Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Holger Dahl
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Vergleichbare Wirkung hat die Vereinbarung von Mindestabfindungen zur Sicherstellung des Grundsatzes der substanziellen Minderung des wirtschaftlichen Nachteils.
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Innerhalb der Formelabfindung ist insbesondere die Frage nach der Bemessungsgrundlage für das zugrunde gelegte Entgelt zu berücksichtigen. Die Betriebsparteien können hierbei vom Einbezug sämtlicher auch variabler Bestandteile und Sonderzahlungen bis hin zur Betrachtung des reinen Grundentgeltes ohne Zulagen oder Sonderzahlungen alle Varianten vereinbaren. Dies relativiert dann dementsprechend auch die auszuhandelnden Höhen von Faktoren bzw. Divisoren.
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Als weitere übliche Variante der Beachtung individueller Nachteilsmerkmale hat sich die Berücksichtigung von Sozialzuschlägen etabliert, die insbesondere für vorhandene Unterhaltsverpflichtungen sowie etwaige Schwerbehinderungen meist Ausgleichszahlungen in Form von Pauschalbeträgen je Unterhaltsverpflichtung vorsieht. Hier besteht auch die Möglichkeit der weiteren Vornahme von Zahlungen bei etwaig vorliegenden sozialen Härten, bspw. für den Fall, dass aufgrund einer Betriebsänderung beide Lebenspartner einer Familie ihren Arbeitsplatz verlieren.
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Zusätzliche Steuerungsmöglichkeiten zur Berücksichtigung der Gegebenheiten des Einzelfalls können für Menschen aufgrund ihrer persönlichen Situation oder des Lebensalters auch als eine Pauschale für Arbeitsmarktrisiken dargestellt werden.
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Für mögliche nicht absehbare soziale Härtefälle besteht die Möglichkeit der zusätzlichen Vereinbarung eines entsprechenden Topfes mit einem fixen Volumen. Hier sollte die Verfügungshoheit mindestens paritätisch zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber geregelt sein. Häufig wird die Verwaltung solcher Härtefonds auch ganz in die Hand von Betriebsräten gelegt. Mit dieser Verantwortung muss der Betriebsrat jedoch professionell umgehen, d.h. das Gremium sollte klar und transparent über die Verwendung von Mitteln informieren (natürlich unter Wahrung der datenschutzrechtlichen Grundlagen) und über die Grundsätze der Mittelverwendung innerhalb des Betriebsrats auch weitgehende Einigung erzielen.
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Auch Deckelungen der individuellen Abfindungshöhen können durchaus im Sinne des Betriebsrats sein. Diese sollen aus dieser Perspektive jedoch keinesfalls zu einer allgemeinen Kürzung des Abfindungsniveaus führen, sondern lediglich vermeiden, dass durch pauschalisierende Abfindungsberechnungen der wirtschaftliche Nachteil von Einzelnen überkompensiert wird. Hier ist insbesondere an eine Deckelung von Abfindungssummen bei rentennahen Beschäftigten zu denken, denen aufgrund von hohem Lebensalter und damit häufig einhergehend längeren Beschäftigungszeiten nach der klassischen Formelabfindung Abfindungssummen zuständen, die ihren wirtschaftlichen Nachteil bis zum regulären Renteneintritt übertreffen könnten. Weiterhin können mit Maximalbeträgen einzelne Ausreißer nach oben „eingefangen“ werden, die ggf. bereitstehende Sozialplanvolumina über Gebühr belasten würden. Jenseits absoluter Höchstgrenzen bei der Abfindungssumme besteht auch die Möglichkeit zur Kappung des Bruttomonatsentgeltes bei der Abfindungsberechnung ab einem zu definierenden Betrag oder der Festschreibung einer Maximalanzahl von Monatsentgelten als Höchstabfindungsgrenze.
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Neben den üblichen Abfindungsregelungen gilt es darüber hinaus, die Möglichkeit der Verbesserung der Aussichten auf dem Arbeitsmarkt bzw. der Vermeidung von Arbeitslosigkeit durch gezielte Qualifizierungsmaßnahmen und der Einrichtung von Transfergesellschaften oder auch Outplacement-Maßnahmen zu unterstützen.18 Inwiefern hierbei eine Anrechnung auf ein Sozialplanvolumen erfolgen kann, muss im Einzelfall anhand des Niveaus der angebotenen arbeitsmarktrelevanten Maßnahmen bewertet werden. Häufig diskutierte Stellschraube ist dabei die Einbringung von Entgelten aus der individuellen Kündigungsfrist der betroffenen Beschäftigten zur Finanzierung der Transfergesellschaft. Bei einer vollen Einbringung der Kündigungsfristen in die Transfergesellschaft (also dem unmittelbaren Eintritt in die betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit der Transfergesellschaft im ersten Monat der Kündigungsfrist) finanzieren die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht selten gemeinsam mit dem Transferkurzarbeitergeld der Bundesagentur für Arbeit die Transfergesellschaften selbst, weswegen die Kosten der Einrichtung einer Transfergesellschaft nicht zu einem Sozialplanvolumen hinzugerechnet werden können. Nicht zuletzt ist auch zu berücksichtigen, dass Arbeitgeber durch die attraktive Ausgestaltung einer Transfergesellschaft unter Umständen erhebliche Rechtsrisiken einsparen, die anderweitig monetär zu bewerten wären.19
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Bei wirtschaftlichen Nachteilen durch Arbeitsplatz- und Arbeitsortwechsel sind mögliche Ausgleichsmechanismen wie (un-)befristete Zulagen zu einem niedriger dotierten Arbeitsplatz, Fahrtgeldunterstützungen sowie Umzugsbeihilfen oder Beihilfen bei der Etablierung von Zweitwohnungen denkbare und übliche Instrumente.
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Sämtliche hier genannten Gestaltungsvarianten von Ausgleichsmechanismen für wirtschaftliche Nachteile in einem Sozialplan stellen nur eine exemplarische Auswahl der möglichen Instrumente dar. Betriebsräte sind in jedem Einzelfall dazu aufgerufen, betriebsspezifische oder individuelle Nachteile aufzugreifen und ggf. auch mit kreativen Lösungen den gesetzlich benannten Gegebenheiten des Einzelfalls Rechnung zu tragen.
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Letztlich stehen die Überlegungen zur konkreten Ausgestaltung des Sozialplanes nicht im Fokus dieses Beitrags. Sie ergänzen lediglich die angestellten Ausführungen zum wirtschaftlichen Nachteil um einige einführende, praktische Überlegungen für den konkreten Umgang mit dem so ermittelten Nachteilsvolumen und verschiedenen Ausgleichsmechanismen. Mit den hier dargestellten Ausführungen sollen Betriebsräten in der belastenden Situation einer Betriebsänderung erste, mögliche Orientierungspunkte in der Herangehensweise zum Aufstellen von belastbaren Sozialplanforderungen an die Hand gegeben werden.
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Wichtig erscheint in diesem Kontext noch der abschließende und abrundende Hinweis, dass jeder Versuch einer schematisch starren oder formelhaften Ermittlung des wirtschaftlichen Nachteils von Betroffenen einer Betriebsänderung mit Unschärfen hinterlegt ist und der jeweiligen Situation keinesfalls vollständig gerecht wird. Der hier getätigte Versuch der Kategorisierung des wirtschaftlichen Nachteils in drei Dimensionen sowie daraus abgeleitete Determinanten der Höhe des Nachteilsausgleichs kann und soll dementsprechend als stützendes Konstrukt gesehen werden. Es bedarf jedoch in jedem Fall der betriebsindividuellen Gewichtung einer Vielzahl von Faktoren, der Bewertung der regionalen, wirtschaftlichen und individuellen Ausgangslagen und Perspektiven sowie der Beachtung betriebs-, unternehmens- oder konzern- und brancheninterner Interdependenzen zur Ermittlung eines Gesamtbildes. Nicht zuletzt befasst sich dieser Beitrag mit den betriebsverfassungsrechtlichen Grundsätzen des Nachteilsausgleichs und geht nicht auf andere Aspekte der Bewertung und Durchsetzung von möglichen Nachteilsausgleichen ein, die für Betriebsratsgremien und betroffene Beschäftigte von hoher Bedeutung sein können. Hier sei exemplarisch auf gewerkschaftliche bzw. tarifliche Instrumente von Nachteilsausgleichsregelungen in Form von Tarifsozialplänen/Sozialtarifverträgen hingewiesen. Detailliertere Ausführungen zu diesem Komplex erfolgen jedoch an anderer Stelle dieses Bandes.
1 Vgl. BAG, 24.8.2004 – 1 ABR 23/03. 2 Vgl. etwa BAG, 12.4.2011 – 1 AZR 505/09; BAG 9.12.2014 – 1 AZR 102/13. 3 Vgl. BAG, GS 13.12.1978 – GS 1/77. 4