Jugendgerichtsgesetz. Herbert Diemer

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Jugendgerichtsgesetz - Herbert Diemer Heidelberger Kommentar

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Beraters und in einer Rolle sehen, die sich als „Hilfe zur Selbsthilfe“ beschreiben lässt – „also in einer Rolle mit gesellschaftlicher Orientierung und emotionaler Probandenbeziehung“ (Kerner/Hermann/Bockwoldt S. 60). Nach dieser Untersuchung erwartet die Justiz folgende Berufsrollen/-ziele der Bewährungshelfer: Kontrolleur, Anpassung, Krisenmanager und Verwaltung. Diese juristische Perspektive wird der eigenen fachlichen Kompetenz der Bewährungshilfe nicht gerecht. Die im Interesse der Probanden erforderliche Kooperation sollte im Wege einer fachlichen Konfrontation erfolgen, wobei Konfrontation nicht negativ zu bewerten, sondern als wechselseitiges „Feedback“ zu verstehen ist in Anerkennung und Respekt gegenüber der unterschiedlichen fachlichen Kompetenz. Vgl. auch Egg/Jehle/Marks (Hrsg.), 1996. Zu den Standards der Sozialarbeit/Sozialpädagogik und Leitlinien für das Arbeitsfeld Bewährungshilfe s. Rensmann 2007, S. 227 (229 f.); Klug 2007, S. 235 ff. und die Schwerpunkthefte „Profession Bewährungshilfe“, BewHi 4/2014, „60 Jahre Bewährungshilfe. Rück-Ein- und Ausblick“, BewHi 372013, „Organisation der Sozialen Dienste und berufliche Standards“, BewHi 2/1994, und „Neue Konzepte der Sozialen Dienste – Neue Bundesländer“, BewHi 3/1994.

      Beachtung verdient das schleswig-holsteinische Bewährungs- und Gerichtshilfegesetz (Referentenentwurf v. 22.4.1994 = BewHi 1994, 258–260). Zur Diskussion s. BewHi 1995, 281. Zur Diskussion siehe BeWi 1994 und Berger Getrennte Soziale Dienste in der Justiz – eine Erfolgsgeschichte, BeWi 2018, 64-76.

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      Die eigene fachliche Kompetenz ist besonders gefragt bei Mehrfachauffälligen, bei Drogentätern und bei Aids-infizierten Probanden.

Zur Verwaltungsvorschrift des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 7.4.1987 „Probanden in der Führungsaufsicht und Bewährungshilfe, die besonderer Betreuung und Überwachung bedürfen“,
vgl. BewHi 1988, 352 und die Kritik aus kriminologischer Sicht von Sonnen 1988, S. 332;
Schwerpunktheft „Hochrisikotäter“, BewHi 2/2018
zur Bewährungshilfe mit Aids-Infizierten vgl. das Schwerpunktheft BewHi 1, 2/1989 „Aids, Sozialarbeit und Recht“; zum Thema „Gesundheit“ BewHi 1/2016.
zur Bewährungshilfe bei Drogentätern vgl. Lübbemeier 1990, S. 45: „Wir bekommen sie/ihn fix und fertig verurteilt, mehrere Male befragt, meist misstrauisch, sind selber eher misstrauisch, weil wir ziemlich sicher angelogen werden, und sollen ihn aus dieser Ausgangslage davon überzeugen, dass es der Staat gut mit ihm meint, ihm helfen will, von Drogen wegzukommen; wohl wissend, dass die staatlichen Strafmaßnahmen das eigentliche Problem höchstens berühren, meist die persönliche Lebenssituation durch die Strafe zusätzlich belastet wird, und die eigentlich notwendige Hilfestellung auf ganz anderer Ebene zu suchen ist. Noch deutlicher als bei vielen anderen Problemstellungen wird hier, dass eine durchgreifende Unterstützung nur darin bestehen kann, einen Lebenssinn finden zu helfen. Hinzu kommt, dass ich über mehrere Jahre – hoffentlich zufällig – nur Drogen-Probanden bekommen habe, die verurteilt waren auf Grund von polizeilich inszenierten Geschäften, in der Regel Konsumenten. Wie um alles in der Welt soll ich da so viel Vertrauen herstellen, dass ein solches Ziel auch nur theoretisch möglich wäre? Völlig erstaunt bin ich, dass sich manchmal tatsächlich Vertrauen bildet. Aber dann? Was habe ich anzubieten? Therapie, eine spezielle Drogenberatung. Aber ein Lebensziel, das all dem einen Sinn geben könnte?“; vgl. auch die Schwerpunkthefte „Drogen – Politik und Praxis“, BewHi 1/1993; Schwerpunkt Drogen und Alkohol, ZJJ 4/2009; Drogen- und Straffälligenhilfe – empirische Befunde, BewHi 1/2017; Drogen- und Straffälligenhilfe-Konzepte, BewHi 4/2016.
zur Lebenslage der Klientinnen und Klienten der Bewährungshilfe: Arbeitsgemeinschaft Deutscher Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer (ADB e.V.): Bundesweite Befragung in Zusammenarbeit mit EMNID, 1999, mit folgenden Ergebnissen: Von den 160 000 Klienten sind 85 % relativ arm (d.h. sie verfügen über weniger als 60 % des durchschnittlichen Einkommens), 60 % überschuldet, 45 % ohne Schulabschluss, 61 % ohne abgeschlossene Berufsausbildung, 45 % arbeitslos und 42 % suchtkrank (48 % unter ihnen werden von den Angeboten der Suchtkrankenhilfe nicht erreicht). Vgl. auch Cornel 2000, S. 302–321.
IV. Rechte und Pflichten des Bewährungshelfers

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      Die Rechtsstellung des Bewährungshelfers gegenüber Probanden, Richtern und Dritten wird durch Informations- und Anhörungsrechte geprägt.

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      Gegenüber dem Probanden steht an erster Stelle das Gespräch, um wenigstens ansatzweise eine Vertrauensbeziehung herstellen zu können, bei der der Rollenkonflikt des Bewährungshelfers offenzulegen ist. Nach einer Nürnberger Studie waren weniger als die Hälfte der befragten Probanden über die Doppelrolle (einerseits Hilfe, andererseits Überwachung und Kontrolle) informiert. Die Bewährungshilfe-Probanden (N = 143, davon m = 124, w = 19) schätzen die Beziehungsqualität zu ihren Bewährungshelfern überwiegend positiv ein, hielten zu 90 % die aufgewendete Zeit für ausreichend und sahen zu 70 % in der Bewährungshilfe eine wichtige Anlaufstelle für Schwierigkeiten (Kawamura-Reindl/Stancu 2010, S. 147 f.). Drei von vier Probanden würden sich den Bewährungshelfer selbst aussuchen wollen (Hesener 1986, S. 169 f.). Das Gespräch sollte unbürokratisch und möglichst bei dem Probanden stattfinden, damit sich der Bewährungshelfer persönlich informieren und auch einen Eindruck vom sozialen Umfeld bekommen kann. Zu diesem Zweck hat der Bewährungshelfer ein Recht auf Zutritt zu dem Jugendlichen, und zwar auch gegenüber Dritten. Dieses in § 24 Abs. 3 S. 4 verankerte Recht kann mit polizeilicher Hilfe durchgesetzt werden, was jedoch die Anbahnung einer Vertrauensbeziehung zerstören würde. Befindet sich der Proband in Untersuchungshaft, hat der Bewährungshelfer ein Zugangsrecht wie ein Verteidiger.

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      Informationsrechte des Bewährungshelfers, die allerdings nicht zwangsweise durchgesetzt werden können, bestehen gegenüber dem Erziehungsberechtigten, dem gesetzlichen Vertreter, der Schule und dem Ausbildenden. Der Bewährungshelfer kann insoweit Auskunft über die Lebensführung verlangen. Die Ausübung dieses Rechtes kann von dem Probanden als Misstrauen und Vertrauensbruch verstanden werden und ihn durch Stigmatisierungseffekte zusätzlich belasten.

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      Gegenüber dem Richter hat der Bewährungshelfer das Recht auf Überlassung einer Urteilsausfertigung, um sich aus den Gründen Informationen zu verschaffen (Ostendorf §§ 24, 25, Rn. 7). Nach § 48 Abs. 2 S. 1 hat der Bewährungshelfer ein Anwesenheitsrecht in der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht. Er soll gem. § 50 Abs. 4 zu der Entwicklung des Jugendlichen oder Heranwachsenden in der Bewährungszeit gehört werden. Um dieses Recht wahrnehmen zu können, sind ihm Ort und Zeit der Hauptverhandlung in entsprechender Anwendung von § 50 Abs. 3 mitzuteilen (Ostendorf §§ 24, 25, Rn. 7, der darauf hinweist, dass sich Anwesenheits- und Anhörungsrecht vor dem Hintergrund der Betreuungsaufgabe sowie der richterlichen Aufklärungspflicht zu einer Anwesenheits- und Berichtspflicht „verdichten“). Bei allen Entscheidungen, die infolge der Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung erforderlich werden (§§ 22, 23, 24,

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