Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten. Группа авторов

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ein Werk Eike von Repgows, in: FS f. H. Brunner 1910, 135–174. – ADB 5 (1877), 751–755 (S. Brie). – GD 1(1956), 187–200 (H. Thieme). – HRG2 I (2008), 1288–1292 (R. Lieberwirth). – Jur., 197 (J. Otto). – Jur.Univ I, 401–404 (J.M. Coma Fort). Bibliographie der älteren Literatur bei Wolf: Rechtsdenker, 27–29 und G. Kisch: Sachsenspiegel-Bibliographie, in: ZRG (GA) 90 (1973), 73–100.

      P./S.

       [Zum Inhalt]

      |134|Paul Johann Anselm von FeuerbachFeuerbach, Paul Johann Anselm (1775–1833)

      (1775–1833)

      Geb. am 14.11.1775 in Hainichen bei Jena, bald darauf Übersiedlung der Eltern nach Frankfurt am Main. 1792 Flucht vor dem pedantischen Vater nach Jena zu mütterlichen Verwandten. Beginn des Philosophiestudiums, besonders bei dem Kantianer Reinhold. 12.9.1795 Promotion zum Doktor der Philosophie. 1796 uneheliche Geburt seines ältesten Sohnes und Entschluß, zur „Zwangs-, Not- und Brotwissenschaft“ der Jurisprudenz überzugehen. 1797 Studienbeginn, 1799 Promotion in Jena (15.1.: „De causis mitigandi ex capite impeditae libertatis“). Abhaltung von Vorlesungen in Jena vom Sommersemester 1799 an. 1800 Ernennung zum außerordentlichen Professor; 1801 auch zum außerordentlichen Beisitzer des Schöffenstuhls; Annahme einer Berufung nach Kiel als ordentlicher Professor und Nachfolger → ThibautsThibaut, Anton Friedrich Justus (1772–1840). 1802 Übersiedlung nach Kiel. 1804 Veröffentlichung der „Kritik des Kleinschrodischen Entwurfs zu einem peinlichen Gesetzbuche für die Chur-Pfalz-Bayerischen Staaten“ und Berufung nach Landshut mit dem Auftrag, ein bayerisches Strafgesetzbuch zu entwerfen. Nach Zerwürfnissen mit seinem Fakultätskollegen Nikolaus Thaddäus Gönner Aufgabe der Landshuter Lehrtätigkeit und Eintritt in das Ministerial-, Justiz- und Polizeidepartement in München. 1806 Ernennung zum ordentlichen Geheimen Referendar und Redaktion der noch 1806 in Kraft tretenden Verordnung über die Abschaffung der Folter. 1807 Beendigung des materiellrechtlichen Teils des Strafgesetz-Entwurfs. 1808 Beauftragung, ein bayerisches Zivilgesetzbuch auf der Grundlage des code civil auszuarbeiten; das Vorhaben scheitert schließlich am Widerstand der konservativen Altbayern. Von September 1810 an Beratung von F.s Strafgesetz-Entwurf, Publikation des im wesentlichen auf F. zurückgehenden Gesetzes am 16.5.1813, Inkrafttreten am 1.10.1813. Im selben Jahr auch Verleihung des persönlichen Adels an F. durch König Max Joseph I. 1814 Versetzung F.s vom Ministerium nach Bamberg als zweiter Präsident des |135|Appellationsgerichts wegen seiner im Widerspruch zu der offiziellen Politik stehenden zunehmend frankreichfeindlichen Haltung. 1817 Ernennung zum Präsidenten des Appellationsgerichts für den Rezat-Kreis in Ansbach. Dort Tätigkeit bis zu seinem Tod am 29.3.1833 in Frankfurt am Main.

      F.s Rechtstheorie baut auf dem kritischen Idealismus Kants auf. Wie dieser trennt er positives Recht und Naturrecht voneinander – das eine darf nicht aus dem anderen abgeleitet, von „Philosophie“ im positiven Recht also nur ein formaler, kein materialer Gebrauch gemacht werden –, sowie Recht und Sittlichkeit. Diese unterscheiden sich für F. aber nicht nur in den abweichenden Anforderungen an die Gesinnung des Handelnden (nach Kant setzt rechtliches Handeln nur äußere „Legalität“, sittliches Handeln aber außerdem „Moralität“, d.h. Handeln aus Pflicht, um des sittlichen Gesetzes willen, voraus). Vielmehr sieht F. im Recht nur Befugnisse, in den sittlichen Normen nur Pflichten, unterscheidet also auch äußerlich die Bereiche Recht und Sittlichkeit. Eine Deduktion der Rechte aus den sittlichen Pflichten lehnt er ab. Er begründet dies u.a. aus dem Kantschen Moralitätsbegriff: freies sittliches, d.h. nur um des Sittengebotes willen erfolgendes Handeln könne es nicht geben, wenn dieses Handeln auch rechtlich geboten und also erzwingbar wäre (in der Zwangsmöglichkeit sieht F. ein Wesensmerkmal des Rechts). Es müsse also ein „äußeres Recht“ geben, sich unmoralisch zu verhalten, z.B. sich nicht seinen Fähigkeiten entsprechend auszubilden. Der Grund des (subjektiven) Rechts ist für F. die reine praktische Vernunft. Diese bringe kraft ihrer systematischen Einheit nicht nur die sittlichen Pflichten, sondern auch die Rechte hervor, deren Aufgabe es sei, die Freiheit zu sittlichem Handeln, notfalls durch Zwang, zu ermöglichen. Die Grenze dieser subjektiven Rechte seien die Rechte anderer: „Ich (habe) … ein Recht zu alledem, wodurch die Rechte anderer nicht gekränkt werden.“

      Die Straftheorie F.s knüpft an diese Naturrechtslehre an. Zweck des Staates sei die wechselseitige Freiheit aller Bürger, d.h. die Unverletztheit ihrer Rechte. Rechtsverletzungen könne der Staat aber nicht durch physischen Zwang verhindern, weil dies eine Einwirkung „auf jeden Einzelnen besonders“ erfordern würde. Der Staat müsse also psychologischen Zwang ausüben und mit rechtswidrigen Handlungen ein Übel verknüpfen. „Die Übertretungen werden … verhindert, wenn jeder Bürger gewiß weiß, daß auf die Übertretungen ein größeres Übel folgen werde, als dasjenige ist, welches aus der Nichtbefriedigung des Bedürfnisses nach der Handlung (als einem Object der Lust) |136|ent springt.“ Dieses Wissen müsse durch die Bedrohung rechtswidriger Handlungen mit Strafe bewirkt werden. Es reiche nicht aus, daß der Staat den Verbrechern regelmäßig Übel zufüge, einmal, weil hierdurch kein ausreichender psychologischer Zwang erzeugt werde, ferner, weil so die einen Verbrecher als Mittel zur Abschreckung der anderen benutzt würden, was den Kantschen Grundsätzen von der Würde der menschlichen Person widerspräche. Die Strafe müsse also für jedermann erkennbar und für alle Fälle durch Gesetz angedroht werden. Der Strafvollzug habe keinen weiteren Zweck, als die Ernsthaftigkeit der gesetzlichen Strafdrohung darzutun. („Damit nun also die Drohung des Gesetzes eine wirkliche Drohung sey; so muß sie, wenn der bedingte Fall eintritt, wirklich ausgeführt, das Übel wirklich vollzogen werden“). Das Recht des Staates zur Strafvollstreckung ergebe sich aus seinem Recht, rechtswidrige Handlungen durch Strafen zu bedingen: wer die Handlung begeht, unterwirft sich damit auch der gesetzten Bedingung, er willigt gewissermaßen in die Bestrafung ein.

      Aus diesen beiden Grundgedanken (Trennung Recht – Sittlichkeit und abschreckende Wirkung der gesetzlichen Strafdrohung) leitet sich eine Reihe sachlicher Konsequenzen ab, die F. z.T. in seinem Strafgesetzbuch für das Königreich Bayern von 1813 verwirklicht hat. Unmoralische Handlungen können nur insoweit mit Strafe belegt werden, als sie in Rechte anderer oder des Staates eingreifen. Daraus folgt eine starke Reduzierung des herkömmlichen Katalogs der Sittlichkeitsdelikte (die allerdings z.T. als Eingriff in die Rechte des Staates gedeutet werden können: z.B. die Sodomie als Mißachtung des Instituts der Ehe) und der Religionsdelikte, die nur insoweit zu bestrafen sind, als sie in Rechte der Kirche eingreifen, da es unmöglich ist, „daß die Gottheit injuriiert werde“. Womöglich noch wichtiger sind die Konsequenzen, die aus dem Zentralbegriff des Gesetzes gezogen werden: „Jede Zufügung einer Strafe setzt ein Strafgesetz voraus (nulla poena sine lege)“, „die Zufügung einer Strafe ist bedingt durch die Existenz der bedrohten Handlung (nulla poena sine crimine)“ und „das gesetzlich bedrohte Factum (…) ist bedingt durch die gesetzliche Strafe (nullum crimen sine poena legali)“. F. gab damit einem schon in den späten Aufklärungskodifikationen (Österreich, Preußen) durchgedrungenen Prinzip eine zum Teil neue Begründung und einprägsame Formulierung. Weiter ergibt sich, daß feste Strafdrohungen und enge Strafrahmen anzustreben sind: die Strafe ist automatische Folge des Verbrechens, sie darf nicht nach der konkreten Täterpersönlichkeit differenziert werden (schon in seiner Dissertation hatte sich F. gegen ein |137|richterliches Strafmilderungsrecht ausgesprochen: allenfalls könne der Regent im Gnadenwege eine an sich verwirkte Strafe mildern). Damit tritt F. in scharfen Gegensatz zu der anderen großen Straftheorie seiner Zeit, der Lehre → GrolmansGrolman, Karl Ludwig v. (1775–1829) von der spezialpräventiven (sichernden und bessernden) Wirkung des Strafvollzugs. Die angedrohten Strafen müssen hart sein, um abzuschrecken (das bayerische Strafgesetzbuch droht elfmal die Todesstrafe an). Schließlich müssen die Straftatbestände exakt definiert sein, damit jedermann erkennbar ist, was unter Strafe gestellt wird.

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