Handbuch des Strafrechts. Dennis Bock
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Dient die Erpressung der Sicherung eines durch andere Straftaten (z.B. durch einen Diebstahl, § 242 StGB, oder einen Betrug, § 263 StGB) erlangten Vermögensvorteils, so ist nicht wegen Erpressung, sondern nur wegen Nötigung zu bestrafen.[313] Der Angriff auf das Vermögen stellt eine straflose Nachtat in Form einer sog. Sicherungserpressung dar.[314] Nach anderer Ansicht ist in diesen Fällen bereits der Tatbestand der Erpressung ausgeschlossen.[315]
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Da nach der hier vertretenen Ansicht die Erpressung eine Vermögensverfügung des Genötigten voraussetzt, besteht ferner ein Exklusivitätsverhältnis zum Raub, es können also nicht gleichzeitig ein Raub und eine räuberische Erpressung vorliegen. Nach der Ansicht der Rechtsprechung[316] ist hingegen die (räuberische) Erpressung als Grundtatbestand des Raubes anzusehen und wird von diesem im Falle einer vollendeten Wegnahme verdrängt, wenn auch die sonstigen Voraussetzungen des § 249 StGB vorliegen. Tateinheit ist lediglich in denjenigen Fällen denkbar, in denen dasselbe Nötigungsmittel dazu eingesetzt wird, die eine Sache wegzunehmen, während damit gleichzeitig die Vermögensverfügung über eine andere Sache erzwungen werden soll.[317] Wird hingegen zuerst ein Raub versucht, danach aber – bezogen auf denselben Gegenstand – eine Vermögensverfügung herbeigeführt, tritt der versuchte Raub hinter der vollendeten (räuberischen) Erpressung zurück.[318] Gleiches gilt im umgekehrten Fall einer zuerst versuchten (räuberischen) Erpressung bei später vollendetem Raub.[319] Wird hingegen der Raub versucht, später dann aber der Erfolg durch eine einfache Erpressung erreicht, liegt Idealkonkurrenz vor.[320] Auch im Hinblick auf einen Diebstahl gilt das Exklusivitätsverhältnis. Auch hier kommt es darauf an, ob der Täter einem anderen einen Gegenstand wegnimmt (dann Diebstahl) oder diesen zur Vermögensverfügung nötigt (dann Erpressung). Nur in Ausnahmefällen kann hier eine Idealkonkurrenz vorliegen, etwa dann, wenn der Täter eine dem Vermögensinhaber nahestehende Person zur Wegnahme einer Sache (Diebstahl, eventuell in mittelbarer Täterschaft) und anschließenden Herausgabe an ihn (Erpressung) nötigt[321] oder wenn dasselbe Nötigungsmittel sowohl zur Herausgabe der einen als auch zur Wegnahme der anderen Sache führt. Bleibt offen, ob der nötigende Täter die Sache durch eine Wegnahme oder eine Vermögensverfügung erlangt hat, ist eine Wahlfeststellung möglich.[322] Dies hat auch der BGH – inkonsequent – lange Zeit so gesehen,[323] stellt sich aber inzwischen im Hinblick auf seine Grundannahme, dass die (räuberische) Erpressung Grundtatbestand des Raubes sei, auf den Standpunkt, es sei in diesen Fällen ausschließlich wegen einer (räuberischen) Erpressung zu verurteilen.[324]
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Soll das spätere Erpressungsopfer durch eine vorausgegangene Brandstiftung eingeschüchtert werden, ist nach der Rechtsprechung die inzwischen in § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB normierte Qualifikation nicht erfüllt, da es an dem erforderlichen sehr nahen zeitlichen, sachlichen und räumlichen Zusammenhang fehlt.[325] Nötigt der Täter mehrere Personen, die dann gemeinsam oder jeder für sich eine Vermögensverfügung vornehmen, liegen auch mehrere Fälle des § 253 StGB vor.[326] Andererseits liegt nur eine Erpressung vor, wenn der Täter durch mehrere Nötigungshandlungen auf das Opfer einwirkt, um dieses zu einer Vermögensverfügung zu nötigen, was am Ende dann auch gelingt.[327] Anders ist allerdings dann zu entscheiden, wenn der Täter erkennt, dass sein Nötigungsversuch fehlgeschlagen ist und er daher zur weiteren Verwirklichung seines Zieles neu ansetzen müsste.[328]
11. Nebenfolgen
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Nach § 256 Abs. 1 StGB kann sowohl in den Fällen der einfachen als auch der räuberischen Erpressung vom Gericht Führungsaufsicht nach § 68 Abs. 1 StGB angeordnet werden.
12. Sonderproblem: Chantage
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Ein Sonderproblem im Rahmen der Erpressung stellt seit jeher die Schweigegelderpressung, die sog. „Chantage“, dar.[329] Hierunter versteht man die Androhung, enthüllende oder kompromittierende Tatsachen den staatlichen Behörden oder der Öffentlichkeit mitzuteilen, wenn der Betreffende dem „Erpresser“ kein Schweigegeld zahlt. Ebenso wie die konkrete Mitteilung an die Behörden, ist auch die Ankündigung bzw. Androhung dieser Mitteilung an sich nicht rechtswidrig. Sie wird aber regelmäßig mit einem inkonnexen Vorteil verknüpft, sodass in aller Regel eine Verwerflichkeit nach § 253 Abs. 2 StGB vorliegen wird.[330]
1. Tatbestandliche Voraussetzungen
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Wie bereits erwähnt, stellt die Vorschrift des § 255 StGB eine Qualifikation des § 253 StGB dar. Von der (einfachen) Erpressung, § 253 StGB, unterscheidet sich § 255 StGB lediglich durch die Verschärfung des Nötigungsmittels. Statt „Gewalt“ muss der Täter „Gewalt gegen eine Person“ anwenden bzw. statt „mit einem empfindlichen Übel“ muss der Täter „mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben“ drohen. Diese Nötigungsmittel sind ihrerseits identisch mit denen des Raubes, § 249 StGB, weshalb sich gerade in dieser Konstellation die bereits mehrfach erwähnte Abgrenzungsfrage von Raub und (räuberischer) Erpressung stellt.[331] Die räuberische Erpressung baut als Qualifikation lediglich auf die Tatbestandserfüllung des § 253 StGB auf, sodass die besondere Bestimmung der Rechtswidrigkeit über die in § 253 Abs. 2 StGB enthaltene Verwerflichkeitsklausel nicht übertragbar ist.[332] Allerdings dürfte eine solche Verwerflichkeit mit Hinblick auf die qualifizierten Nötigungsmittel auch stets vorliegen.
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Gewalt gegen eine Person zeichnet sich – im Gegensatz zur „einfachen“ Gewalt im Sinne des § 253 StGB – dadurch aus, dass sie sich gegen einen Menschen richten muss.[333] Nach der hier vertretenen Ansicht, die (auch) für die räuberische Erpressung eine Vermögensverfügung voraussetzt,[334] kommt als Gewalt nur vis compulsiva in Betracht. Oben[335] wurde bereits aufgezeigt, dass insoweit eine „einfache“ Gewaltanwendung i.S.d. § 253 StGB, die sich nicht gegen Personen richtet, kaum einmal vorkommen wird. Sie ist an sich nur denkbar, wenn durch die Einwirkung auf Sachen mittelbar auf den Körper des Opfers eingewirkt, d.h. nicht nur eine rein psychische Zwangswirkung ausgelöst wird.[336] Die Gewalteinwirkung muss dabei eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschreiten.[337]
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Die Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben kann auch konkludent erfolgen,[338] etwa durch das bloße Vorhalten einer Waffe. Sie muss einen Menschen betreffen, die Drohung mit der Tötung eines Hundes (oder eines sonstigen Tieres) reicht also z.B. nicht aus. Zudem ist die Drohung mit einer gegenwärtigen Gefahr erforderlich.[339] Damit ist gemeint, dass die angedrohte Gefahr für Leib oder Leben bei ungehindertem Verlauf nach menschlicher Erfahrung als sicher oder sehr wahrscheinlich anzunehmen ist. Ausreichend ist das Vorliegen einer sog. Dauergefahr, wenn diese zu einem späteren Zeitpunkt in einen Schaden umschlagen kann.[340] Dabei erfordert es der wirksame Schutz von Erpressungsopfern, den Begriff der Gegenwärtigkeit angedrohter Gefahren nicht zu eng zu verstehen.[341] Wie auch bei § 253 StGB kann sich die Gewalt auch gegen dritte Personen richten.[342]
2. Rechtsfolgen