Umsatzsteuerrecht. Christian Möller
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Bei Lieferungen (§ 3 Abs. 1 UStG) zeigt sich das Bestimmungslandprinzip vor allem[57] darin, dass eine Export-Lieferung im Ausgangsstaat als innergemeinschaftliche Lieferung (EU-Fälle) oder als Ausfuhrlieferung (Drittlandsfälle) von der Steuer befreit ist (§ 4 Nr 1 lit. a) i. V. m. § 6 UStG bzw. § 4 Nr 1 lit. b) i. V. m. § 6a UStG), während im Bestimmungsstaat ein innergemeinschaftlicher Erwerb zu versteuern ist (EU-Fälle) oder Einfuhrumsatzsteuer anfällt (Drittlandsfälle); s. u. Rn 425 ff.
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Das Bestimmungslandprinzip gilt allerdings nicht lückenlos. So gilt etwa das Ursprungslandprinzip, wenn ein Unternehmer innerhalb des Gemeinschaftsgebietes grenzüberschreitend an einen sog. Schwellenerwerber (z. B. einen Kleinunternehmer, § 19 UStG) liefert, der weder die maßgebliche Erwerbsschwelle überschritten noch auf deren Anwendung verzichtet hat (zu Einzelheiten Rn 926 f). Auch die Differenzbesteuerung bei der Lieferung von Gebrauchtwaren (§ 25a UStG) folgt dem Ursprungslandprinzip (s. noch Rn 1020 f).
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Bei sonstigen Leistungen (§ 3 Abs. 9 UStG) wird das Bestimmungslandprinzip vor allem[58] durch Regelungen zum Ort der Leistung umgesetzt (s. noch Rn 340). Ein Meilenstein aus deutscher Sicht war das JStG 2008, das mit Wirkung ab dem 1. Januar 2010 das Bestimmungslandprinzip als Auffangregel für sonstige Leistungen im Bereich B2B[59] umgesetzt hat (§ 3a Abs. 2 S. 1 UStG). Als jüngste Änderung ist die Neufassung von § 3a Abs. 5 UStG durch das sog. Kroatien-AnpG[60] zu nennen. Dadurch wurde im B2C-Bereich für Telekommunikationsleistungen, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen und auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen der Empfängerort als Leistungsort bestimmt.[61]
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Wie bei Lieferungen (s. o.) gilt das Bestimmungslandprinzip bei sonstigen Leistungen nicht lückenlos. So gilt im B2C-Bereich die Auffangregel, dass eine sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt wird, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 1 S. 1 UStG). Die vorrangig anwendbaren Ortsregelungen (§ 3a Abs. 2 bis 8, §§ 3b, 3e und 3f UStG) lassen für diese Auffangregelung aber nur einen kleinen Anwendungsbereich (s. noch Rn 341).
Anmerkungen
BVerfG, Urt. v. 20.12.1966 – 1 BvR 320/57, 70/63, NJW 1967, 147. Zu früheren Vorläufern der Umsatzsteuer s. Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015, § 17 Rn. 1.
USt einschließlich Einfuhr-USt; Quelle: Stat. Bundesamt – https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/OeffentlicheFinanzenSteuern/Steuern/Steuerhaushalt/AktuellSteuereinnahmen.html; Abruf am 21.8.2016.
ERP = Enterprise-Resource-Planning. Verbreitet wird auf ERP-Software von SAP zurückgegriffen. Bei der Konfigurierung in Fragen der Umsatzsteuer müssen technischer Sachverstand und Expertise in Steuerfragen eng ineinandergreifen.
BFH, Urt. v. 24.7.2013 – XI R 14/11, DStR 2013, 2622 (2624).
„Steuerpflichtig“ bedeutet, dass für eine nach §§ 1 ff steuerbare Leistung keine Steuerbefreiung gemäß §§ 4 ff UStG eingreift. S. dazu ausführlich Rn 67 f, 417 ff.
Entlastung konnte innerhalb von Konzernen die umsatzsteuerrechtliche Organschaft bewirken, die noch heute existiert (§ 2 Nr 2 UStG). S. dazu Rn 165 ff.
BVerfG, Urt. v. 20.12.1966 – 1 BvR 320/57, 70/63, NJW 1967, 147 ff.
S. aus jüngerer Zeit EuGH, Urt. v. 15.9.2016 – C-518/14 (Senatex), BeckRS 2016, 82229; EuGH, Urt. v. 22.10.2015 – C-277/14 (PPUH Stehcemp), BeckRS 2015, 81462 = Möller, SteuK 2016, 538, jeweils m. w. N.
S. dazu Rn 37.
Der Begriff der „Zahllast“ wird hier in einem weiten Sinne verwendet. Tatsächlich fallen bei einem Unternehmer der Vorsteuerabzug aus einer Eingangsleistung und die Steuerschuld aus der entsprechenden Ausgangsleistung häufig nicht in demselben Voranmeldungszeitraum an, sodass eine Verrechnung der entsprechenden Zahlungen nicht stattfindet. Wenn in diesem Buch von „Zahllast“ die Rede ist, ist damit der Saldo aus dem Vorsteuerabzug aus einer Eingangsleistung und der Steuerschuld aus der entsprechenden Ausgangsleistung gemeint.
Stadie, UStG, 3. Aufl. 2015, Vorbem. Rn 14.
Stadie,