Ius Publicum Europaeum. Martin Loughlin

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Ius Publicum Europaeum - Martin  Loughlin

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      Die Beschränkung individueller Freiheiten kam in zwei verschiedenen Aspekten zum Ausdruck. Sie bestand zunächst darin, dass die administrés zu persönlichen Dienstleistungen herangezogen wurden, was unter den euphemistischen Begriff der „Naturalabgaben (prestations en nature)“ gefasst wurde. Ferner zeigte sie sich in einer Stärkung der Befugnisse der Polizei zu Lasten der Freiheit von Handel und Industrie und insbesondere der Meinungsäußerungsfreiheit.

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      Im Bereich der öffentlichen Verträge hatte die verstärkte Fokussierung auf das allgemeine Interesse drei Auswirkungen: Die Verwaltung wurde frei, mit denjenigen Leistungsanbietern, die sie vorzog, vertragliche Beziehungen einzugehen, was es ihr ermöglichte, die Angebote von Unternehmern, die sich noch nicht bewährt hatten, auszuschlagen. Sie konnte darüber hinaus einseitig die Vergütung, welche sie dem Auftragnehmer zu zahlen hatte, reduzieren, wenn sie feststellte, dass die Kosten für die Erstellung des Werks im Verlauf der Ausführung der Arbeiten um mindestens ein Sechstel gesunken waren. Schließlich konnte sie gegenüber bestimmten Anbietern sehr schnell die Einrede der Verjährung geltend machen.

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      Die Erweiterung des Zugriffs auf das Privateigentum äußerte sich in zweifacher Hinsicht. Zum einen wurde das Eigentum an bestimmten Immobilien im Namen des Allgemeininteresses einem besonderen Rechtsregime unterstellt. Dies war der Fall bei Wäldern, Mooren und Bergwerken. Zum anderen wurden die Verfahren, die es gestatteten, Privatpersonen ihre Güter zu entziehen, zugunsten der Verwaltung erleichtert. Dies betraf die Bereiche der Beschlagnahmung, der Arrondierung und der Enteignung (im letztgenannten Fall zumindest von 1807 bis 1810).

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      Der Conseil d’État und die Cour de cassation legten das die agents du Gouvernement privilegierende Merkmal der „im Zusammenhang mit ihren amtlichen Funktionen stehenden Handlungen“ weit aus. Sie vertraten die Ansicht, dass es ausreichte, dass die Handlung, die der administré zur Anzeige brachte, während der Ausübung der amtlichen Funktionen vorgenommen worden war, um das Erfordernis einer Genehmigung seitens des Conseil d’État zu begründen, selbst wenn die Handlung ihrer Natur nach funktionsfremd war. Erst im Jahre 1864 modifizierte die Cour de cassation ihre Rechtsprechung in diesem Punkt. Sie hat es allerdings stets abgelehnt, Art. 75 der Verfassung des Jahres VIII allein auf Fälle einer strafrechtlichen Verfolgung und nicht auch auf solche, in denen der Amtsinhaber zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen werden sollte, anzuwenden.

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      Die Garantien, die den administrés eröffnet wurden, sollten sich in erster Linie aus leistungsfähigen Organisationsstrukturen und gut ineinander greifenden Arbeitsabläufen der Verwaltung ergeben. Die staatliche Vormundschaft, welche die kommunalen Räte äußerst schwer belastete, sollte die Einwohner der Gemeinden schützen. Die meisten Beschlüsse der Kommunen waren erst nach der Genehmigung durch den Präfekten vollziehbar, und zudem konnte sich jeder mit einer Beschwerde über Unregelmäßigkeiten an den Präfekten wenden. Die Aufsichtsbeschwerde stand den administrés unter vergleichbaren Voraussetzungen offen. Allerdings erkannte selbst Napoleon an, dass beide Arten von Beschwerden den öffentlichen Beauftragten, deren Entscheidungen bei ihren Vorgesetzten gerügt wurden, allzu viele Vorteile beließen, weil es ihnen regelmäßig nicht schwer fiel, diese von der Rechtmäßigkeit ihrer Maßnahmen zu überzeugen.

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      Durch verschiedene Gesetze und Verordnungen wurden daher minutiös geregelte nichtgerichtliche Rechtsbehelfsverfahren eingerichtet. Dies war der Fall im Zusammenhang mit der Begradigung der Straßen, der Trockenlegung der Moore, den Konzessionen für Bergwerke sowie der Inbetriebnahme störender oder gar gesundheitsschädigender Werkstätten oder Manufakturen. Bisweilen wurde sogar die Möglichkeit zur Anrufung der ordentlichen Gerichtsbarkeit vorgesehen, um den Rechtsschutz zu verbessern. Der Fall, bei dem dies besonders deutlich wurde, war derjenige der Enteignung. Napoleon ließ das Gesetz vom 8. März 1810 aufsetzen, das den Zivilrichter dazu ermächtigte, die Rechtmäßigkeit des durchgeführten Enteignungsverfahrens zu überprüfen und die Entschädigungssumme festzusetzen, die an den bisherigen Eigentümer zu zahlen war.

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      Im

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