Valla - Zwischen Hölle und Fegefeuer. Lisa Lamp
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»... als wir auf dem Weg ins Bett waren. Du weißt schon, an Samhain«, beendete sie ihren Satz und mir wurde schlagartig eiskalt.
Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und meine Zunge fühlte sich taub an, als würde jemand dafür sorgen, dass ich nicht sprechen konnte. Eine Gänsehaut überzog meinen Körper. Ich zitterte. Das war Folter. Es war, als würde eine unsichtbare Hand nach meinem Herzen greifen und es zerquetschen. Wie konnten wir so unvorsichtig sein? Wenn sie uns gesehen hatten, wer wusste schon, wer sonst noch? Es könnte jeder mitbekommen haben. Aber es war so lange her, richtig? Wenn es mehr Beobachter gegeben hätte, dann hätten sie uns schon damit konfrontiert. Alles war gut. Ich durfte nur nicht die Nerven verlieren. Schön, Sil hatte es mitbekommen, aber es war kaum etwas passiert. Diese Geschichte würde meinem Ansehen nicht weiter schaden. Er würde mir nicht weiter schaden.
»Nein«, antwortete ich, als ich meine Stimme wiederfand. Allerdings verbesserte ich mich, da mir klar wurde, dass es keinen Zweck hatte, es abzustreiten. »Ich meine, ja.«
Ich bemühte mich, meine Gedanken zu ordnen und das Chaos zu bekämpfen, das in meinem Innersten wütete. Es gelang mir nicht. Hunderttausend Szenarien gingen mir durch den Kopf. Von Silvania, die mich anklagend ansah und wissen wollte, weshalb ich es ihr nicht gesagt hatte. Von Nik, der mit seinen Freunden über die dumme Dämonin lachte, die dachte, dass ein betrunkener Kuss auf einer Party eine tolle Idee war. Von Elijah, der erzählte, dass ich nicht küssen konnte. Von meinem Dad, der mich enttäuscht fragte, warum ich nichts richtig machen konnte. Da hatte ich einen Teufelsanwärter an der Angel und ließ ihn ziehen. Es würde nicht helfen, ihm zu erklären, was Elijah für ein Mann war. Ich wäre schuld. Und vermutlich hatte er damit auch Recht. Hätte ich auf der Party die Beine breit gemacht und das Kondom abgezogen, ohne dass Elijah es mitbekommen hätte, wäre ich bei dem Angriff der Engel schwanger gewesen. Ich hätte sein Baby erwartet und hätte ausgesorgt gehabt, ob der Kindsvater weiter etwas mit mir zutun haben wollte oder nicht. Aber das hatte ich nicht gewollt. Berechnende Frauen, die Männern ungewollte Kinder unterschoben, um nicht mehr arbeiten gehen zu müssen, war eher eine menschliche Masche. Und ich wollte nicht menschlich sein. Ich war stolz, eine Dämonin zu sein, und ich wollte der Hölle dienen.
»Der Kuss war vor dem Angriff der Engel«, nuschelte ich erklärend, sodass es mich wunderte, dass Silvania mich verstand. Doch da sie mir antwortete, hatte sie wohl keine Probleme, mein Gemurmel zu entziffern.
»Und das ist wichtig, weil ...?«, fragte sie und setzte sich wieder in Bewegung, als das Ende der Freistunde durch einen Schrei verkündet wurde. Es klang wie das Flehen eines Mannes, bevor er starb, aber an einer Schule, die sich selbst die Akademie der sieben Todsünden nannte, störte sich niemand daran. Nichtsdestotrotz hatte ich mir nicht nur einmal die Frage gestellt, wo die gequälte Stimme aufgenommen worden war, die den Schulalltag einteilte.
»Weil Elijah Dämonen hasst und der Kuss unbedeutend war. Es war nichts. Wir waren betrunken und es stand niemand anderer zur Verfügung.«
Lüge. Viele Schüler in meinem Alter hatten die Party besucht, immerhin war es die Letzte gewesen, bevor wir unsere Aufgaben zugeteilt bekommen hatten. Deshalb war auch ich dort gewesen, obwohl ich Feten sonst wie Krankheiten mied. Von allen Dämonen war ich wohl diejenige, die am wenigsten in das Klischee der saufenden, drogennehmenden Nutten-Dämonin im schwarzen Lederkostüm passte, das sich die Menschen zurechtgelegt hatten. Ich trank nicht, Drogen waren mir suspekt und Leder war schrecklich unpraktisch. Doch an diesem Tag war alles anders gewesen.
***
Ich trug ein schwarzes Sommerkleid, das knapp meine Knie verdeckte und genug Ausschnitt zeigte, um den Ansatz meiner Brüste nicht zu verstecken. Außerdem sparte es den Rücken großzügig aus, sodass meine Haut nur durch meine Haarpracht geschützt wurde, die zu einem Zopf zusammengebunden war.
Sil war schon vor Stunden mit einem gut aussehenden Teufelsanwärter verschwunden und seitdem nicht mehr aufgetaucht. Dennoch fehlte sie mir nicht. Ich amüsierte mich auch ohne sie gut, obwohl ich am Anfang des Abends Sorge hatte, dass ich allein in einer Ecke enden würde. Doch so war es nicht.
Irgendeine Dämonin hatte mir einen Drink, der in grellen Farben leuchtete, in die Hand gedrückt, mich am Arm gepackt und ins Getümmel gezogen. Ich wusste nicht, ob wir uns kannten, aber so schnell, wie sie aufgetaucht war, verschwand sie auch wieder und ließ mich auf der Tanzfläche stehen. Also hatte ich zwei Möglichkeiten: gehen oder mitmachen. Als auch noch mein Lieblingslied Schöne Grüße aus der Hölle erklang, war klar, dass ich nicht den Schwanz einziehen würde. Ich bewegte meinen Hintern im Takt der Melodie, sodass die Flüssigkeit in meinem Glas gefährlich hin und her schwappte, doch ich schaffte es, nichts zu verschütten. Ich warf meine feuerroten Haare zurück, schloss die Augen und gab mich den Klängen hin.
Ich wusste nicht, wann ich beschlossen hatte mitzusingen, und ich bemerkte auch kaum, dass die Tanzfläche immer leerer wurde, während ein Song nach dem anderen spielte. Langsam wurde mir heiß. Ich spürte, wie ein Schweißtropfen über meine Schläfe lief und dass ein feuchter Film meine Haut benetzte. Trotzdem hörte ich nicht auf. Ich war wie im Rausch, und zwar im doppelten Sinne. Der Alkohol zeigte endlich seine Wirkung. Er zirkulierte in meinen Blutbahnen und benebelte meinen Verstand. Es war, als würde jemand einen Filter über mein Gehirn legen. Das Denken fiel mir plötzlich schwer und mein Kopf fühlte sich an, als wäre er mit Watte gefüllt. Die Farben um mich schienen heller zu strahlen und die Musik dröhnte lauter in meinen Ohren. Doch ich war zufrieden. Es war fantastisch, als wäre ich zum Tanzen geboren. Selbst die großen Hände, die auf einmal von hinten meine Hüfte umfingen und mich an einen anderen Körper zogen, machten mir nichts aus. Ich schwang den Hintern schneller und rieb meinen Rücken an der nackten Brust meines Tanzpartners. Mir war nicht klar, wann er sein Shirt verloren oder ob er überhaupt eines getragen hatte. Doch ich war unendlich dankbar, ihm so nahe sein zu können. Ich spürte die Muskeln, die sich an meine Wirbelsäule schmiegten, und das kalte Eisen der Gürtelschnalle, die sich fast schmerzhaft in mein Steißbein drückte. Der Geruch nach Lagerfeuer hüllte mich ein und weiche Lippen, die noch hitziger waren als mein glühender Körper, küssten meine Schulter. Die Berührung war flüchtig, als würde er abwarten wollen, wie ich reagierte. Doch ich tat nichts, außer mich näher an ihn zu drängen, um mehr von dem Gefühl zu bekommen, das sich in mir ausbreitete. Es ließ mich schweben.
Ein undefinierbares Kribbeln durchzog meinen Magen, meine Hände zitterten vor Aufregung und dennoch war jeder meiner Muskeln entspannt. Ich schloss die Augen und blendete die Tanzenden um uns herum aus, während der Unbekannte sich eine Spur von meiner Schulter zum Hals küsste. Seine Hände wanderten in der Zwischenzeit vom Becken zu meinem Bauch und umschlangen mich, sodass ich mich nicht mehr von ihm lösen konnte. Ich wollte es auch gar nicht. Ein Stöhnen kam über meine Lippen, das ich nicht unterdrücken konnte, und ein tiefes Lachen erklang. Ein Schauer jagte über meinen Rücken, als ich seinen Atem an meinem Nacken fühlte, und ich genoss die Wärme, die sich in meinem Schoß ausbreitete.
»Würde ich den Teufel betrügen, wenn ich eine Schönheit wie dich mit einer Göttin vergleichen würde?«, fragte eine rauchige Stimme, die ich unter tausenden wiedererkannt hätte.
Elijah Reaver. Sport-Ass, Beschwörungsgenie und begehrtester Junggeselle der Hölle. Niemand kannte sich so gut mit Geistern, Tötungsarten und Teufelsanbetungen aus wie er.
Mein Körper versteifte sich und das Lächeln auf meinem Gesicht gefror. Geistesgegenwärtig hielt ich mein Getränk fester, um