Gesellschaftsrecht II. Recht der Kapitalgesellschaften. Ulrich Wackerbarth

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bzw. Geschäftsführer sind im Gläubigerinteresse gemäß § 93 Abs. 3 AktG bzw. nach § 43 Abs. 3 GmbHG dazu verpflichtet, über die Einhaltung der Regeln der Kapitalerhaltung zu wachen (vgl. vor allem die Aufzählung in § 93 Abs. 3 AktG). Das bedeutet: Sie dürfen nicht Vermögen an die Gesellschafter auszahlen, soweit die Regeln der Kapitalerhaltung (unter § 5) dem entgegenstehen. Tun sie es doch und es entsteht der Gesellschaft daraus ein Schaden (z.B. weil das rechtswidrig Weggegebene nicht wieder zurückerlangt werden kann), so haften sie auf Schadensersatz (Rn. 217 ff.).

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      Für a) und b) gilt: die Geschäftsleitung darf sich, wenn sie durch einzelne Gesellschafter oder Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu einem Verstoß gegen diese Pflichten aufgefordert wird, diesen Aufforderungen oder Weisungen widersetzen, ohne ihre Treuepflicht zu verletzen. Wenn sie es nicht tut, so haftet sie der Gesellschaft im Interesse der Gläubiger auf Schadensersatz. Liegt dem Verstoß gegen die Pflichten allerdings ein entsprechender Beschluss der Gesellschafterversammlung zugrunde, so hat dieser immerhin eine Wirkung im Innenverhältnis: er befreit den Geschäftsleiter insoweit von seiner Haftung gegenüber der Gesellschaft, so dass der Geschäftsleiter von den Gesellschaftern verlangen kann, von seiner Haftung im Interesse der Gläubiger freigestellt zu werden!

3. Der unternehmerische Handlungsspielraum

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      Soweit es nicht um die eben dargestellten besonderen Pflichten der Geschäftsleiter geht, sondern vielmehr um die alltägliche Geschäftsführung, haben die Geschäftsleiter zwar ebenfalls sorgfältig zu handeln. Doch ist ihr Spielraum für Entscheidungen hier deutlich weiter. Am besten kann man das anhand der aus dem amerikanischen Recht stammenden sog. Business Judgment Rule (BJR) erläutern. Nach amerikanischem Recht besteht nämlich die Regel, dass eine Entscheidung der Geschäftsführung sorgfaltsgemäß ist, wenn sie

in good faith, d.h. in gutem Glauben getroffen wird,
auf Informationen basiert
und im Interesse der Gesellschaft getroffen wurde.

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      Noch darüber hinaus besteht zugunsten der Geschäftsleiter eine Vermutung, dass sämtliche drei erforderlichen Elemente sorgfaltsgemäßen Verhaltens bei jeder Entscheidung vorgelegen haben. Kann diese Vermutung nicht im konkreten Fall widerlegt werden, so besteht keine Haftung der Mitglieder der Geschäftsleitung. Das ist der wesentliche Inhalt der sogenannten Business Judgment Rule (BJR).

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      Beispiel:

      Gewährt etwa der Vorstand einer AG einem Lieferanten einen ungesicherten Kredit, indem er Vorkasse für die gelieferten Waren leistet, dann kräht kein Hahn mehr danach, wenn die Lieferung anschließend tatsächlich eintrifft. Wird der Lieferant hingegen noch vor der Lieferung insolvent, so dass die Vorkasse verlustig geht, dann ist man schnell mit dem Vorwurf bei der Hand: „Das hättest Du, lieber Vorstand, doch vorhersehen müssen… Warum hast Du keine Sicherheiten verlangt?“ usw.

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      Es ist also ganz wichtig, den Unterschied zwischen der sogenannten „Ex-ante-Perspektive“ und der „Ex-post-Perspektive“ zu verstehen. Der Richter handelt, wenn ihm ein Schadensfall zur Beurteilung vorgelegt wird, in Kenntnis eines tatsächlich eingetretenen Schadens. Er ist stets der Gefahr ausgesetzt, die Entscheidungssituation des Vorstands im Nachhinein wegen dieses Wissens verzerrt zu sehen. Seine nachträgliche Beurteilung leidet unter dem sogenannten hindsight bias, also der Gefahr einer verzerrten Wahrnehmung der Geschehensabläufe, wenn man sie erst aus der Rückschau und im Wissen um den Eintritt eines Schadens betrachtet.

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      Wegen dieser Gefahr einer verzerrten Wahrnehmung besagt die Business Judgment Rule, dass der Richter gar nicht erst versuchen sollte, ex post zu beurteilen, wie der Geschäftsleiter ex ante hätte entscheiden sollen. Vielmehr soll er sich darauf beschränken zu untersuchen, ob der Geschäftsleiter sich ausreichend über die Gefahren der Entscheidung informiert hatte und die Entscheidung selbst nicht durch eigene Interessen des Geschäftsleiters unzulässig beeinflusst wurde. Die unternehmerische Entscheidung selbst aber wird – jedenfalls im amerikanischen Recht – gerade nicht überprüft.

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