Seine Exzellenz Eugene Rougon. Emile Zola
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Читать онлайн книгу Seine Exzellenz Eugene Rougon - Emile Zola страница 23
»Reden Sie mir nicht von Ihrem Kaiserreich«, rief er schließlich. »Es ist ein Bastard der Revolution ... Oh, wir wissen Bescheid, Ihr Kaiserreich träumt von der Demütigung der Kirche. Aber wir sind auch noch da, wir werden uns nicht wie Hammel abschlachten lassen ... Machen Sie nur mal einen kleinen Versuch, mein lieber Herr Rougon, Ihre Ansichten im Senat einzugestehen.«
»Ach, antworten Sie ihm nicht mehr«, sagte Clorinde. »Wenn Sie ihn reizen, wird er schließlich noch Christus anspucken. Er ist ein Verdammter.«
Rougon gab sich besiegt, er verbeugte sich. Es entstand eine Pause. Das junge Mädchen suchte auf dem Parkett das kleine vom Kreuz abgebrochene Stück; als sie es gefunden hatte, wickelte sie es mit dem Rosenkranz zusammen sorgfältig in ein Stück Zeitung. Sie beruhigte sich.
»Hör mal, Herzchen«, begann plötzlich Herr de Plouguern, »ich habe dir noch nicht erzählt, weshalb ich hier heraufgekommen bin. Ich habe für heute abend eine Loge im PalaisRoyal36, und ich nehme dich mit.«
»Dieser Pate!« rief Clorinde aus, vor Vergnügen wieder ganz rosig geworden. »Man muß Mama wecken.«
Und sie küßte ihn, »zur Belohnung«, wie sie sagte. Lächelnd, mit ausgestreckter Hand, wandte sie sich Rougon zu und sagte mit einem köstlichen Schmollgesicht: »Sie sind mir doch nicht böse? Bringen Sie mich also nicht wieder zum Rasen mit Ihren heidnischen Ideen ... Ich werde ganz dämlich, wenn man mich mit der Religion neckt. Ich könnte meine besten Freundschaften in Gefahr bringen.«
Luigi, der einsah, daß er das Ohr an diesem Tage nicht mehr fertigmalen konnte, hatte unterdessen seine Staffelei in eine Ecke geschoben. Er griff nach seinem Hut, kam und berührte das junge Mädchen an der Schulter, um sie darauf aufmerksam zu machen, daß er weggehe. Und sie begleitete ihn bis zum Treppenabsatz, sie selber zog die Tür hinter sich und ihm zu; aber sie verabschiedeten sich so geräuschvoll voneinander, daß man einen leichten Schrei Clorindes vernahm, der sich in einem unterdrückten Lachen verlor. Als sie wieder ins Zimmer trat, sagte sie: »Ich gehe mich umziehen, es sei denn, der Pate will mich so ins PalaisRoyal mitnehmen.« Und alle drei amüsierten sich über diesen Einfall. Die Abenddämmerung war hereingebrochen. Als Rougon aufbrach, ging Clorinde mit ihm hinunter und ließ Herrn de Plouguern für einen Augenblick allein, so lange wie sie brauchte, um ein Kleid anzuziehen. Im Treppenhaus war es schon völlig dunkel. Ohne ein Wort zu sagen, ging sie so langsam voraus, daß er die leise Berührung ihres Gazeüberwurfes an seinen Knien spürte. Als sie dann vor der Tür ihres Schlafzimmers angelangt war, trat sie ein; sie machte zwei Schritte, bevor sie sich umwandte ... Er war ihr gefolgt. Dort erhellten die zwei Fenster das ungemachte Bett, die stehengebliebene Waschschüssel, die noch immer auf dem Haufen Kleidungsstücke schlafende Katze mit einem bleichen Schimmer.
»Sie sind mir nicht böse?« wiederholte sie mit fast flüsternder Stimme, wobei sie ihm die Hände hinstreckte.
Er schwor, es nicht zu sein. Er hatte ihre Hände ergriffen, ließ die seinen an ihren Armen bis über die Ellbogen hinaufgleiten, wobei er sich vorsichtig unter der schwarzen Spitze vorwärtstastete, damit seine plumpen Finger weiter gelangten, ohne etwas zu zerreißen. Sie hob die Arme ein wenig, als wünsche sie, ihm diese Bemühung zu erleichtern. Sie standen im Schatten des Wandschirms, keiner sah das Gesicht des anderen. Und in diesem Zimmer, dessen dumpfe Luft ihm das Atmen erschwerte, verspürte er wieder jenen Duft von fast zuckriger Schärfe, der ihn schon zuvor berauscht hatte. Doch sobald er über ihre Ellbogen hinaufgelangt war und seine Hände brutal wurden, fühlte er, wie sich Clorinde ihm entzog, und er hörte sie durch die hinter ihnen offengebliebene Tür rufen: »Antonia! Licht, und bringen Sie mir mein graues Kleid.«
Als sich Rougon wieder auf der Avenue des ChampsElysées befand, blieb er einen Augenblick wie betäubt stehen und atmete die frische Luft ein, die von der Höhe des ArcdeTriomphe heranwehte. Die Avenue, durch die jetzt keine Wagen mehr fuhren, ließ eine nach der anderen ihre Gasflammen aufleuchten, deren plötzliche Helligkeit das Dunkel mit einem Lauffeuer funkelnder Sterne tüpfelte. Ihm war, als habe er soeben einen Blutsturz gehabt, er strich sich mit den Händen übers Gesicht.
»Ach nein«, sagte er ganz laut, »das wäre zu dumm!«
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