DarkZone. Juryk Barelhaven
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Im Armeewagen befanden sich neben dem Fahrer und einer weiteren Wache noch zwei andere Personen, von denen einer der neue Geschäftspartner des Militärkomplexes war. In einem auffälligen Dreireiher gekleidet war Charlie der Bestangezogene - ganz anders als sein Zweiter Sekretär, Arthur Lentings, der nur mit einem gewöhnlichen, dunklen Zweireiher gekleidet war und in alles eingeweiht war. Und er wollte nicht hier sein. „Das sollten Sie sich vielleicht nochmal überlegen, Sir.“
„Schau sie dir an“, bemerkte Charlie abfällig. „Die Idioten bewachen einen toten Vorort. Ich hätte die Mittel schon längst gekürzt und etwas Neues darauf gebaut. Keinen Weitblick.“
„Also, mir gefällt das nicht“, murmelte sein Gegenüber und knackte nervös mit seinen Knöcheln. „Ich wünschte, ich könnte Sie begleiten, Sir…“
„Danke, Arthur.“ Noch bevor der Motor mit einem asthmatischen Keuchen verstummte, stand er schon draußen – ein großer, kräftiger Mann in mittleren Jahren, der zum Schutz gegen die morgendliche Kühle des Herbsttages einen teuren Anzug trug. Hinter ihm wuchtete sein Sekretär zwei schwere Koffer aus dem Wagen.
Einer der Panzer drehte sein Geschützturm auffällig langsam in seine Richtung und zeigte mit seinem Rohr die Bereitschaft nötigenfalls den unerwünschten Eindringling zu den Sternen zu schicken. Es waren ständig Trupps in Dreiergruppen unterwegs, die mit schweren Maschinengewehren patrouillierten und sich wahrscheinlich langweilen mussten. Bei einem Frontalangriff - egal wie groß das angreifende Bataillon wäre - würden sie jedoch alle wie zornige Wespen zur Stelle sein.
Der zugeteilte Wachmann ging mit einer Arbeitsmappe voraus zum Tor und ließ Charlie allein mit seinem Adjutanten.
Angst und Erregung stiegen, als Charlie fast beiläufig auf seine Uhr blickte. Es war gleich acht Uhr und die Sonne kletterte langsam, sehr langsam über die Hochhäuser.
Ein leichter Windhauch rauschte durch die Bäume. Der blaue Himmel war wolkenleer. Der Weg lag vor ihm. Der gewaltige Wall markierte die Grenze zwischen seiner Welt und einem Land, indem es keine Sicherheiten geben würde. Auf einmal war seine Erwartung stärker als seine Angst. Er wollte endlich gehen, wollte, dass die Sache endlich begann.
„Da sind Sie ja. Willkommen bei unserer glorreichen Armee“, rief ihnen ein Mann zu, der wohl eine leitende Beraterfunktion beim Militär innehatte. „Wir freuen uns über ihr Erscheinen. Die Drinks werden im Besprechungszimmer serviert.“
„Ich habe nicht viel Zeit, aber ich bin grundlegend mit allen Details einverstanden“, erwiderte Charlie und schüttelte im Gehen dem Berater die Hand. „Von mir aus können wir die Drinks weglassen und gleich zur Unterzeichnung übergehen.“
„Vortrefflich, Sir. Sollen wir die Koffer in einen unserer Tresore verstauen?“
„Bedaure. Dort pflege ich meine kostbaren Schätze von der Reise zu verstauen. Mein Sekretär wird sie anstaltslos tragen, bis wir wieder am Flughafen sind.“
Der Berater runzelte knapp die Stirn und bedeutete den Wachen beiseitezutreten. Man behelligte sie nicht mehr.
Im angrenzenden Besucherbereich wurde Charlie mit den Einzelheiten des „neuen, verbesserten Waffenlieferungsvertrages“ (den er selbst kurzfristig vorgeschlagen hatte) von einem stocknüchternen Anwalt vertraut gemacht, und kaum hatte der CEO den lachhaft kaum gewinnträchtigen Handel mit seiner Unterschrift abgeschlossen, wurde er sehr zum Bedauern der Gastgeber wieder zum Ausgang geführt. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es genau neun Uhr war.
Das war alles Teil des Plans. Kurz vor dem Ausgang schüttelten er und sein Sekretär den Berater ab und verzogen sich mitsamt der Koffer auf die Toiletten. Neugierige Augen beobachteten sie bis zur Tür.
„Ich dachte, die gehen nie mehr. Was für ein Aufwand! War es das wert, Sir?“
„Die paar Raketen sind nicht die Rede wert, Arthur. Sie warten zwanzig Minuten nach meinem Verschwinden und gehen mit den Koffern brav zurück zum Auto. Den Rest erledige ich.“
Schnell entledigte sich Charlie seines Anzugs und legte einen Neoprenanzug an, der seinen gesamten Körper außer den Füßen und den Händen umhüllte. Das widerstandsfähige Material war leicht und doch stich- und kugelfest. Komplizierte Technik regulierte seine Körpertemperatur, so dass er selbst bei hohen Temperaturen nicht schwitzen würde. Darüber eine dunkelgraue Fleecejacke, einen kleinen Sportrucksack mit einer Wasserflasche, Energieriegel und einem Erste-Hilfe-Set. Eine Schusswaffe GLOCK 17 im Kaliber 9 mm (Schießtest auf 25 m, gezielte Schüsse, GECO-Patronen mit 124-Grain-Vollmantelgeschoss, Kosten dreihundert Dollar) rundete seine Ausrüstung ab. „Heute Abend trinken wir beide auf meinen Erfolg, Arthur.“
„Ich hoffe es, Sir.“ Der kleinere Mann von beiden wirkte unglücklich und starrte zu Charlie, der mit einem Satz auf den Toilettenkasten sprang und sich an die Deckenverkleidung zu schaffen machte. „Sir, wenn man Sie erwischt, werden Sie eine Menge unschöner Fragen beantworten müssen.“
Charlie antwortete nicht, kletterte über die Kante und robbte durch den dunklen, staubigen Bereich – beständig darauf bedacht, keinen Lärm zu machen. Nach zwanzig Metern fand er eine passende Stelle, kletterte in den nächsten Raum und lugte um die Ecke, wo er die Tür zum Hinterhof des Besucherbereichs erreichte. Genau nach seinen Infos gab es im Besucherbereich keine Kameras und kaum Wachen. Behände huschte er durch die Tür und stand wenig später seinem Kontakt gegenüber.
Charlie überquerte verstohlen die schmale Gasse, wobei seine Körperhaltung irgendeine schändliche Absicht verriet. Seine Erregung stieg förmlich – teils aus Vorfreude, teils aus der Gefahr, in die er sich begab. Die kurgisiesche Regierung war ihm wohlgesonnen, doch selbst bei Verstößen gegen ihre strengen Sicherheitsvorschriften verstanden sie keinen Spaß.
Mahershala stand reglos da und wartete geduldig wie eine Statue aus Stein. Jetzt trug er die Uniform der kurgisieschen Armee und hielt eine AK-747 locker in der Hand. Als er Charlie durch die Schatten auf sich zukommen sah, hörte Charlie ihn leise fluchen. „Da sind Sie ja.“ Er holte eine Serviette hervor und reichte sie ihm. Mit Bleistift war ungelenk ein Code aus Zahlen zu sehen. „Verlieren Sie sie nicht!“
„Und der Eingang?“
„Unter ihnen.“ Wie zum Beweis stampfte der Schichtleiter auf den Gullideckel unter sich. „Gehen Sie die Treppe runter, geben Sie den Code ein und kommen Sie bloß um dreizehn Uhr wieder zurück! Wo ist mein Geld?“ Ohne das Geld zu zählen, steckte Mahershala den Umschlag ein. „Meine Kollegen schauen sich ein Spiel im Fernsehen an. Sie müssen sich beeilen.“
Um dreizehn Uhr, also. Jetzt ist es knapp halb zehn Uhr. Kinderspiel.
Charlie hob den Gullideckel an, schwang sich in das Loch und stand sofort auf einer blankpolierten Treppe, die ins dunkle Nichts führte. Gerade wollte er noch etwas Sarkastisches erwidern, als Mahershala den Deckel schnell wieder zurückschob – und sofort wurde es um ihn dunkel.
Keine grauen Nuancen in der Schwärze, die ihn umgab, keine Sterne und keine matte Reflexion der Wolkendecke. Er zwinkerte mehrmals, und als er immer noch nichts sah, begann er die Wände um sich abzutasten und die Treppe behutsam herunterzugehen. Dabei stieß er mit der Hand gegen feuchte Wände. Eine Höhle, dachte er verwundert. Stolpernd machte er sich auf dem Weg.
Als er zuerst den Tunnel etwas genauer angesehen hatte, hatte er fast erwartet, Zeichnungen von gehörnten Tieren und von Jägern mit Speeren an den Wänden zu finden. Er hatte solche Zeichnungen