Forschungsmethoden in der Fremdsprachendidaktik. Группа авторов

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      Was wird erforscht?

      Fremdsprachendidaktische Forschung dient dem Ziel, die Komponenten des Sprachunterrichts, dessen Ziele, Inhalte und Methoden, aber auch die Prozesse der Sprachaneignung und die Kontexte, in denen Lehren und Lernen realisiert wird, besser zu verstehen und in Folge effektiver zu gestalten. Wenn man also das Didaktische Dreieck zum Ausgangspunkt einer Analyse nimmt, dann bestehen für die fremdsprachendidaktische Forschung die vier Optionen, ihren Fokus stärker auf die Lern(er)perspektive, die Lehr(er)perspektive oder die Inhaltsperspektive zu legen; als weiterer Fokus kommt der Kontext hinzu, in dem Lehren bzw. Lernen verortet ist.

      Betrachtet man die jüngere deutsche Tradition der fremdsprachendidaktischen Forschung in den vergangenen gut einhundert Jahren, so kann man Phasen unterscheiden, in denen einzelne der genannten Schwerpunkte im Zentrum der Forschung standen, während andere kaum Beachtung fanden. Zu jeder Zeit gibt es Bereiche des Sprachenlernens, die als weitgehend geklärt oder unstrittig gelten, so dass sie als wenig ertragreich für die Forschung betrachtet werden. Gegenwärtig ist das etwa für die generelle Ausrichtung des Fremdsprachenunterrichts auf funktionale Sprachfertigkeiten der Fall. Dass dies ein wichtiges Ziel ist, wird theoretisch kaum hinterfragt; die Mehrzahl der Forschungsvorhaben konzentriert sich vielmehr auf Fragen nach dem optimalen Gestalten von Lernumgebungen, Aufgaben oder Leistungsmessung innerhalb des akzeptierten Konzepts.

      Solange fremdsprachendidaktische Forschung vor allem durch die Sprachlehrer selbst erfolgte, standen Fragen nach der methodischen Gestaltung des Unterrichts und nach der Eignung bestimmter Texte und Materialien im Vordergrund. Die Lern(er)perspektive findet sich in dieser Zeit nur sehr selten. So scheint zwar die kleine Monographie von Felix Franke (1884) aufgrund ihres Titels „Die praktische Spracherlernung auf Grund der Psychologie und der Physiologie der Sprache dargestellt“ einen Fokus auf das Lernen zu besitzen, doch geht es Franke vielmehr um die möglichst einsprachige, aus seiner Sicht natürliche Methode, um Sprachen zu vermitteln. Die nützliche und leider fast vergessene Bibliographie von Kohl/Schröder (1972), die Veröffentlichungen zur englischen Fachdidaktik und deren Bezugsfelder bis 1971 aufführt, liefert für die Zeit bis 1960 unter der Rubrik „Der Fremdsprachen-Lernprozess“ (Kohl/Schröder 1972: 62–65) wesentlich weniger Einträge als ab 1960. Insgesamt enthält die Bibliographie zu dem Themenbereich des Fremdsprachen Lernens nur einen geringen Bruchteil an Publikationen im Vergleich zu denen, die unter „Methodische Grundfragen“ zusammengestellt sind (Kohl/Schröder 1972: 191–286) und die sich also mit der Lehrperspektive befassen. Auch wenn viele der in dieser Bibliographie genannten Aufsätze und Monographien nicht zur Forschungsliteratur im engeren Sinne gezählt werden können, so werden doch zeitlich bedingte Schwerpunktsetzungen sehr deutlich.

      Die Lern(er)perspektive wird ab den 1970er Jahren im Zuge der Etablierung der Sprachlehrforschung sehr viel stärker berücksichtigt. Dieser Blickwechsel wird durch internationale Entwicklungen gestützt, die der Second Language Acquisition Research zur Blüte verhelfen (Königs 2003). Applied Linguistics emanzipiert sich von der Sprachwissenschaft und behauptet sich seitdem als eigener Forschungszweig. Zahlreiche Verbands- und Zeitschriftengründungen im englischsprachigen Raum in den 1960er und 1970er Jahren tragen dem Rechnung. So gibt es die „Association Internationale de Linguistique Appliquée“ (AILA) seit 1964, die „British Association for Applied Linguistics“ (BAAL) seit 1967, die „American Association for Applied Linguistics“ (AAAL) seit 1977.

      Organisationen und Zeitschriften, die sich auf Forschung zur Vermittlung einer Sprache konzentrieren, sind in der Regel jüngeren Datums als diejenigen, die sich mit mehreren lebenden Sprachen befassen, was die fortlaufende Differenzierung des gesamten Feldes in Einzeldisziplinen in Deutschland und im internationalen Raum widerspiegelt. So gibt es die Vereinigung der Fremdsprachenlehrer in den USA, die „National Federation of Modern Language Teachers“, und ihre Zeitschrift „Modern Language Journal“ bereits seit 1916. Nach dem zweiten Weltkrieg werden wichtige internationale englischdidaktische Zeitschriften gegründet: „English Language Teaching“ (heute: „English Language Teaching Journal“) besteht seit 1946, „TESOL Quarterly“ seit dem Jahr 1966, „Language Teaching“ seit 1967. Auch in Deutschland differenziert sich das Angebot an einzelsprachigen Zeitschriften erst ab den 1960er Jahren aus: „Englisch“ wird 1965 gegründet, „Englisch-Amerikanische Studien (EASt)“ im Jahr 1979.

      Man kann wahrscheinlich davon ausgehen, dass Dissertationen und Habilitationsschriften im Großen und Ganzen mit den jeweils aktuellen Forschungstrends konform gehen. Blickt man auf die Themen der seit dem Jahr 1843 abgeschlossenen Arbeiten (Sauer 2006 und DGFF-Webseite, siehe Fußnote 2), dann lassen sich anhand der Titel die thematischen Schwerpunkte zumindest oberflächlich feststellen. Tabelle 1 gibt einen Überblick.

Thematischer Schwerpunkt 1843 bis 1970 1971 bis 1999 2000 bis 2014
N = 29 N = 336 N = 282
Inhalte 1 24 % 123 37 % 86 30 %
Lehren, Lehrer 10 34 % 58 17 % 56 20 %
Lernen, Lerner 7 3 % 127 38 % 124 44 %
Kontext 12 41 % 28 8 % 16 6 %

      Tabelle 1:

      Themenbereiche fremdsprachendidaktischer Dissertationen und Habilitationen 1843 bis 2014

      Selbstverständlich kann eine solche Übersicht nur einen groben Trend verdeutlichen, denn zum ersten sind vermutlich nicht alle Dissertationen und Habilitationen in den benutzten Übersichten erfasst, zum zweiten lässt sich das Themengebiet aus den Titeln nicht immer eindeutig bestimmen und zum dritten umgreifen sehr viele Arbeiten vermutlich mehr als nur einen Schwerpunkt. Dennoch ist die Verlagerung von der Lehrperspektive zur Lernperspektive klar zu erkennen. Studien zu den Inhalten des Fremdsprachenunterrichts haben sich in ihrem Anteil nicht wesentlich verändert, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass literatur- und kulturdidaktische Untersuchungen in der deutschen Fremdsprachendidaktik – anders als etwa im englischsprachigen Raum – seit jeher einen hohen Stellenwert besitzen.

      Wie wird geforscht?

      Wenn man von den drei großen Kategorien von Forschung ausgeht, die auch in diesem Handbuch unterschieden werden, nämlich historische, theoretische und empirische Forschung, dann haben sich die Gewichte in den letzten drei Jahrzehnten stark zur empirischen Forschung hin verschoben. Vor gut hundert Jahren gab es zwar auch schon erste empirische Studien zum Fremdsprachenunterricht, der Großteil der Forschung war jedoch eher theoretisch-konzeptuell und historisch-beschreibend ausgerichtet. Es ist nicht verwunderlich, dass die historische ForschungForschunghistorische in den letzten Jahrzehnten des 19. und bis in die späten 1960er Jahre bedeutsam war, denn jede neue Disziplin sucht im Prozess der Selbstdefinition und Selbstfindung nach historischen Wurzeln und Belegen für eine eventuell schon vorhandene Tradition.

      Während im englischsprachigen Raum mit der Entwicklung der Applied Linguistics

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