Internationales Kauf-, Liefer- und Vertriebsrecht. Martin Rothermel

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Internationales Kauf-, Liefer- und Vertriebsrecht - Martin Rothermel Betriebs-Berater Schriftenreihe/ Wirtschaftsrecht

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27 Staaten). Zudem hat das Vereinigte Königreich Großbritannien deren Inhalte in nationales IPR-Recht von England und Wales umgesetzt. Die Brüssel Ia-VO oder auch EuGVVO gilt allerdings seit dem 1.1.2021 nicht mehr im Königreich (für bis dahin eingereichte Verfahren soll sie aber weiter gelten); sie wird „ersetzt“ durch den Beitritt Großbritanniens am 28.9.2020 zum Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen (siehe dazu unten Kap. C Rn. 336). Das Lugano-Abkommen gilt allerdings nicht (mehr), solange der beantragte Beitritt des Königreiches dazu nicht erfolgt ist (eine Beitrittserklärung liegt vor).

       4. Alternativen zu deutschem Recht und Gericht

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      Möglicherweise besteht bei Geschäften in- und außerhalb der EU die Gelegenheit eines grenzüberschreitenden Sachverhalts zu nutzen, um nichtdeutsches Recht zu wählen. Hierfür gibt es durchaus Gründe:

       – Für Kaufverträge „fehlt“ dem Käufer im deutschen Recht (im Vergleich zu anderen Rechtsordnungen) die verschuldensunabhängige Haftung des Lieferanten. Eine Verschärfung der Haftung ist zumindest in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Standardverträgen nicht möglich (siehe zu Alternativen die Tabelle hier unter Rn. 85 und unten die Kapitel E., F., G. zum UN- Kaufrecht, Schweizer Recht, Common Law.).

       – Für Lieferverträge wird im deutschen Recht aus Verkäufersicht der zwingende Rückgriff innerhalb der Lieferkette (im Verbrauchsgüterkauf und seit 1.1.2018 auch im Unternehmenskauf) bemängelt. Außerdem besteht im Falle des Verschuldens eine unbeschränkte Schadensersatzhaftung und eine Beschränkung der Haftung ist zumindest in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Standardverträgen nicht möglich (siehe zu Alternativen die Tabelle hier unter Rn. 85 und unten die Kapitel E., F., G. zum UN-Kaufrecht, Schweizer Recht, Common Law.).

       – Für Handelsvertreter gibt es kaum ein günstigeres Recht als das deutsche; die Möglichkeiten für den Prinzipal, von zwingenden Vorschriften (die allerdings aufgrund der EU-Richtlinie EU-weit sehr ähnlich sind) abzuweichen, gibt es nur, wenn der Handelsvertreter außerhalb der EU oder des EWR tätig ist. Modifikationen sind in Standardverträgen allerdings ebenfalls kritisch (siehe unten Kap. H Rn. 8ff.).

       – Für Vertragshändlerverträge erscheint die analoge Anwendung des Handelsvertreterrechts durch die deutsche Rechtsprechung nachteilig (zumal dies – anders als beim Handelsvertreter – bereits innerhalb der EU in anderen Ländern günstiger ist). Modifikationen sind in Standardverträgen auch kritisch (siehe unten Kap. H Rn. 29).

       – Für Franchiseverträge gilt in Teilen das Gleiche wie für Vertragshändler; die vergleichsweise liberale (weil nicht vorhandene) deutsche Gesetzgebung zu Franchiserechten mag allerdings ein Vorteil sein (siehe unten Kap. H Rn. 48).

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      Oft wird Schweizer Recht in Erwägung gezogen, weil es dort praktisch keine AGB-Kontrolle gibt, sowie das Prinzip der geltungserhaltenden Reduktion gilt und die Vertragsfreiheit regelmäßig als weiter empfunden wird (siehe unten Kap. F). Teilweise kommt auch Common Law in Betracht (siehe unten Kap. G). Natürlich bietet sich, für Kauf- und Lieferverträge, auch das UN- Kaufrecht an (siehe unten Kap. E); idealisierte Kombinationen sind denkbar, bspw. UN-Kaufrecht mit Schweizer Recht oder Ähnliches. Vielleicht kann man auch an Soft Law (also nichtstaatliches Recht) denken (siehe unten Kap. C Rn. 38).

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      Man zieht auch oft in Betracht, ein anderes als ein deutsches Gericht zu wählen; Gründe dafür sind die Vollstreckbarkeit und die Zuständigkeit (siehe unten Kap. C Rn. 213) oder auch gewissen Praktikabilitätsgesichtspunkte (Gericht passt zur Rechtswahl, liegt nahe etc.)

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      Möglicherweise ist man auch mit einer Schiedsgerichtsvereinbarung gut oder besser bedient (als mit der Wahl eines staatlichen Gerichts). Das kann darin begründet liegen, dass Schiedsgerichtsvereinbarungen international eher anerkannt werden als eine Gerichtsstandsvereinbarung (siehe unten Kap. D) und zudem Schiedssprüche besser vollstreckbar sind (siehe unten Kap. C Rn. 355 und Kap. D). Außerdem hat man die Möglichkeit, Schiedsrichter zu wählen, die das gewählte Recht kennen, Erfahrungen in der betreffenden Branche haben oder sonst größeres Vertrauen genießen. Auch Verfahrensabläufe und -kosten können für ein Schiedsgericht sprechen (siehe unten Kap. D).

      1 Siehe dazu Rothermel, IHR 2020, 89ff.

       II. Frage: Wie komme ich zu meinem Recht?

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      Will ich deutsches Recht oder möchten ich oder mein Vertragspartner ein anderes Recht, stellt sich die Frage, wie man dahin kommt.

       1. Kann man wählen?

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      Ja. Vielfach gilt Rechtswahlfreiheit, sog. Parteiautonomie. Für grenzüberschreitende Kauf- und Lieferverträge innerhalb der EU findet sich das in der Rom I- VO (siehe unten Kap. C Rn. 69). Außerhalb der EU ist dies wiederum zu relativieren, weil jedes Land seine eigenen Kollisionsregelungen bzw. sein eigenes internationales Privatrecht hat, das die Frage beantwortet, welches Recht auf grenzüberschreitende Beziehungen zur Anwendung kommt und ob, wie und was man wählen kann (siehe unten Kap. C Rn. 185).

       2. Wofür kann man wählen?

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      Die Regelungen zum vertraglichen Schuldverhältnis lassen sich wählen, d.h. die Bestimmungen zum Vertragsschluss (allerdings mit bestimmten Besonderheiten – siehe Kap. C Rn. 79 und 114) und die gegenseitigen Rechte und Pflichten für den Fall, dass das Geschäft funktioniert, sowie für den Fall, dass es nicht funktioniert.

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      Im Grunde ist auch eine Rechtswahl gegenüber Verbrauchern möglich; diese sind aber vielfach in den Gesetzen besonders geschützt, was auch der Rechtswahl Grenzen setzt – darum geht es hier aber nicht (gleiches gilt für Arbeitnehmer, Mieter etc.).

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      Auch für Sachverhalte, die nur in einem Land spielen, ist eine Rechtswahl im Grunde möglich. Allerdings schlagen auf einen solchen sogenannten Binnensachverhalt vielfach schon national zwingende Bestimmungen (zu unterscheiden von den international zwingenden Vorschriften – wie unten) durch (siehe unten Kap. C Rn. 84).

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      Wofür man in der Regel nicht wählen kann, sind Fragen der sog. gesetzlichen Schuldverhältnisse, wie z.B. der unerlaubten Handlung, auch wenn dies inzwischen nach der Rom II-VO in bestimmten Maße innerhalb der EU möglich ist (siehe unten Kap. C Rn. 151).

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      Wofür man ebenfalls nicht wählen kann, sind sog. sachenrechtliche Fragen, also Fragen nach Besitz und Eigentum, weil dies sich nach einem wohl weltweit geltenden Grundsatz (lex rei sitae) nach dem Recht des Landes richtet, in dem sich die Sache befindet (siehe unten Kap. J) – dies ist etwa für den Eigentumsvorbehalt von Bedeutung.

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