. Natürlich erzeugen die Mechanismen, in denen sie sich befinden, einen stärkeren Druck zur Opportunität. Ich bin überzeugt, dass es unter den Mächtigen mehr als genug potenzielle Förderer einer Welt-Ethik gibt.
Inzwischen haben sich auch beachtliche Gegenmächte gebildet. Denken Sie an die grossen Nonprofitorganisationen wie die von Human Rights oder Greenpeace, etc. oder an das erstarkende Gegen-WEF. Die Menschen organisieren sich zunehmend, um einen Gegendruck zu erzeugen. Was ihnen bislang fehlte, war ein zwingendes Instrument.
Glauben Sie wirklich daran, dass ein Weltfriede tatsächlich möglich ist? Und was macht Sie sicher, dass dieser durch das von Ihnen vorgeschlagene System entstehen kann?
Ich bin keineswegs sicher. Aber mit dem Welt-Ethik-System erhöhen sich die Chancen! Dass die Menschheit ohne einen Weltfrieden ihre existenziellen Probleme nicht lösen kann, ist eine inzwischen weit verbreitete Einsicht. Das ist der Grund, warum eine UNO so ausgebaut wurde, das zeigen auch die Europa-Aktivitäten.
Lassen Sie mich eine Abhängigkeitskette aufzeigen: Unser grösstes Problem ist das weltweite Bevölkerungswachstum. Nur zunehmender Wohlstand und Altersvorsorge können zu einer ausgeglichenen demografischen Situation führen. Ein solcher, weltweit ansteigender Wohlstand kann nur über ökonomische Fairness entstehen. Eine solche Fairness kann sich wiederum nur auf der Basis eines nachhaltigen Friedens entwickeln.
Nicht nur in der Wissenschaft, auch in der Politik sind diese Einsichten vorhanden. Was fehlt, ist die Zuversicht, alle freiwillig an denselben Tisch zu bekommen.
Über das Welt-Ethik-System können sich die Friedensaktivisten profilieren, und die Friedensverhinderer würden einen enormen Image-Verlust riskieren. So entsteht ein Druck zur Einhelligkeit.