Gesellschaftsrecht II. Recht der Kapitalgesellschaften. Ulrich Wackerbarth
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Die Gläubiger interessiert demgegenüber, ob durch die Entnahme die Gesellschafter die Kasse der Gesellschaft soweit vermindern, dass die Befriedigungsaussichten der Gläubiger finanziell gefährdet sind. Dementsprechend ist weiter festzuhalten: Wenn das Kapital durch Verluste aufgezehrt ist, dann muss die Geschäftsleitung den Insolvenzantrag stellen, es sei denn die Gesellschafter schießen Kapital nach. Vor allem für die korrekte Ermittlung der vollständigen Aufzehr des Kapitals besteht ein öffentliches Interesse an der Rechnungslegung der Gesellschaften mit Haftungsbeschränkung, so dass Kapitalerhaltung, Insolvenzantragspflicht und Buchführung miteinander korrespondieren.
Teil 3 Gläubigerschutz › § 6 Bilanz- und Insolvenzrecht › V. Materielle Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung
a) Fortführungsprinzip (going concern)
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Dieses Prinzip ist für die Bewertung formuliert in § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB, es gilt aber auch für die Frage des Ansatzes von Vermögensgegenständen und Schulden. Solange nicht die Aufgabe des Unternehmens beabsichtigt oder zwingend geboten ist, sind Vermögensgegenstände mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen, ggf. vermindert um Abschreibungen, nicht jedoch mit ihren tatsächlich erzielbaren Zeitwerten. Ferner sind nicht die Kosten einer Aufgabe der Unternehmenstätigkeit einzurechnen, es ist z.B. etwa keine Passivierung von möglicherweise bei Auflösung des Unternehmens entstehenden Sozialplanverbindlichkeiten vorzunehmen. Eines der Hauptprobleme, die das Fortführungsprinzip verursacht: Wenn es der Gesellschaft schlecht geht, dann ermöglicht das Going-concern-Prinzip eine Überbewertung des Vermögens, so wie in den letzten beiden Jahren der Kurve dargestellt.
b) Vorsichtsprinzip
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Das Vorsichtsprinzip ist in § 252 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 1 HGB festgehalten, auch dieses gilt ebenso für den Ansatz von Vermögensgegenständen und Schulden. Wie sein Name andeutet, verlangt es zurückhaltende Bewertung des Vermögens unter Berücksichtigung von Risiken und Verlusten. Es kommt im Realisationsprinzip und im Imparitätsprinzip zum Ausdruck, ferner in Aktivierungsverboten für unsicher zu bewertende Positionen (§ 248 Abs. 1, 2 HGB), außerdem im Niederstwertprinzip (§ 253 Abs. 4 HGB), weiterhin in dem bei der Aktivierung eigener Anteile vorgeschriebenen Ansatz einer Rücklage nach § 272 Abs. 4 HGB. Das Vorsichtsprinzip rechtfertigt aber nicht die beliebige Unterbewertung von Aktivposten und die beliebige Überbewertung von Passivposten.[7]
Das Vorsichtsprinzip ermöglicht die dargestellte Kurvenabweichung von Handelsbilanz und Liquidationsbilanz in den ersten beiden Jahren der Kurve.
c) Realisationsprinzip
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Das Realisationsprinzip formuliert § 252 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 2 HGB, auch dieses gilt ferner für den Ansatz von Vermögensgegenständen. Erträge sind auszuweisen, sobald die Entstehung der ihnen zugrunde liegenden Forderung mit Sicherheit zu erwarten und ihre Höhe feststellbar ist. Bei Verkäufen ist das der Fall, wenn der Lieferant seine Leistung in der Weise erbracht hat, dass die Gefahr i.S.d. §§ 446 f. BGB auf den Empfänger übergegangen ist. Aufwendungen werden nach dem Realisationsprinzip teilweise in dem Geschäftsjahr ausgewiesen, in dem die Erträge entstehen, die mit den Aufwendungen „alimentiert“ worden sind. Teilweise bestimmt aber auch das Imparitätsprinzip den Ausweis von Aufwendungen.
d) Imparitätsprinzip
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Das Imparitätsprinzip ist deutliches Zeichen der (scheinbaren, ehemaligen, siehe Rn. 243 ff.) Gläubigerorientierung des dt. Bilanzrechts. Für die Bewertung ist es formuliert in § 252 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 1 HGB, es gilt ferner für den Ansatz von Schulden. Verluste sind – im Gegensatz zu Gewinnen (daher Imparitätsprinzip) – schon vor ihrer Realisierung auszuweisen. Hauptanwendungsfall ist die Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften nach § 249 Abs. 1 S. 1 HGB.
a) Stichtagsprinzip, § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB
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Maßgebend für die Bewertung sind Verhältnisse am Abschlussstichtag.
b) Einzelbewertung, § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB
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Der Grundsatz der Einzelbewertung verlangt, jeden Vermögensgegenstand gesondert zu bewerten. Er verbietet etwa die Verrechnung von Wertminderungen eines Vermögensgegenstandes durch Wertsteigerung eines anderen (Einige Ausnahmen in §§ 256 S. 2, 240 Abs. 3 HGB (Festbewertung) und in §§ 256 S. 2, 240 Abs. 4 HGB (Gruppenbewertung)).
c) Anschaffungswertprinzip, § 253 Abs. 1 S. 1 HGB
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Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind ausnahmslos Höchstwert eines Vermögensgegenstandes. Das ist extrem problematisch bei Immobilienvermögen, weil es zur Verschleierung der wahren Vermögenslage der Gesellschaft beiträgt und zwar entgegen § 264 Abs. 2 S. 1 HGB.
d) Planmäßigkeit der Abschreibung, § 253 Abs. 3 S. 1, 2 HGB
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Gilt für Bemessung der Abschreibung für Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist.
3. Aktivierungs-/Passivierungswahlrechte/Bewertungswahlrechte
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Durch das BilMoG wurden die handelsrechtlichen Aktivierungs- und Passivierungswahlrechte stark eingeschränkt.[8] So ist ein derivativ erworbener Geschäfts- oder Firmenwert nun nach Maßgabe des § 246 Abs. 1 S. 4 HGB zu aktivieren (früher § 255 Abs. 4 HGB a.F.), das Passivierungswahlrecht für