Gesellschaftsrecht II. Recht der Kapitalgesellschaften. Ulrich Wackerbarth

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      Man sieht: Legt man unterschiedliche Prämissen der Bewertung zugrunde, so ergeben sich unterschiedliche Werte. Etwas vergröbernd wird man sagen können, dass eine Bewertung zu Fortführungswerten in der Handelsbilanz letztlich zu höheren Werten führen wird als die Bewertung zu Liquidationswerten, diese wiederum zu höheren Werten als die Zerschlagungswerte. Das sind die ersten Anhaltspunkte, um die oben wiedergegebene Abbildung verstehen zu können. Jedenfalls in den Jahren 3 und 4 kann man die Überschuldungsbilanz ungefähr mit einer Bewertung zu Zerschlagungswerten gleichsetzen, die Handelsbilanz in etwa mit der Bewertung unter der Fortführungsprämisse. Warum die Kurven sich in den Jahren 1 und 2 anders verhalten, wird später (Rn. 254) erläutert.

      Teil 3 Gläubigerschutz§ 6 Bilanz- und Insolvenzrecht › IV. Welches sind die Zwecke der Handelsbilanz

IV. Welches sind die Zwecke der Handelsbilanz 1. Ausgangspunkt

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      Weiterhin gilt für Gesellschaften: Die Rechnungslegung soll Rechenschaftsablegung gegenüber den Gesellschaftern sein sowie die Ermittlung des verteilungsfähigen Ergebnisses (des Gewinns) ermöglichen. Dabei ist aber problematisch, inwieweit das eine Veränderung der Perspektive erforderlich macht:

      Beispiel:

      Die Gesellschaft dürfte handelsbilanziell 100 T€ als Gewinn verteilen, dessen tatsächlicher Entzug würde aber ihre Liquidität ernsthaft gefährden – muss das Bilanzrecht nun deshalb einen anderen Betrag als Gewinn ausweisen? Ist also nur der Gläubigerschutz Zweck des Handelsbilanzrechtes?

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      Zwei Zwecke werden vorwiegend vertreten: Das sind die Dokumentation der Vermögenslage des Unternehmens und der Zwang zur Selbstkontrolle respektive Selbstinformation des Kaufmann über die Schuldendeckungsfähigkeit seines Unternehmens. Beide Zwecke (oder Funktionen) bilden den Kernbereich des handelsrechtlichen Jahresabschlusses.

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      Die Dokumentationsfunktion der Rechnungslegung ist auf den Schutz der Gläubiger in der Insolvenz des Kaufmannes bezogen. Sie soll verhindern, dass Gläubiger durch Verheimlichen oder Beiseiteschaffen von Vermögensgegenständen oder Erdichten nicht existenter Schulden geschädigt werden, und sie soll den Verbleib des Vermögens für die Verfahrensbeteiligten nachvollziehbar machen. Historisch geht diese Funktion der Rechnungslegung auf den französischen Gesetzgeber zurück. Dieser hatte mit der Ordonnance sur le Commerce und später mit dem Code de Commerce die Gläubiger vor vermögenslosen und betrügerischen Konkursen schützen wollen. Die Insolvenzbezogenheit der Rechnungslegung ist auch heute noch daran zu erkennen, dass die Strafbarkeit einer Verletzung der Rechnungslegungspflichten nach den §§ 283 ff. StGB allein im Insolvenzfall möglich ist. Daneben sichert die Rechnungslegung die Gläubiger des Kaufmanns im Prozess durch die Vorlegungspflichten der §§ 258 ff. HGB.

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      Welche Bedeutung die Verpflichtung des Kaufmannes zur Selbstinformation als zweite Funktion im Einzelnen besitzt, ist dagegen nicht so leicht am Gesetz festzumachen. Durch die Dokumentation der Geschäftstätigkeit im Jahresabschluss und in den Handelsbüchern wird der Kaufmann zwar tatsächlich dazu gezwungen, sich selbst einen Einblick in seine Vermögens- und Ertragslage zu verschaffen. Da der Jahresabschluss über lange Jahre nicht generell zu veröffentlichen war, kann man schnell dem Missverständnis unterliegen, dass die handelsrechtliche Rechnungslegungspflicht dem Kaufmann eine Grundlage für seine unternehmerischen Entscheidungen geben soll und sich daher zumindest auch an den betriebswirtschaftlichen Informationsbedürfnissen des Unternehmers auszurichten hat.

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      Ein solches Verständnis der Pflicht zur Selbstinformation, obwohl heute ganz h.M., entspricht jedoch nicht der gesetzlichen Absicht. Die Pflicht zur Selbstinformation kann vielmehr nur eine Pflicht zur Selbstkontrolle im Interesse der Gläubiger und (nur) Ausdruck eines präventiven Gläubigerschutzes sein. Denn es ist nicht erkennbar, weshalb der Kaufmann eines gesetzlichen (!) Schutzes vor sich selbst bedarf. Dagegen bedürfen die Gläubiger dieses Schutzes aus den auch heute noch zutreffenden Erwägungen, die zur Einführung der Buchführungspflicht im 18. und 19. Jahrhundert führten.

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      Dabei wird vergessen, dass die Betriebsmittel erst durch die unternehmerische Idee und die Fähigkeiten des Unternehmers ihren wahren Wert erhalten und eine abstrakte Bewertung von Vermögensgegenständen unter der Fortführungshypothese zugleich eine Bewertung dieser Personen bedeuten müsste. Das ist aber erstens schlicht nicht möglich und zweitens nicht das Konzept des Gesetzgebers in den §§ 30, 64 GmbHG (!), das von einer rein finanziellen Betrachtungsweise ausgeht. Der Versuch zu einer objektiven Bewertung des Unternehmens ist zum Scheitern verurteilt, denn der „wahre“ Wert des Unternehmens und sein Funktionieren kann nicht von denjenigen getrennt werden, die die unternehmerischen Entscheidungen treffen und durch ihre Leistungen den Unternehmenswert erst schaffen.

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      Ob

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