'I'-Gene. C.-A. Rebaf
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Das Smartphone meldete sich noch einmal, die Drohne mit zwei braunen Packpapiertüten landete gerade vor der Haustüre und Carol entnahm ihren Einkauf, quittierte den Empfang auf dem Touch-Display und räumte die Waren in den Input-Port des Kühlschranks ein, wo sie eingescannt und so registriert wurden.
Kitty, ihre betagte Katzendame, schnurrte ihr zwischen den Beinen und forderte sie lautstark auf, die Morgenmahlzeit zu servieren. Die alte Dame war schon 15 Jahre alt, aber noch immer tigerte sie topfit durch die Wohnung. Carol und Thor hatten sich an sie gewöhnt.
Thor hat sie dressiert, ihn nicht auf der Toilette zu stören! Er spreizte Zeige- und Mittelfinger zu einem ‚V‘-Zeichen und richtete dies mit ausgestrecktem Arm auf die Augen des Pelztieres. Er wusste auch nicht genau warum, aber nach einigen Versuchen klappte es und er musste nur das ‚V‘-Zeichen machen und schon trollte sie von dannen. Irgendwie hatte Thor das Gefühl, dass dieser Angriff auf die Augen dem Tier unangenehm war.
Im Stadtteil Paunsdorf, wo es eine herrliche Sauna-Landschaft gibt, ging im gleichen Moment auch Andromeda ins Bad, vervollständigte ihr Make-up und machte sich auf den Weg mit ihrem kleinen FIAT 500 ‚Refit-Elektro‘ zur Permoserstraße, wo sie im „Institut für Vergleichende Bioinformatik“ arbeitete. Der Verkehr war, wie immer, zäh, aber die vier kleinen Elektromotoren an den Rädern brachten es auf gut 250 PS. Irgendwann um 2020 herum wurde der alte Abarth-Verbrennungsmotor in dieser kleinen Knutschkugel durch Elektroantrieb ersetzt. Das war jetzt auch schon eine Weile her. Aber die neue, immer weiter verbesserte Elektroantriebstechnologie, erlaubten Andromeda jetzt mega-schnelle Überholmanöver und Lücken-Hopping auch im dichtesten Verkehr, weil das Gangschalten jetzt wegfiel. Die Anzugleistung aus dem Stand gefiel Andromeda besonders. Mit keinem Verbrennungsmotor wurde sie beim Beschleunigen so stark in den Sitz gedrückt, zumal ihr Gefährt nur aus einem Sitz mit Akkumulatoren rund herum und den Antriebsmotoren bestand. Andromeda liebte es, besonders schnell zu fahren und kam in Rekord-Zeit am Institut an.
Dort erledigte sie ihre Routine und scrollte dann gezielt durch die Informationsbanken ihres Computers. Sie war sehr streng organisiert. Es gab Freunde, die ihr bescheinigten, dem autistischen Umfeld zugeordnet zu sein; wohl der Grund, warum ihr die Informatik so ans Herz gewachsen war. Sie liebte diese Betätigung, da sie ihren zwanghaften Drang, Ordnung und Struktur zu schaffen, befriedigen konnte. Sie vermied allzu viel menschliche Nähe, weil sie ihr nicht gut tat. Aber sie sehnte sich doch immer danach. Das war der Konflikt ihres Lebens, den sie immer durch ihre hervorragende Arbeit zu kompensieren versuchte. Das spiegelte sich auch in ihren wechselnden Beziehungen zu Männern wieder, die ihr bisheriges Leben durchzogen. Immer dann, wenn sie dachte, bei einem Mann ange-kommen zu sein, wunderte sie sich, dass dieser nicht akzeptieren konnte, dass sie ihre Freiheit - wie sie es nannte - brauchte und die Forderungen der Gegenseite nach mehr und häufiger Nähe und Zweisamkeit schroff ablehnte. Aber sie hatte ja ihre Computerwelt – hier war es ihr besonders wichtig, durch die Herstellung von Verbindungen zwischen den weltweit bestehenden Daten-Clouds, eine neue Informationsqualität zu erzeugen. Die Sehnsucht nach menschlicher Nähe kompensierte sie im übertragenen Sinne dadurch, dass sie Nähe für Datenbanken erzeugte. Dabei spielte es oft keine Rolle, ob die Datenformate kompatibel waren, denn es gab inzwischen ausreichend technische Möglichkeiten diese Kompatibilität zu erzeugen.
Gerade kürzlich war es ihr gelungen, Scans von Aufzeichnungen aus dem British Museum aus tiefster Vergangenheit zu digitalisieren und so der Datenwelt zu eröffnen. Das waren handschriftliche Beschreibungen von Ausgrabungen in Ägypten im 19. Jahrhundert; darunter auch kleinste Notizen. Aber es zeigte sich mit fortschreitender Entwicklung, dass solche Beobachtungen aus der Vergangenheit für die moderne Forschung immer wichtiger wurden. Das Daten-Digging in den Archiven der Museen wurde immer wichtiger und Andromeda lieferte dazu entscheidende Beiträge. Nicht nur Dokumente, die in wissenschaftlichen Archiven zu finden waren, sondern vor allem private oder halb-private Aufzeichnungen, die auf skurrilen Wegen die Öffentlichkeit erreichten, gaben besonders viele Hinweise. Vor allem, wenn man diese dann wie Puzzleteile in die Lücken füllte, die die unvollständige Wissenschaft der Vergangenheit hinterließ. Oft waren das Papiere, die auf einem Speicher, in einem englischen Schloss, in Schrank-koffern gefunden und dann über Ebay zum Verkauf angeboten wurden. Andromeda prüfte da gerade wieder einmal eines dieser unzähligen Angebote. Es war sehr schwierig, die Spreu vom Weizen zu trennen und etwaige raffinierte Fälschungen von Authentischem zu unterscheiden. Das ihr gerade neu angebotene Tagebuch soll von einem Diener geschrieben worden sein, der den berühmten Ägyptologen Carter auf seinen Expeditionen im Land der Pharaonen begleitete. Sein Name war John. Er schrieb eigentlich eher aus Langeweile und weil er es seinem Herrn gleichtun wollte. Der Inhalt war eher bescheiden, die Sätze sehr einfach und es gab massenweise Worte aus dem Cockney, die erst mit viel Mühe ins Hochenglische über-tragen werden mussten. War dies geschafft, dann konnte der Text einer vernünftigen Analyse unterzogen werden. Andromeda hatte eine Software geschrieben, die die Fakten – einzelne Puzzlesteine – aus dem Zusammenhang heraus-zog, vereinzelte und in eine Datenbank einspeiste. Diese verglich sie dann mit denen der wissenschaftlichen Literatur. Es war erstaunlich, wie viele Bestätigungen und logisch sinnvolle Ergänzungen zu den Originalarbeiten, etwa von Newton, Darwin oder Lavoisier, zu Tage kamen. Das gesamte Vorgehen entsprach dem Charakter von Andromeda und erfüllte sie mit ungeheurer Befriedigung, wenn sie wieder eine Puzzle-Fehlstelle gefüllt hatte.
Im Lauf des Vormittags checkte sie ihre E-Mails und war gespannt, ob der eBay-Anbieter ihr eine Probe hatte zukommen lassen, wie sie es gefordert hatte. Sie wollte ja keine Katze im Sack kaufen, zumal sie ja dafür Institutsgelder einsetzte und sich entsprechend rechtfertigen musste. Aber da sie bereits erfolgreiche Zukäufe in der Vergangenheit getätigt hatte, vertraute man ihr zunehmend.
Tatsächlich, sie erhielt einen File mit einem kurzen Aus-schnitt aus dem angebotenen Tagebuch. Mit Mühe entzifferte sie die krakelige Handschrift:
kam der Doktor in das Zelt und mein Herr wies mich an, ihnen beiden Tee zu servieren. Die beiden Herren unterhielten sich zunächst über die Hitze und dann beugte sich der Gast über einen Holzkasten, in dem ein wildes Durcheinander von Knochen und Knöchelchen aufgeschüttet war. „Die haben wir auf dem Boden zusammengefegt“, erläuterte mein Herr. „Das erscheint mir nicht sehr professionell dokumentiert“, schmunzelte der Gast. „Wir können uns mit diesem Kleinkram nicht verzetteln,“ entschuldigte sich mein Herr, „wir wollen doch die Mumie finden und uns nicht mit solchen Details verspielen!“ Der Doktor nahm anscheinend zufällig ein Knöchelchen und sagte, das sieht ja eher aus, als ob es von einem Hund stammt“…
Das war alles, und damit sollte Andromeda jetzt eine Entscheidung treffen. Das Gebot stand bereits auf 15.000 NEuro. Nach dem Zusammenbruch des europäischen Währungssystems, wurde der „Nord-Euro“ eingeführt, wie er ausgeschrieben hieß. Inzwischen eine gängige Weltwährung, die neben dem US$ üblich war. Die südlichen Euro-Staaten hatten weiterhin die 'Ur'-Währung, den Euro, beibehalten, der jährlich gegen den NEuro abgewertet wurde. Kein Wunder, hatte sich sogar die Schweiz dazu durchgerungen, dieser Verbundwährung von Frankreich, Belgien, Luxemburg, Niederlande, Deutschland und Russland beizutreten. Die Schweizer Nationalbank war im Gegenzug maßgeblich bei der Formulierung der Statuten beteiligt gewesen, was dem Erfolg dieser Währung sehr gut tat. Einige Professoren aus St.Gallen hatten die alte SNB sehr gut beraten und die russische Komponente wurde darin hervorragend integriert, vor allem wegen der dortigen noch immer hohen Rohstoffvorkommen. Nach anfänglicher Parität mit dem US$ war nach wenigen Jahren der NEuro etwa 3-4 mal mehr wert und nach der Umstellung des Energiemarktes auf diese neue Währung war es üblich, internationalen Geschäfte auf dieser Basis abzuwickeln.
Irgendetwas sagte Andromeda, dass dies wirklich ein authentisches Dokument war. Ihr Bauchgefühl war inzwischen sehr gut entwickelt. Sie gab sich einen Ruck und gab 50.000 NEuro als Höchstgebot ein und war sicher, damit diese Versteigerung zu gewinnen. Die Restlaufzeit war eh nur noch kurz. „Das gibt wieder