Seine Exzellenz Eugene Rougon. Emile Zola

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Seine Exzellenz Eugene Rougon - Emile Zola Die Rougon-Macquart

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Balbi kennengelernt, deren Liebhaber er fast dreißig Jahre lang blieb; nach jahrelangen Trennungen taten sie sich in den Städten, wo sie einander zufällig trafen, für drei Nächte wieder zusammen. Es wurde erzählt, Clorinde sei seine Tochter; aber weder er noch die Gräfin wußten zuverlässig etwas davon, und seit das Kind zu einer fülligen und begehrenswerten Frau heranwuchs, betonte er, daß er früher viel mit ihrem Vater verkehrt habe. Er blickte sie mit seinen noch immer funkelnden Augen zärtlich an und erlaubte sich bei ihr sehr freie Vertraulichkeiten eines alten Freundes.

      Herr de Plouguern, groß, dürr und knochig, hatte Ähnlichkeit mit Voltaire, den er insgeheim verehrte.

      »Pate, siehst du dir mein Porträt nicht an?« rief Clorinde.

      Sie nannte ihn aus Anhänglichkeit Pate. Er war hinter Luigi getreten und blinzelte kennerhaft.

      »Köstlich!« murmelte er.

      Rougon kam näher heran, und Clorinde selber sprang vom Tisch, um das Bild zu betrachten. Und alle drei wollten vor Entzücken vergehen. Die Malerei war sehr sauber. Der Künstler hatte bereits die ganze Leinwand mit einer leichten, durchsichtigen Farbschicht in Rosa, Blau und Gelb bedeckt, die den blassen Schimmer eines Aquarells hatte. Und das Gesicht lächelte mit einer hübschen Puppenmiene, mit seinen geschwungenen Lippen, den an den Enden aufwärtsgebogenen Brauen, den von zartem Zinnoberrot überhauchten Wangen. Es war eine Diana wie für den Deckel einer Konfektdose.

      »Oh, sehen Sie doch, dort neben dem Auge das kleine Leberfleckchen«, sagte Clorinde, vor Bewunderung in die Hände klatschend. »Dieser Luigi, nichts vergißt er!«

      Rougon, den Gemälde in der Regel langweilten, war hingerissen. In diesem Augenblick begriff er die Kunst. In sehr überzeugtem Ton gab er das Urteil ab: »Das ist vortrefflich gezeichnet.«

      »Und die Farbgebung ist hervorragend«, sagte Herr de Plouguern. »Diese Schultern sind wirkliches Fleisch ... Sehr reizend die Brüste. Besonders die linke ist frisch wie eine Rose ... Ah, welche Arme! Diese Kleine hat erstaunliche Arme! Besonders gefällt mir die Schwellung über der Ellbogenbeuge; das ist vollendet herausmodelliert.«

      Und zum Maler gewandt, fügte er hinzu: »Herr Pozzo, mein höchstes Kompliment. Ich habe schon eine ›Badende‹ von Ihnen gesehen. Aber dieses Porträt wird noch bedeutender ... Weshalb stellen Sie nicht aus? Ich kannte einen Diplomaten, der wunderbar Geige spielte; das hat ihn nicht gehindert, erfolgreich seinen Weg zu machen.«

      Luigi, sehr geschmeichelt, verbeugte sich. Inzwischen nahm das Tageslicht ab, und da er, wie er sagte, ein Ohr noch fertigmalen wollte, bat er Clorinde, ihre Stellung für längstens zehn Minuten nochmals einzunehmen.

      Herr de Plouguern und Rougon fuhren fort, sich über Malerei zu unterhalten. Letzterer gestand, daß ihn Spezialstudien davon abgehalten hätten, die Entwicklung der Kunst während der letzten Jahre zu verfolgen; aber er betonte nachdrücklich seine Bewunderung für schöne Werke. Er kam darauf zu sprechen, daß die Farbe ihn ziemlich kaltlasse; eine schöne Zeichnung befriedige ihn vollkommen, eine Zeichnung, die imstande sei, die Seele zu erheben und große Gedanken einzuflößen. Was Herrn de Plouguern anlangte, so liebte dieser nur die Alten; er habe alle Museen Europas besucht, er verstehe nicht, wie man so kühn sein könne, sich noch ans Malen zu wagen. Dennoch habe er im vergangenen Monat von einem Künstler, den niemand kenne und der wirklich viel Talent besitze, einen kleinen Salon ausschmücken lassen.

      »Er hat mir Amoretten, Blumen, Laubwerk ganz ausgezeichnet gemalt«, sagte er. »Tatsächlich glaubt man, die Blumen pflücken zu können. Und es gibt da Insekten, Schmetterlinge, Fliegen, Maikäfer, die man für lebend halten könnte. Kurz, das Ganze ist sehr heiter ... Ich liebe die heitere Malerei.«

      »Die Kunst ist nicht zum Langweilen da«, meinte Rougon abschließend.

      In diesem Augenblick, wie sie so nebeneinander gemächlich umhergingen, zerdrückte Herr de Plouguern unter dem Absatz seines Halbstiefels irgend etwas, das mit dem leichten Geräusch einer Knallerbse zersprang.

      »Was ist denn das?« rief er.

      Er hob einen Rosenkranz auf, der von einem Sessel geglitten war, auf den Clorinde wohl ihre Taschen entleert hatte. Eine der Glasperlen dicht beim Kreuz war zu Pulver zermalmt; am Kreuz selber, einem winzigen silbernen Kreuz, war einer der Arme umgebogen und plattgedrückt. Der Greis schwenkte den Rosenkranz mit höhnischem Lächeln und sagte: »Kleine, weshalb läßt du denn dieses Spielzeug herumliegen?«

      Aber Clorinde war purpurrot geworden. Mit aufgeworfenen Lippen und vor Zorn getrübten Augen sprang sie mit einem Satz vom Tisch, verhüllte eilig ihre Schultern, stammelte: »Der Rose! Der Rose! Er hat meinen Rosenkranz kaputtgemacht!«

      Und sie entriß ihm den Rosenkranz. Sie weinte wie ein Kind.

      »Na, na«, sagte Herr de Plouguern, noch immer lachend. »Sieh einer meine Betschwester an! Neulich morgens hat sie mir fast die Augen ausgekratzt, weil ich sie, als ich hinten in ihrem Alkoven einen Palmzweig entdeckte, gefragt habe, was sie denn mit dem kleinen Besen da fege ... Weine doch nicht mehr, kleines Schaf! Ich habe dem lieben Gott nichts gebrochen.«

      »Doch, doch«, schrie sie. »Sie haben ihm weh getan.«

      Sie duzte ihn nicht mehr. Mit zitternden Händen entfernte sie den Rest der Glasperle. Dann wollte sie unter verstärktem Schluchzen das Kreuz in Ordnung bringen. Sie wischte es mit den Fingerspitzen ab, als habe sie Blutstropfen auf seinem Metall perlen sehen. Sie flüsterte: »Der Papst hat ihn mir geschenkt, als ich ihn zum erstenmal mit Mama besuchte. Er kennt mich gut, der Papst; er nennt mich ›seinen schönen Apostel‹, weil ich ihm eines Tages gesagt habe, daß ich gern für ihn sterben würde ... Ein Rosenkranz, der mir Glück brachte. Jetzt wird er keine Kraft zum Guten mehr haben, er wird den Teufel herbeiziehen ...«

      »Komm, gib ihn her«, fiel ihr Herr de Plouguern ins Wort. »Du wirst dir die Fingernägel verderben, wenn du das in Ordnung bringen willst ... Silber ist hart, meine Kleine.«

      Er hatte den Rosenkranz wieder an sich genommen, er versuchte, den Querbalken des Kreuzes geradezubiegen, behutsam, um es nicht zu zerbrechen. Clorinde weinte nicht mehr, mit starren Augen sah sie ihm gespannt zu. Auch Rougon streckte mit einem Lächeln den Kopf vor; er war von einer erbärmlichen Ungläubigkeit, in einem solchen Maße, daß das junge Mädchen schon zweimal nahe daran gewesen war, wegen unangebrachter Scherze mit ihm zu brechen.

      »Donnerwetter«, sagte Herr de Plouguern halblaut, »weich ist er nicht, dein lieber Gott! Ich habe nur Angst, ihn mitten entzweizubrechen ... Du sollst deinen lieben Gott ersetzt bekommen, Kleine.«

      Er machte einen neuen Versuch, das Kreuz brach glattweg durch.

      »Ach, das tut mir leid!« rief er aus. »Diesmal ist es entzweigegangen.«

      Rougon hatte zu lachen begonnen. Da wich Clorinde mit tiefschwarzen Augen und verzerrtem Gesicht zurück, sah die beiden starr an, stieß sie dann mit geballten Fäusten wütend weg, als wolle sie sie zur Tür hinauswerfen. Wie von Sinnen beschimpfte sie sie auf italienisch.

      »Sie schlägt uns, sie schlägt uns«, sagte Herr de Plouguern fröhlich.

      »Da sieht man die Früchte des Aberglaubens«, stieß Rougon zwischen den Zähnen hervor.

      Der Greis hörte auf zu scherzen, zeigte plötzlich eine ernste Miene; und als der große Mann fortfuhr, lauter hergebrachte Redensarten über den verabscheuungswürdigen Einfluß des Klerus, über die erbärmliche Erziehung der katholischen Frauen, über den Niedergang des den Priestern ausgelieferten Italiens vorzubringen, erklärte er mit

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