DarkZone. Juryk Barelhaven
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Scheiße! durchfuhr es ihm und als er endlich verstand, brach ihm der Schweiß aus.
Jemand…
…lebt hier.
Auf dem staubigen Boden waren deutlich Fußspuren zu sehen.
Langsam und vorsichtig ging er auf die Treppe zum Dach zu, bis eine innere Stimme ihn warnte, dass er allmählich zu viel Abenteuer bekam als gut für ihn war, dass Fremde bestimmt nicht erfreut waren, wenn er durch ihren Vorgarten herumlief. Zuhause passten Leibwächter und ein ganzer Sicherheitsdienst auf ihn auf – wer passte auf ihn … hier!?
Er lauschte in der Ferne und glaubte etwas zu hören. Langsam wich die Verspieltheit von ihm; das sorglose Tun des mächtigen Charlie O´Neill begann zu bröckeln – nur leicht, aber der Nervenkitzel regte ihn auf. Sehr.
Oh, das ist gut. Ja, dafür habe ich bezahlt.
Er leckte sich über die Lippen und fühlte Erregung. Na also, dachte er und begann weiter die Treppe hochzugehen, die in einen schmalen Gang zu einem Dach führte.
Die Vorstellung, dass jemand hier lebte, war schon recht abenteuerlich. Doch der Gedanke, dass er oder sie ihn bereits aus der Deckung beobachteten, faszinierte ihn.
Er grinste leicht.
Da war dieser Film, den er durch Zufall vor Jahren gesehen hatte. Nach einem jener Abende, wo er müde und ausgelaugt sich zuhause entspannen wollte, hatte er einen dieser geschmacklosen Horrorfilme gesehen – wie war gleich noch der Name? Üblicherweise zählten Filme dieser Art zur billigsten Massenunterhaltung und waren nichts anderes als eine Aneinanderreihung von geschmacklosen Folterszenen und Schockeffekten, doch dieser Film war anders gewesen: subtil, leise und vor allen Dingen erschreckend gut: ein Ehepaar, das in eine abgelegene Stadt zog, musste feststellen, dass die Bewohner nachts Jagd auf Frischfleisch machten. Nicht die Story oder das Ende hatten ihm gefallen, sondern die Machart: subtile Andeutungen, kein CGI aber dafür Spiele mit Schatten und Geräuschen. Das Drehbuch, die Schauspieler und jeder, der da mitgewirkt hatte, hatte gute Arbeit abgeliefert. Das war guter Horror gewesen.
Das hier… war ähnlich. Ziemlich aufregend.
Was ist, wenn ich auf jemanden treffe? schoss es ihm plötzlich durch den Kopf. Wenn sie mich zum Tee einladen wollen, oder mich in ein Gespräch verwickeln? Und ich stehe hier mit einer Waffe!
Sofort kam er sich dämlich vor und senkte die Waffe wieder, als ihm ein neuer Gedanke kam – diesmal hässlich: Was ist, wenn sie mich nicht mehr weggehen lassen wollen?
Keine Angst! meldete sich eine strenge Stimme in seinem Kopf. Du kennst Rechtsanwälte; ach was, ganze Kanzleien, die ihnen den Stuhl unter dem Arsch wegpfänden. Niemand legt sich mit dem reichsten Mann der Ostküste an! Mach dir keine Gedanken. Du holst das Buch aus der Bibliothek des Hotels und gehst zurück. Ende der Geschichte.
Er leckte sich über die Lippen und ging ins Licht.
Das Dach war mit einem Kiesboden versehen. Der Wind sauste in seinen Ohrmuscheln, und für kurze Zeit verhüllte eine Wolke die Sonne und warf einen Schatten auf das Dach, wie den einer riesigen Fledermaus… oder eines sehr dunklen Omens. Charlie kam jetzt wieder voll zu Bewusstsein, wie still es hier war, wie unheimlich das Gelände mit seinen Ruinen und den überall wild herumwachsenden Unkraut war – so als hätte hier vor langer Zeit einmal die Bevölkerung entschieden, sich zu verkrümeln.
Nun sei mal keine Pussy! versuchte er sich selbst zu beruhigen. Niemand lebt hier. Gleich nach der Katastrophe wurde alles evakuiert. Und selbst wenn jemand geblieben ist, dann hat das Eplexherix-10 ihm den Rest gegeben. Das eben war nur eine Täuschung – nichts weiter. Oder glaubst du, dass du der erste und einzige bist, der hier nach Souvenirs sucht?
Nein… nein, das glaube ich nicht. Aber… aber…
Was- aber? fragte der rationale Teil seines Gehirns, und Charlie fand, dass sich diese Stimme etwas zu hektisch und zu laut anhörte. Selbst wenn hier ein Obdachloser den König von Garnichts spielt, kann dir das doch egal sein! Das sind hier fast 840 Quadratmeilen großes Gelände, und wahrscheinlich sitzt er gerade zwanzig Meilen von hier entfernt und kackt in einen Busch! Kackt in den Busch, und freut sich, dass er König von Garnichts ist. Ein Duke der Einsamkeit, Ein Darth Vader ohne Imperium. Trauriger, kleiner Obdachloser, der seine Socken im Fluss wäscht und sich nackig durch die Stadt trollt. Ein Versager, ein kleiner, unbedeutender…
Die Stimme verstummte, weil jetzt ein neues Geräusch erklang.
Weinen. Jemand weinte.
Diesmal splitterte seine Coolness und ein Schauder lief ihm über den Rücken. Das Weinen war leise, aber nicht zu überhören. Wehklagen von Menschen, mit gelegentlichen Stottern versehen als würde es der Person Schmerzen bereiten zwischen den Seufzern Luft zu holen.
Charlie wandte den Kopf mit laut pochendem Herzen langsam.
Es war eine Szene, eingefroren in Raum und Zeit; bar jeder Normalität: dort stand jemand auf dem Dach. Ein Mensch. In Fleisch und Blut. „… verschwinde…“, stieß die Frau krächzend hervor und zog an ihrem Kleid; ein Fetzen aus Sonnenblumenmuster und Dreck, die Haare strähnig und verlaust – aber das war noch nicht das Schlimmste. „Ich… will heim…“ Eine dünne Asiatin. Mit einem Bündel.
Charlie klappte der Kiefer nach unten. Im ersten Moment traute Charlie seinen Augen nicht. Er stand da wie gelähmt. Es war nicht nur der Schock, eine junge Frau in einem völlig verdreckten Kleid auf dem Dach eines leerstehenden Gebäudes zu sehen, deren Arme zerkratzt und blutig waren. Teilweise rührte der Schock auch einfach daher, plötzlich etwas völlig Unerwartetes zu sehen. Er hatte mit einer halbwegs beeindruckenden Kulisse aus Dächern und Zerfall gerechnet; nicht mit einer jungen Frau mit blutenden Händen und aufgeschnürten Knien. Einer verwahrlosten Frau, die ein rotes Bündel in den Armen hielt.
Der Moment zog sich in die Länge, die Puzzleteile brauchten lange in Charlies Kopf, um sich selbst zu finden… aber als die Stücke langsam an ihren Platz kamen, durchlief ein weiterer Schauer über seinen Rücken. Er schluckte trocken. Was war in dem Bündel?
Er blickte in die dunklen Augen, die so schwarz waren wie warmer Teer, und in dem grausigen Moment, bevor Charlies Erstarrung sich löste, konnte er erahnen, dass sich in dem Bündel etwas regte.
Was ist in dem Bündel?
„Was ist denn los?“, krächzte er leise. „Hey, was ist los?“
„Ich muss weg…“, quiekte die Stimme, triefend voller Verzweiflung. „Ich muss…“
„Moment, wo wohnst du? Wie heißt du?“
„Sie sind alle … alle tot.“
Charlie wollte gehen; er wusste, dass er gehen konnte. Jetzt. Nicht in ein oder zwei Minuten, sondern JETZT! Die Beine in Bewegung setzen und einfach vom Dach runter. Und gehen. Wieder zurück zum Schott. Zurück ins alte Leben. Zurück aus diesem Tal. Fort von der Frau mit dem Bündel…
„Wer ist tot?“ Er wusste, dass er die Antwort mehr fürchtete, als alles was er bislang kennengelernt hatte.
Was ist in dem Bündel?
„Nein,